Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)
verfolgst mich«, sagt er und unterbricht grinsend meine Gedanken.
»Oder du mich«, protestiere ich indigniert. Himmel, ich bin ja schon fast so schlimm wie Robyn. Natürlich ist das alles bloß Zufall. Da waren sicher tausende von Leuten bei diesem Konzert.
»Nur nebenbei, das ist nicht Bono«, wirft er mit einem belustigten Funkeln in den Augen ein.
»Nicht? Woran hast du das gemerkt?« Als ich rübergucke, sehe ich, dass er gerade aufgestanden ist und geht. Verdattert muss ich gleich noch mal hingucken. Herrje, der Kerl ist ein Hüne. Ganz ehrlich, der ist bestimmt gut zwei Meter groß. Wie peinlich. »Tja, aber die Ähnlichkeit ist verblüffend«, versuche ich mich zu verteidigen.
»Dann denkst du bestimmt auch, das da drüben in der Ecke ist Madonna«, zieht er mich auf.
»Gleich neben Posh und Becks«, gluckse ich laut.
»Pst.« Er runzelt leicht die Stirn und weist mich mit einer Geste an, nicht so herumzuposaunen. »Ein bisschen leiser, bitte.«
»Oh, entschuldige.« Das alberne Glucksen vergeht mir auf
der Stelle, und ich komme mir ziemlich dumm vor. Als hätte er mich gerade abgekanzelt wie ein kleines Schulkind. Aber na ja, ich kann eben ein bisschen laut und albern werden, wenn ich einen Schwips habe, und der Champagner ist mir geradewegs ohne Umwege zu Kopf gestiegen. Was immer passiert, wenn ich auf leeren Magen Alkohol trinke, überlege ich noch und bin sehr erleichtert, als in dem Moment der Kellner mit unserem Essen kommt.
»Mhm, das ist ja himmlisch«, schwärme ich, als ich den ersten Happen meiner Pasta gekostet habe. »Willst du mal probieren?«
»Nein, danke. Ich versuche gerade, weniger Kohlehydrate zu mir zu nehmen«, sagt Nate und widmet sich seinem grünen Salat.
»Heißt das, du darfst auch keine Pasta essen?«, frage ich, während ich versuche, mir ein Leben ohne Makkaroni mit Fertig-Käsesoße vorzustellen, und kläglich daran scheitere.
»Und keine Kartoffeln und kein Brot.« Nickend spießt er ein Salatblatt auf. »Und auch sonst keine Backwaren.«
»Also auch keine Kekse?«, quietsche ich.
»Na ja, Plätzchen esse ist sowieso nicht. Die bestehen ja quasi nur aus raffiniertem Zucker.«
»Ja, stimmt«, nicke ich und versuche, nicht an die zahllosen Packungen Hobnob-Vollkornkekse zu denken, die ich im Laufe meines Lebens bereits vertilgt habe. »Du hast völlig recht.«
»Wenn ich daran denke, was wir damals in Italien alles in uns reingestopft haben«, murmelt er und verdreht kopfschüttelnd die Augen. »Die ganze Pizza und die viele Eiscreme. Ich meine, kannst du dir heute noch vorstellen, diesen ganzen Müll zu essen?«
Das brauche ich mir nicht vorzustellen – genau davon ernähren Robyn und ich uns praktisch. Überall in unserer Wohnung
verstreut liegen Pappschachteln vom Pizza-Lieferdienst und leere Ben-&-Jerry’s-Becher. Mir wird heiß und kalt. Was, wenn Nate mit zu mir nach Hause kommen will?
»Himmel, nein«, brumme ich und schüttele mich leicht, während ich mir insgeheim vornehme, gleich aufs Klo zu verschwinden und Robyn eine SMS zu schicken mit der Bitte, sämtliche inkriminierten Beweisstücke schleunigst verschwinden zu lassen. Sicher ist sicher.
»Seit ich damals nach L. A. gezogen bin, lebe ich viel gesünder«, fährt er fort, legt die Gabel beiseite und greift über den Tisch hinweg nach meiner Hand. »Ich wandere viel, am liebsten in den Cañons. Ich jogge am Strand …«
Zeitlupenaufnahmen von einem muskulösen Nate, der einen Strand entlangläuft, schießen mir durch den Kopf, und ein lustvoller Schauer durchfährt mich.
»Was machst du denn so in deiner Freizeit?«
»Ich?« Schlagartig aus meinen Tagträumen gerissen, schaue ich auf und sehe, wie er mich erwartungsvoll anguckt.
»Ja, um fit zu bleiben.« Er lächelt mich an.
Nichts. Überhaupt gar nichts.
Mist. Ich muss mir was einfallen lassen, und zwar schnell. Ich will doch nicht, dass er mich für eine dicke, fette Couchpotato hält, die jeden Abend zu Hause auf dem Sofa sitzt, Oprah guckt und Kekse in sich reinstopft. Na ja, jedenfalls nicht jeden Abend.
»Ähm … oh … ich liebe Inlineskating …«
Okay, »lieben« ist in diesem Zusammenhang womöglich eine leichte Übertreibung. Ich habe es einmal im Hyde Park ausprobiert, wo ich ungebremst in eine Gruppe französischer Touristen gekracht bin. Nicht gerade förderlich für die anglofranzösischen Beziehungen. »… und Yoga.«
Das habe ich ein-, vielleicht zweimal ausprobiert, aber trotzdem, ja, ich liebe die Vorstellung
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