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Transfer

Transfer

Titel: Transfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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und lächelte dabei, »vor Zauberei hast du wohl keine Angst, wie?«
    Sie sprach zu ihm, sah aber mich an. Selbstverständlich konnte ich mir einen Weg bahnen, aber, wie immer in solchen Situationen, fürchtete ich mich am meisten vor der Lächerlichkeit. Sie gingen weiter, es entstand ein freier Platz, andere Leute neben mir beschlossen nun auch plötzlich, das Merlinschloß zu besuchen, und als ich mich ebenfalls dorthin wandte, ein paar Menschen uns aber getrennt hatten, spürte ich Zweifel, ob ich mich doch nicht getäuscht hatte.
    Wir gingen Schritt für Schritt. Auf dem Rasen standen Teerfässer, in denen Flammen loderten; ihr Licht zeigte steile Ziegelbasteien. Wir gingen auf der Brücke über den Graben, unter den gefletschten Zähnen eines Gitters hindurch. Dann umfing uns Halbdunkel und die Kühle eines steinernen Ganges, von wo aus eine Wendeltreppe emporführte - vom Gestampf menschlicher Füße erfüllt. Der spitzbogenförmige Gang oben war schon weniger bevölkert. Er führte zu einem Kreuzgang, von dem man in den Hof sah. Dort brüllte und lief hinter irgendeinem schwarzen Monstrum eine pöbelhafte Menge auf Pferden her, die mit Schabracken bedeckt waren; ich ging unentschlossen weiter, ohne zu wissen, wohin, unter Menschen, die ich allmählich zu unterscheiden begann. Die Frau mit ihrem Begleiter erblickte ich nur kurz zwischen den Säulen.
    In den Wandnischen standen leere Rüstungen. Im Innern öffneten sich kupferbeschlagene Türen, wie für Riesen. Wir kamen in eine mit rotem Damast ausgeschlagene Kemenate, die von Fak-keln beleuchtet war, ihr Reisigrauch reizte die Nase.
    An den Tischen schmauste eine schreierisch aufgemachte Menge von Piraten und wandernden Rittern. Auf den Spießen, von Flammen beleckt, drehten sich riesige Fleischstücke, ein rötlicher Schein sprang über die von Schweiß glänzenden Gesichter, die Knochen knackten in den Kiefern der gepanzerten Schmausenden, die manchmal von den Tischen aufstanden und unter uns wandelten.
    Im nächsten Saal war eine Menge Riesen beim Kegeln, wobei sie Totenschädel als Kugeln gebrauchten; das Ganze schien mir naiv und tölpelhaft. Ich blieb neben den Spielern, die von meinem Wuchs waren, stehen, als irgend jemand von hinten auf mich prallte und wider Willen erstaunt aufschrie. Ich drehte mich um und sah einem Jüngling in die Augen. Er murmelte eine Entschuldigung und ging schnell mit einem dummen Gesichtsausdruck weg. Erst der Blick der dunkelhaarigen Frau, die bewirkt hatte, daß ich in dieses Schloß der billigen Wunder kam, erklärte mir, was geschehen war: dieser junge Mann wollte durch mich hindurchgehen, da er mich für einen irrealen Schmauser von Merlin hielt.
    Merlin selbst empfing uns in einem entfernten Flügel des Schlosses, umgeben von maskierten Höflingen, die reglos seinen Zauberkünsten assistierten. Ich aber hatte bereits genug davon
    und nahm die Offenbarungen seiner Zauberei gleichgültig hin. Die Schau endete auch schnell, die Anwesenden fingen an hinauszugehen, als Merlin, silberhaarig und großartig, uns den Weg versperrte und schweigend auf eine entgegengesetzte, mit Flor bespannte Tür wies.
    Nur uns drei hatte er dorthin eingeladen. Er selber folgte uns nicht. Wir fanden uns in einem nicht sehr großen, aber hohen Raum, dessen eine Wand von der Decke bis zu dem schwarz und weiß gekachelten Boden ein Spiegel war. Dadurch schien dieses Zimmer doppelt so groß zu sein wie in Wirklichkeit. Und es schien sechs Menschen auf einem steinernen Schachbrett einzuschließen.
    Möbel gab es nicht - nichts außer einer hohen Alabasterurne mit einem Strauß Blumen, die orchideenähnlich waren, aber ungewöhnlich große Kelche hatten. Jede Blume hatte eine andere Farbe. Wir standen vor dem Spiegel.
    Plötzlich sah mich mein Spiegelbild an. Diese Bewegung war nicht die Spiegelung meiner eigenen Person. Ich selbst stand reglos. Der andere - groß, stämmig - sah langsam erst die dunkelhaarige Frau, dann ihren Begleiter an. Keiner von uns bewegte sich, nur unsere Spiegelbilder, auf unverständliche Art selbständig geworden, lebten auf und spielten unter sich schweigend eine Pantomime.
    Der Jüngling im Spiegel trat an die Frau heran und sah ihr in die Augen, sie verneinte mit dem Kopf. Aus der Vase nahm sie die Blumen, zerteilte sie mit den Fingern und wählte drei aus -eine weiße, eine gelbe und eine schwarze. Die weiße gab sie ihm, und mit den beiden anderen kam sie auf mich zu. Zu mir - im Spiegel. Sie streckte mir die beiden

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