Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)
auf dem College war das ganz anders. Endlich konnte ich mal was machen, worin ich gut war, was mir lag, verstehst du?«
»Verstehe ich.« Er nickt wissend. »Und nach dem College?«
»Bin ich nach London gezogen, um mich als Malerin zu versuchen, aber daraus ist nichts geworden, also habe ich einen
Job in einer Kunstgalerie angenommen«, erkläre ich betont beiläufig.
»Fehlt dir das denn nicht? Das Malen, meine ich.«
»Jeden Tag«, murmele ich leise, noch ehe ich mich bremsen kann. »Aber es ist wohl am besten so«, füge ich rasch hinzu und habe es noch nicht ganz ausgesprochen, als ich mich schon frage, wem ich eigentlich was vormachen will. Ihm? Oder mir selbst?
Ich schaue zu Adam rüber. Der guckt mich mit nachdenklichem Gesicht durchdringend an, und weil mir das etwas unangenehm ist, versuche ich, ihn abzulenken, und schlage betont fröhlich vor: »Schauen wir uns doch noch ein paar Rothkos an«, worauf ich mich umdrehe und den Dalís entschlossen den Rücken kehre.
»Weißt du was, du solltest deinem Herzen folgen. Wenn dein Herz am Malen hängt, dann wirst du nie glücklich, solange du bloß in einer Galerie arbeitest.«
Das geht mir nun doch etwas zu weit. Ich stelle die Stacheln auf. »Ich arbeite nicht bloß in einer Galerie«, entgegne ich bissig. »Zufälligerweise mag ich meinen Job sehr.«
»Ich weiß, ich wollte nicht …«, stammelt er entschuldigend. »Hör zu, es tut mir leid, ich wollte dir nicht zu nahe treten.«
Worauf ich wiederum anfange, mich zu entschuldigen. »Oh, nein, bitte, halb so wild.« Ich schüttele den Kopf. »Alles meine Schuld. Ich bin da ein bisschen überempfindlich.« Linkisch lächele ich ihn an. »Aber egal, ich kann es immer noch nicht fassen, dass du dich so gar nicht für Kunst interessierst«, sage ich und versuche, das Gespräch wieder auf ihn zu lenken.
»Filme sind auch Kunst«, entgegnet er ungerührt.
Was mich wiederum stutzen lässt. So habe ich das noch nie gesehen. »Dann bist du also ein großer Filmcrack?«
»Eher ein kleiner«, antwortet er lächelnd. »Ich bin Filmstudent an der NYU.«
Wir wandern hinüber in den nächsten Raum, und ich linse aus den Augenwinkeln zu ihm rüber. »Ehrlich? Mensch, das klingt aber spannend.«
»Ist es auch, sehr sogar.« Er unterbricht sich kurz, dann fügt er hinzu: »Mir gefällt’s.«
»Wow.« Plötzlich sehe ich ihn mit ganz anderen Augen, mein Interesse ist geweckt, und ich gucke ihn fragend an. »Aber bist du nicht etwas zu alt für einen Studenten?«, ziehe ich ihn auf.
»Im hergebrachten Sinne vielleicht«, gibt er nickend zu. »Aber ich finde, man ist nie zu alt, um etwas Neues zu lernen. Alt ist man erst, wenn einen nichts mehr interessiert und fasziniert, wenn man nichts mehr dazulernen, ausprobieren und kennenlernen will …«
Während er so redet, hellt sich sein Gesicht auf, und auf einmal erinnert er mich an jemanden.
»… vor allem, wenn man eine große Leidenschaft hat, und in meinem Fall sind das eben Filme.« Sein Gesicht verzieht sich zu einem breiten Grinsen. »Ich habe es genau andersherum gemacht. Gleich nach dem College habe ich einen Job bei einer Zeitschrift angenommen, bei der ich Filmkritiken geschrieben habe. Ein wirklich guter Job. Ich konnte mir immer die neuesten Filme anschauen, auf Pressereisen gehen, die Schauspieler interviewen. Ich mache immer noch viel für die, aber jetzt eben als freier Mitarbeiter. Kürzlich habe ich zum Beispiel ein Live-Interview für ihren Webauftritt gemacht. Mit Angelina.«
»Nicht im Ernst!«
»Siehst du, jetzt spitzt du plötzlich die Ohren, was?« Er lacht. »Nein, nicht im Ernst. Es war zwar ein Live-Interview, aber nicht mit Angelina Jolie, sondern mit einem fantastischen jungen mexikanischen Regisseur. Dachte mir schon, dass dich das nicht von den Socken haut.«
»Vielleicht ja doch«, protestiere ich und tue tödlich beleidigt.
»Interessierst du dich für Filme?« Neugierig schaut er mich an.
»Klar. Filme mag doch jeder.«
»Und wer ist dein Lieblingsregisseur?«
Ich stocke. »Ähm …« Mein Hirn ist vollkommen leer. Ich kenne keinen einzigen Regisseur, oder? Oh Gott, mir muss doch wenigstens einer einfallen. Schnell, saug dir irgendwas aus den Fingern. »Scorsese«, platze ich heraus. Er ist der erste Regisseur, der mir einfällt. Und der einzige.
»Wow, echt?« Er wirkt beeindruckt. »Hätte nicht gedacht, dass ein Mädchen wie du auf Scorsese steht.«
Ich fühle mich gleichermaßen erleichtert und geschmeichelt.
»Und
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