Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)
Weiblichkeit, ohne mädchenhaft zu wirken.«Verzweifelt mache ich mich noch mal an dem Kleiderhaufen über der Stuhllehne zu schaffen.
»Etwas, das sexy ist«, meint Robyn mit einem verschwörerischen Grinsen.
»Aber nicht nuttig«, schiebe ich mit einem kleinen Panikanfall gleich hinterher. »Er soll denken: ›Wow‹.«
»Er denkt sowieso schon: ›Wow‹«, versichert sie mir.
Dankbar lächele ich sie an.
»Ehrlich, er liebt dich so, wie du bist!«, ruft sie. »Du könntest einen Müllsack tragen, und er würde dich immer noch zum Anbeißen finden.«
»Das ist eigentlich gar keine so schlechte Idee«, stöhne ich und halte eine schwarze Leggins in die Höhe, die an den Knien ganz ausgebeult ist. »Haben wir welche da?«
Letztendlich entscheide ich mich dann aber für das fliederfarbene Seidenkleid, das ich im vergangenen Jahr auf eBay erstanden habe. Es ist aus gecrashter Seide (ist also absichtlich verknittert), und ich raffe es in der Taille mit einem atemberaubend schönen Gürtel, den ich mir von Robyn ausleihe.
»Der ist vom Amazonas«, erklärt sie mir, als sie die vielfarbigen Perlenstränge um meine Hüften legt.
»Am Amazonas warst du auch schon?«, frage ich tief beeindruckt. Himmel, Robyn war aber auch wirklich schon überall.
»Nein, bloß in Chinatown«, erwidert sie nüchtern. »Da gibt es nichts, was es nicht gibt.« Sie tritt einen Schritt zurück und mustert mich hochzufrieden.
»Wie sehe ich aus?«, frage ich und drehe und wende mich vor dem Spiegel an meiner Frisierkommode. In der kann ich gerade so meine Hüftpartie sehen, mehr eigentlich nicht.
»Du siehst perfekt aus«, versichert sie mir von einem Ohr zum anderen grinsend, wobei sie ihre blendend weißen Zähne entblößt. »Einfach perfekt.«
»Nicht zu aufgetakelt?«
»Lucy, er geht mit dir in eins der besten Restaurants von ganz Manhattan!«
»Argh, sag das nicht!« Leichte Panik macht sich breit, eine Mischung aus freudiger Erregung und nackter Angst. Nate hatte mir kurz vorher den Namen des Restaurants gesimst, und als ich ihn Robyn gegenüber erwähnte, guckte sie mich mit großen Augen an und flüsterte: »Oh, wow, Lucy«, immer und immer wieder, bis ich sie schließlich anflehen musste, damit aufzuhören, weil sie mich ganz nervös machte.
»Für wann habt ihr reserviert?«
»Ähm …« Ich greife nach meinem Handy und scrolle mich durch die eingegangenen Nachrichten. Nate hat mir heute mehrere Dutzend SMS geschickt, und jede einzelne davon wurde von Robyn gelesen, gründlich analysiert und schließlich für gut befunden. »Halb zehn«, sage ich, als ich die entsprechende Nachricht schließlich gefunden habe.
»Aber es ist schon zwanzig nach neun«, sagt Robyn mit einem Blick auf meinen Wecker.
»Was?« In heller Aufregung gucke ich auf die Uhr. »Das kann doch nicht sein.«
Während ich noch hingucke, springt die Digitalanzeige auf neun Uhr einundzwanzig um.
»Mist, ich komme zu spät!«
»Das klappt schon noch. Nimm dir ein Taxi«, rät sie mir ruhig.
»Kann ich nicht. Bin pleite. Muss noch die Visa-Rechnung abbezahlen.« Hektisch hin und her rennend schnappe ich mir meine Handtasche.
»Lucy! Er ist deine ganz große Liebe!«, wispert sie. »Du kannst ihn nicht warten lassen, bis du mit der blöden Bahn da hingegondelt bist.«
Na ja, wenn man es so sieht …
»Hier, zwanzig Dollar fürs Taxi«, sagt sie und angelt einen Schein aus ihrem kleinen bestickten Portemonnaie. »Und ein Nein lasse ich nicht gelten.«
Dankbar drücke ich sie ganz fest. »Danke. Was würde ich bloß ohne dich machen?«
»Das weiß ich auch nicht. Also, los jetzt, viel Spaß«, ruft sie mir hinterher, während ich schon zur Schlafzimmertür hinaushechte.
Dann hechte ich wieder rein. »Schuhe vergessen«, keuche ich atemlos. Schnell schnappe ich mir meine Lieblingsstöckel und renne barfuß aus der Wohnung die Treppe runter und auf die Straße, um ein Taxi anzuhalten.
Elftes Kapitel
Meinem New-York-Stadtführer zufolge gibt es allein in Manhattan dreizehntausend registrierte gelbe Taxen. Darüber hinaus gibt es weitere private Fahrservices, Limousinen und Chauffeurdienste – wie viele genau, weiß ich nicht –, aber es sind eine ganze Menge. Weshalb also eigentlich theoretisch gerade zwanzigtausend Taxen und mehr durch die Stadt schnurren müssten.
Wieso kann ich dann bitte kein einziges finden?
Eine Viertelstunde später stehe ich immer noch auf dem Gehweg. Und warte. Okay, nur keine Panik, irgendwo muss ein Taxi zu
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