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Transfer

Transfer

Titel: Transfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Blumen entgegen. Ich nahm die schwarze. Dann kehrte sie auf ihren vorherigen Platz zurück, und alle drei- dort, im Spiegelzimmer - nahmen genau dieselben Haltungen ein, die wir tatsächlich eingenommen hatten. Als dies geschah, verschwanden die Blumen aus den Händen unserer Doppelgänger. Nun waren es normale, jede Geste wiederholende Spiegelbilder.
    Die Tür in der gegenüberliegenden Wand ging auf: wir gingen eine Wendeltreppe hinunter. Die Säulen, Nischen, Gewölbe gingen unmerklich in das Silber und Weiß von Plastikgängen über. Wir gingen weiter, schweigend - nicht einzeln und auch nicht zusammen; diese Situation bedrückte mich immer mehr, aber was
    sollte ich tun? Jetzt ein zeremonielles, dem »Benimm«-Kodex aus dem früheren Jahrhundert entsprechendes »Sich-vorstellen« unternehmen?
    Klänge entfernter Musik. Wir waren in den Kulissen hinter einer unsichtbaren Bühne. Im Innern gab es ein paar leere Tischchen und zurückgeschobene Stühle.
    Die Frau blieb stehen und fragte ihren Begleiter: »Gehst du nicht tanzen?«
    »Hab’ keine Lust«, sagte er. Zum ersten Mal hörte ich seine Stimme.
    Er war hübsch, doch irgendwie leblos, von einer unverständlichen Passivität, als läge ihm an nichts mehr in der Wett. Er hatte einen wunderschönen, fast mädchenhaften Mund. Er sah mich an. Dann sie. Stand da und schwieg.
    »Na, dann geh, wenn du willst…«, sagte sie. Er schob den Vorhang, der eine der Wände darstellte, auseinander und ging. Ich ging ihm nach.
    »Hallo?« hörte ich hinter mir.
    Ich blieb stehen. Hinter dem Vorhang ertönte Beifall.
    »Wollen Sie sich nicht setzen?«
    Wortlos setzte ich mich. Ihr Profil war herrlich. Die Ohrmuscheln waren von großen Perlen verdeckt.
    »Ich bin Aen Aenis.«
    »Hal Bregg.«
    Sie schien etwas erstaunt zu sein. Nicht durch meinen Namen. Der sagte ihr ja nichts. Eher dadurch, daß ich ihren Namen so gleichgültig hinnahm. Jetzt konnte ich sie aus der Nähe betrachten. Ihre Schönheit war vollkommen und in gewisser Weise unerbittlich. Auch ihre ruhigen, gefaßten und nachlässigen Bewegungen. Sie hatte ein graurosa, mehr grau als rosa, Kleid an, das wie ein Hintergrund zur Betonung ihres weißen Gesichts, ihrer weißen Hände war.
    »Mögen Sie mich nicht?« fragte sie ruhig.
    Jetzt war ich es, der erstaunt war. »Ich kenne Sie nicht.«
    »Ich bin die Ammai - von den >Wahren<.«
    »Was sind die >Wahren    Ihre Augen ruhten mit Interesse auf mir. »Sie haben die >Wah-ren< nicht gesehen?«
    »Ich weiß nicht einmal, was das ist.«
    »Woher kommen Sie denn?«
    »Ich kam aus dem Hotel.«
    »Ach, so? Aus dem Hotel…« In ihrer Stimme klang offener Spott. »Und darf man erfahren, wo Sie vorher - ehe Sie ins Hotel gingen - gewesen sind?«
    »Doch, das darf man. In Fomalhaut.«
    »Was ist das?«
    »Eine Konstellation.«
    »Was?«
    »Ein Sternensystem, dreiundzwanzig Lichtjahre von hier entfernt.«
    Ihre Augenlider zuckten. Der Mund ging auf. Sie war sehr schön.
    »Astronaut?«
    »Ja.«
    »Ich verstehe. Ich bin eine Realistin - ziemlich bekannt.«
    Ich sagte nichts. Wir schwiegen. Die Musik spielte.
    »Tanzen Sie?«
    Fast hätte ich laut losgelacht.
    »Das, was man jetzt tanzt - nicht.«
    »Schade. Aber das läßt sich nachholen. Warum haben Sie das getan?«
    »Was?«
    »Dort, auf dem Steg.«
    Ich antwortete nicht gleich. »Es war.., eine unwillkürliche Reaktion.«
    »Kannten Sie das?«
    »Diese künstliche Reise? Nein.«
    »Nein?«
    »Nein.«
    Eine Weile Schweigen. Ihre Augen, einmal grün, wurden jetzt fast schwarz.
    »Nur auf sehr alten Kopien kann man so etwas sehen«, sagte sie wie nebenbei. »Keiner kann es spielen. Das geht nicht. Als ich es sah, dachte ich.., daß Sie…« Ich wartete.
    »…es könnten. Denn Sie nahmen es ernst. Nicht wahr?«
    »Ich weiß nicht. Vielleicht.«
    »Macht nichts. Ich weiß es. Möchten Sie? Ich stehe recht gut mit Frenet. Vielleicht wissen Sie nicht, wer das ist? Der Hauptproduzent des Reals. Ich muß es ihm sagen… Wenn Sie Lust haben…«
    Ich prustete vor Lachen. Sie zuckte zusammen.
    »Entschuldigung. Aber - ihr großen, schwarzen und blauen Himmel! Sie dachten daran, mich.., zu engagieren…« »Ja.« Beleidigt sah sie nicht aus. Eher umgekehrt.
    »Danke, nein. Lieber nicht, wissen Sie.«
    »Aber Sie können mir sagen, wie Sie es gemacht haben! Oder ist das ein Geheimnis?«
    »Wieso - wie? Sie haben doch selbst gesehen…« Ich brach den Satz ab. »…Sie wollen wissen, wie ich es fertigbrachte?«
    »Sie sind sehr

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