Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)
welchen Film von ihm findest du am besten?«
»Tja … ähm … na ja, da gibt es ja so viele«, murmele ich unbestimmt. »Ich meine, da fällt es schwer, sich für einen Lieblingsfilm zu entscheiden …« Ich hoffe, das Thema einfach im Sande verlaufen lassen zu können, ohne eine klare Antwort zu geben, aber er guckt mich immer noch mit hochinteressiertem Gesicht erwartungsvoll an.
Er erwartet eine Antwort.
So ein Mist.
Panisch durchforste ich mein Hirn nach der Schublade mit der Aufschrift »Filme«, aber darin finde ich bloß schnulzige Liebeskomödien mit Jennifer Aniston sowie ein paar grottenschlechte ausländische Filme mit Untertiteln, die einer meiner längst vergessenen Exfreunde mich gezwungen hatte, mit ihm anzuschauen. Okay, vergessen wir das, probieren wir es mit ein bisschen freiem Assoziieren. Scorsese ist ein Mann. Er ist Italiener …
»Der Pate!« , trompete ich triumphierend. Siehste! Wusste ich’s doch, dass ich es wusste!
»Der ist von Coppola«, entgegnet Adam mit amüsiertem Grinsegesicht.
Ein kurzlebiger Triumph. »Ach, tatsächlich?« Ich möchte am liebsten im Boden versinken vor Scham.
»Aber ich kann gut verstehen, wieso du dachtest, der ist von ihm. Italienisch, Mafia, Gewalt …« Er klingt ganz ernst, aber um seine Mundwinkel zuckt es verdächtig. »Ich meine, kann ja mal passieren, dass man zwei der bedeutendsten Regisseure aller Zeiten miteinander verwechselt.«
»Okay, okay«, murmele ich und lächele kleinlaut. »Ich habe es nicht anders verdient, nachdem ich dir die Hölle heißgemacht und dich quasi als Kunstbanause bezeichnet habe. Ich habe einfach keine Ahnung von Filmen. Mein Filmkonsum beschränkt sich auf gelegentliches DVD-Ausleihen und sporadische Kinobesuche. Und selbst dann gucke ich eigentlich alles, was gerade so kommt. Mir geht’s hauptsächlich ums Popcorn.«
»Vielleicht sollten wir uns austauschen.«
Ich schaue ihn fragend an.
»Du bringst mir was über Kunst bei, und ich dir was über Filme.«
»Na ja, ich weiß nicht …«
»Okay, also, dann verrate mir deinen Lieblingsfilm.«
»Ach, das ist einfach«, entgegne ich grinsend. »Alles mit Daniel Craig.«
Entsetzt stiert er mich an. »Das soll doch ein Witz sein! Das ist für dich das entscheidende Kriterium für einen guten Film? Wenn Daniel Craig mitspielt? Der, nebenbei bemerkt, kein guter Schauspieler ist. Der letzte Bond war echt enttäuschend.«
»Mit geht’s ja auch nicht um seine Schauspielkünste«, bemerke ich lächelnd, und Adam verdreht vor lauter Verzweiflung die Augen.
Dann nimmt er seine Baseballkappe ab, und seine schwarzen,
lockigen Haare ringeln sich wild um seinen Kopf. Ungläubig kratzt er sich am Hinterkopf. »Noch mal ganz langsam zum Mitschreiben. Du kennst keinen einzigen der großen Klassiker. Was ist mit Der Stadtneurotiker , Der schmale Grat¸ irgendwas von den Cohen-Brüdern …?«
Ich gucke ihn bloß verständnislos an.
»Himmel, da habe ich ja einiges zu tun.«
»Du?«, frage ich ungehalten. »Und was ist mit mir? Was weißt du schon über Kubismus, Konzeptkunst, Impressionismus …«
Jetzt ist es an ihm, mich verständnislos anzuschauen.
Erst sagen wir beide nichts mehr, und dann müssen wir gleichzeitig lachen. »Okay, abgemacht«, meine ich nickend.
»Abgemacht.« Er grinst, als wir uns die Hand geben.
»Also, nachdem du ja jetzt deine erste Kunststunde hattest, wann beginnt denn dann mein Filmunterricht?«, frage ich.
»Wann hättest du denn nächste Woche mal Zeit?« Er schaut mich erwartungsvoll an. »Wir gehen in einen tollen Film, einen meiner Lieblingsfilme. Du besorgst das Popcorn, abgemacht?«
Strahlend lacht er mich an, während ich noch zögere. So, wie er das sagt, klingt das ja fast nach einer Verabredung, weshalb ich kurz überlege, ihm zu sagen, dass ich einen Freund habe. Aber das könnte ziemlich arrogant wirken. Als würde ich mir einbilden, dass er auf mich steht, was ganz offensichtlich nicht der Fall ist.
»Also, ich weiß nicht so genau«, entgegne ich zögerlich.
Tja, im Grunde genommen ist das eine ehrliche Antwort. Ich weiß es nicht so genau. Eigentlich hatte ich vor, auch kommende Woche so viel Zeit wie möglich mit Nate zu verbringen, doch das war vor unserem Streit.
Der Streit . Erst da geht mir auf, dass ich den ganzen Tag nicht mehr daran gedacht habe. Und gleich darauf kommt
mir noch ein Gedanke. An Nate habe ich auch den ganzen Tag nicht gedacht.
»Mit anderen Worten, du hast einen Freund.« Er lächelt, und
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