Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)
Seminar und kommt erst sehr spät zurück.«
»Okay, na ja, ein Freund von mir, eigentlich mehr ein Kollege, auch Produzent, gibt heute Abend eine kleine Party. Nichts Großes, bloß ein paar Fernsehleute …«
Bloß ein paar Fernsehleute? Mir wird ganz kribbelig vor Aufregung.
»… und ich wollte dich fragen, ob du vielleicht mitkommen möchtest.«
»Klingt gut«, höre ich mich sagen.
»Cool.« Nate scheint hocherfreut. »Gib mir deine Adresse. Ich hole dich in einer Stunde ab.«
Eine Stunde. Sechzig Minuten. Dreitausendsechshundert Sekunden.
Mehr nicht?
Wie ein geölter Kugelblitz zische ich nach Hause, erleide fast einen Herzinfarkt, als ich die drei Stockwerke nach oben hetze, füttere die Hunde, zerre sie eilig einmal um den Block und erwürge sie beinahe bei meinen Versuchen, sie davon abzuhalten, an jedem Laternenpfosten zu schnüffeln. Dann springe ich unter die Dusche, rasiere mir die Beine, richte dabei ein Blutbad an, mache ein Peeling, trage Feuchtigkeitscreme auf, föhne mir die Haare, probiere meinen neuen Super-Glättbalsam aus, muss einsehen, dass der neue Super-Glättbalsam ein Reinfall ist, und binde mir stattdessen die Haare zum Pferdeschwanz. Anschließend mache ich mich ans Schminken und versuche mich an einem Augen-Make-up à la Smoky Eyes, das ich kürzlich in einer Zeitschrift gesehen habe, aber am Ende sehe ich bloß aus wie nach einem Boxkampf
mit Mickey Rourke. Dann überlege ich hin und her, was ich anziehen soll, und ziehe schließlich das einzige Teil an, das ich finden kann, das nicht allzu zerknittert ist.
Und zu guter Letzt hetze ich dann wie von der Tarantel gestochen durch die ganze Wohnung, um ein kleines bisschen aufzuräumen, gebe diesen aussichtslosen Versuch dann wieder auf und stopfe stattdessen einfach wahllos alles unter das Bett oder hinter das Sofa, springe vor Schreck fast an die Decke, als es an der Tür läutet, gerate in Panik und muss erst mal tief durchatmen, doch als ich Nate dann an der Tür begrüße, wirke ich vollkommen ruhig und gelassen.
»Hübsch siehst du aus«, bemerkt er anerkennend, als er reinkommt und mir zur Begrüßung einen Kuss gibt. Dann allerdings weicht er gleich entsetzt zurück, denn Simon und Jenny kommen schwanzwedelnd angerannt, um ihn zu begrüßen.
»Keine Sorge, die beiden sind superlieb.« Ich muss lächeln angesichts seines entsetzten Blicks.
»Ich hab die Hose gerade erst aus der Reinigung geholt.« Womit er sich bückt und ein paar Hundehaare von seinem Hosenbein klopft, dort, wo die Hunde ihn gestreift haben.Worauf Jenny natürlich glaubt, er wolle sie streicheln, was sie mit einem dicken, feuchten Hundekuss belohnt. »Igitt.« Entsetzt springt er auf, und der Ekel steht ihm ins Gesicht geschrieben.
»Oh, tut mir leid.« Hastig versuche ich, die beiden Hunde wieder ins Wohnzimmer zu scheuchen.
»Hast du antibakterielle Feuchttücher?«, fragt er und wischt sich mit dem Handrücken übers Gesicht.
»Nein, ich glaube, ich …«
»Wo ist denn das Badezimmer?«
»Den Flur runter und dann rechts …«
Noch ehe ich den Satz zu Ende gebracht habe, ist er auch schon an mir vorbeimarschiert, und ich höre bloß noch, wie er im Bad den Wasserhahn voll aufdreht.
»Alles in Ordnung?« Nachdem ich die Hunde im Wohnzimmer eingesperrt habe, laufe ich schnell den Flur entlang zum Badezimmer, dessen Tür weit offen steht. Über das Waschbecken gebeugt steht Nate und schrubbt sich das Gesicht.
»Ja, bestens.« Mit tropfendem Gesicht schaut er sich nach einem Handtuch um.
Und in dem Moment erst geht mir auf, dass ich bei meiner überstürzten Aufräumaktion ausgerechnet das Badezimmer völlig übersehen habe. Schnell suche ich den ganzen Raum nach Unordnungsherden ab, und mein Blick bleibt an etlichen durchweichten Handtüchern hängen, die ich einfach achtlos auf dem Boden liegen gelassen habe, sowie an Dutzenden unterschiedlicher Pflegeprodukte, die ich benutzt habe, nebst ihren nicht wieder aufgeschraubten Deckeln. Und sogar mein gebrauchter Einmalrasierer liegt da im Regal, verklebt mit Rasierschaum und Stoppeln, wie mir siedend heiß auffällt, und ich möchte vor Scham am liebsten im Fliesenboden versinken.
Unvermittelt muss ich an Nates porentief reines Badezimmer denken, mit den schneeweißen aufgerollten Handtüchern, die ordentlich im Regal liegen und aussehen wie ein Foto aus Elle Décor .
Lieber Himmel, der muss mich für ein echtes Ferkel halten.
»Ich hol dir ein frisches«, sage ich, raffe schnell die
Weitere Kostenlose Bücher