Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)
habe. Das war wahrscheinlich letztes Jahr zu Weihnachten bei Mum und Dad, als wir uns zusammen Wer wird Millionär angeschaut haben. Kate war auch dabei, und sie hat mal wieder sämtliche Fragen lange vor den Fernsehkandidaten beantwortet, und das auch noch vollkommen korrekt. Ich? Ich brauche ja schon bei der ersten Frage einen Telefonjoker.
»Ehrlich?« Nate wirkt hocherfreut. »Welches ist denn deine Lieblingssendung?«
Mist.
»Ähm … ach herrje, da gibt es so viele«, brumme ich undeutlich. »Schwer zu sagen, welche ich am besten finde.«
»Du warst ja immer schon ein bisschen unentschlossen«, sagt er lächelnd und greift über den Tisch nach meiner Hand. »Weißt du noch, wie das in Italien mit der Eiscreme war?«
Seine Finger umschließen meine, und ein wohlig-warmes Gefühl durchströmt mich.
»Na ja, es gab aber auch so viele leckere Sorten, und die waren alle so köstlich«, bringe ich zu meinerVerteidigung vor, wobei mir wieder einfällt, wie er immer warten musste, bis ich jede einzelne Sorte probiert hatte. Während er ausnahmslos immerVanille nahm. »Wobei ich sagen muss, das beste Eis, das ich je gegessen habe, war nicht in Italien. Es war in Paris, in einem winzig kleinen Café gleich neben Sacré-Cœur.«
»Du warst in Paris?«
»Letztes Jahr zu Silvester.«
»Hey, ich auch!«
»Doch nicht im Ernst!«
Wir schauen uns an.
»Ach du lieber Himmel, so ein Zufall. Hast du dir auch das Feuerwerk angeschaut?«
»Über dem Eiffelturm. Ja.« Er nickt eifrig, und ein Lächeln breitet sich auf seinem Gesicht aus. »Das war unglaublich, was?«
»Der Teil mit den Raketen, die zu beiden Seiten rausgeschossen sind …«
»… und wie dann der ganze Turm um Schlag Mitternacht förmlich explodiert ist«, vollendet er meinen Satz, und wir schauen uns bloß ungläubig an.
»Du warst da«, sagt er nach kurzem Schweigen.
»Und du auch«, flüstere ich.
Es kribbelt in meinem Bauch, als ich daran denke. Die Vorstellung, dass wir beide uns so nahe waren, zur selben Zeit in derselben Stadt, und dasselbe Feuerwerk gesehen haben, an demselben Flecken Himmel – und wir wussten es nicht.
»Wow, das ist ja Wahnsinn«, meint Nate grinsend. »Du und ich, beide zu Silvester in Paris. Was für ein Zufall.« Er muss über die Absurdität des Ganzen lachen.
»Du hast recht«, stimme ich ihm zu, ignoriere das Kribbeln im Bauch und lache ebenfalls. »So ein komischer Zufall.«
Kurz darauf kommt der Kellner, um unsere Bestellung aufzunehmen. Alles auf der Karte klingt einfach köstlich, obwohl ich einiges davon noch nie gehört habe und es mir vom Kellner erklären lassen muss. Ich bin es einfach nicht gewohnt, in solchen Restaurants zu speisen. Verglichen mit dem Italiener an der Ecke in London mit den rot-weiß karierten Tischdecken und der schnulzigen Musik im Hintergrund ist das hier eine ganz andere Welt.
Ich gebe mir große Mühe, nicht allzu verdattert aus der Wäsche zu gucken, und entscheide mich für die Pasta mit Edelpilzen, während Nate Fisch mit grünem Salat nimmt. »Und eine Flasche Champagner«, sagt er und strahlt mich über den Tisch hinweg an.
Mein Magen schlägt einen Purzelbaum. Mal ehrlich, der
könnte allmählich den Kunstfliegern der Red Arrows Konkurrenz machen.
»Was gibt es denn zu feiern?«, wispere ich, als der Kellner wieder verschwunden ist.
»Meinen Entschluss, in eure Galerie zu gehen.« Mit einem Lächeln schaut er mich gedankenverloren an, als ginge ihm gerade eine ganze Menge durch den Kopf. »Eigentlich wollte ich gar nicht rein, aber wenn ich einfach vorbeigegangen wäre …«
»Und warum bist du reingegangen?«
»Keine Ahnung.« Er zuckt die Achseln. »Das war reiner Zufall. Sonst bin ich nie in der Ecke der Stadt, aber ich war gerade auf dem Weg zu einem Geschäftsessen und hatte noch fünf Minuten totzuschlagen, also bin ich einfach reinspaziert. Fast wäre ich schnurstracks dran vorbeigelaufen, aber dann …«
»Was dann?«, hake ich interessiert nach.
»Ich bin mir nicht ganz sicher.« Er legt die Stirn in Dackelfalten. »Auf einmal hatte ich den unwiderstehlichen Drang hineinzugehen. Es war echt abgefahren.« Mit einem wegwerfenden Kopfschütteln tut er den Gedanken ab und lacht. »Glaub mir, normalerweise laufe ich nicht rum und kaufe in meiner Mittagspause kostspielige Kunst en gros. Normalerweise nehme ich bloß einen Salat.«
Ich muss lachen, und in dem Moment erscheint der Kellner mit dem Champagner, den er dann mit einer geschickten Handbewegung
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