Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)
ich und will mich schon aus dem Bett schälen, doch er schubst mich sanft zurück in die Kissen.
»Bleib ruhig liegen. Ich mache das schon.« Ein Lächeln zuckt um seine Mundwinkel. »Ich weiß doch, wie gerne du morgens noch ein bisschen im Bett bleibst … In Italien sind wir damals überhaupt nicht aus den Federn gekommen, stimmt’s?« Er schaut mich vielsagend an, und mich durchströmt ein prickelndes Glücksgefühl. Also hat er die wohligträgen Sonntagmorgenstunden auch nicht vergessen, die wir in Venedig zusammen verbracht haben, wie die Löffelchen aneinandergeschmiegt in meinem winzig kleinen Einzelbett und der Welt lauschend, die draußen am Fenster vorbeizog.
»Stimmt, aber ich könnte einen Kaffee vertragen«, gebe ich zurück, und bei dem Gedanken an Kaffee sind meine Geschmacksnerven
mit einem Mal hellwach. Ich liebe meine Tasse Kaffee am Morgen. Das ist mein kleines, heiliges Ritual. Nichts kommt zwischen mich und einen starken Caffè Latte.
»Tut mir leid, aber ich habe keinen Kaffee im Haus.« Entschuldigend schaut er mich an.
»Ach so, klar, okay.« Ich nicke, als mir wieder einfällt, dass er ja gerade erst eingezogen ist. Bestimmt fehlen ihm noch hunderttausend Sachen im Haushalt. »Na ja, ist nicht so schlimm, ich laufe schnell runter und hole uns unten welchen …«, plappere ich los, doch er unterbricht mich.
»Ehrlich gesagt, ich trinke gar keinen Kaffee.«
Einen Augenblick gucke ich ihn nur ungläubig an, und wie eine Welle überkommen mich die alten Bilder, wie wir durch die kleinen Gässchen von Venedig laufen und endlos Espresso trinken. Ich glaube, wir beide haben den ganzen Sommer lang von fast nichts anderem gelebt.
»Du trinkst keinen Kaffee?«, krächze ich heiser.
»Nein, das habe ich mir abgewöhnt«, erklärt er ganz sachlich. »Koffein ist schlecht für den Körper. Wusstest du, dass Koffein schneller süchtig macht als Nikotin?«
»Ähm … nein … wirklich?«
»Aber ja doch.« Er nickt mit ernster Miene. »Du solltest dir das auch abgewöhnen, Lucy. Ohne fühlst du dich garantiert viel besser.«
Und damit verschwindet er aus dem Schlafzimmer und lässt mich im Bett liegen. Nates Bett . Ein glückseliges Lächeln breitet sich auf meinem Gesicht aus. Ich kann es immer noch nicht recht fassen. Dass wir beide hier sind, zusammen, nach dieser langen Zeit. Zwischen uns hat sich nichts verändert, und doch …
Beim Gedanken an meinen Kaffee beschleicht mich ein leicht nörgelndes Unmutsgefühl. Nicht alles an Nate ist wie früher. Ich drehe mich auf den Bauch und vergrabe das Gesicht
in den Kissen. Und frage mich, was sich wohl sonst noch verändert hat.
»Und mein Fahrer soll dich ganz sicher nicht nach Downtown fahren?«
Nicht mal eine Stunde später fahren Nate und ich gemeinsam im Lift nach unten, zusammen mit dem uniformierten Portier, den ich schon gestern kennengelernt habe. Was mir ein kleines bisschen unangenehm ist. Das ist fast genauso peinlich, wie morgens in denselben Klamotten ins Büro zu kommen, die man am Tag vorher anhatte, bloß dass es nicht das Büro ist, sondern ein Lift. Der Portier lässt sich allerdings nichts anmerken und tut, als hätte er mich noch nie gesehen. Stattdessen starrt er diskret auf seine blank polierten Schuhe.
»Nein, ehrlich, das geht schon. Ich nehme die U-Bahn.«
»Und das ist ganz sicher in Ordnung?« Besorgt schaut Nate mich an. Die Brille hat er gegen Kontaktlinsen eingetauscht, und seine blassblauen Augen suchen meinen Blick.
»Ja, ganz sicher«, entgegne ich und kann mir ein Lachen nicht verkneifen. »Ich gehe jetzt schnurstracks zur Galerie und fange heute mal ganz früh an. Arbeit habe ich genug. Am Freitag haben wir eine Ausstellungseröffnung.«
»Bin ich auch eingeladen?«
»Natürlich.« Ich lächele ihn an. »Wenn du kommen möchtest.«
»Versuch mal, mich aufzuhalten.« Er erwidert mein Lächeln, schlingt den Arm um meine Taille und zieht mich fest an sich. Ein warmes Glücksgefühl durchströmt mich. Ich weiß gar nicht mehr, wann ich das letzte Mal so glücklich war. Es kommt mir fast vor, als hätte man mich in flüssiges Glück getaucht wie eine Erdbeere ins Schokoladenfondue.
Die Aufzugtüren öffnen sich mit einem Ping , und auch auf dem Weg in die Lobby bleibt Nates Arm fest um meine Hüfte
gelegt. Genauso unbeirrt, wie ich immer weiterlächele, während wir durch die Drehtür nach draußen und hinaus auf den Bürgersteig und in die strahlend helle Morgensonne schlendern.
»Wow, die Stadt
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