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Transfer

Transfer

Titel: Transfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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obwohl ich es nicht mußte. Plötzlich ließ er die Handschuhe sinken. Sein Gesicht wurde fest, seine Kiefer arbeiteten. Er war wütend.
    »So nicht«, sagte er.
    »Was denn?«
    »Stell dich nicht an, Hai. Entweder wird richtig geboxt oder gar nicht.«
    »Fein«, sagte ich und bleckte die Zähne. »Los!«
    Nun trat ich etwas näher. Handschuh schlug gegen Handschuh, es klatschte schaft dabei. Er spürte, daß ich es ernst meinte, und ging in Deckung. Das Tempo wuchs. Ich verteilte Haken, einmal links, einmal rechts, serienartig, der letzte Hieb landete stets auf seinem Körper - er konnte nicht folgen. Ganz unerwartet ging er zum Angriff über, es gelang ihm eine schöne Gerade, ich flog zwei Schritte hin. Kam aber gleich wieder hoch. Wir umtänzelten uns, ich tauchte unter dem Handschuh auf, wich zurück und placierte dann von halber Entfernung eine rechte Gerade, verwendete viel
    Kraft darauf. Olaf gab nach, hatte für einen Augenblick seine Deckung gelockert, kam dann aber schon zurück, vorsichtig, gebückt. Die nächste Minute verging mit Angriffen. Die Handschuhe schlugen auf die Oberarme, mit dumpfen Geräuschen, ohne dabei Schaden anzurichten. Nur einmal hatte ich kaum noch Zeit auszuweichen: er scheuerte mit seinem Handschuh über mein Ohr, es war wirklich ein Hieb, der mich fast niederstrecken konnte. Wieder tanzten wir herum. Ich bekam einen dumpfen Stoß vor die Brust, konnte noch kämpfen, rührte mich aber nicht, stand wie gelähmt da- denn sie stand am Fenster im Erdgeschoß, ihr Gesicht so weiß wie das, was sie über den Schultern trug. Es war der Bruchteil einer Sekunde. Im nächsten Augenblick wurde ich von einem wuchtigen Hieb getroffen, benommen fiel ich auf die Knie.
    »Entschuldigung!« hörte ich Olafs Schrei.
    »Macht nichts.., war gut so…«, murmelte ich und stand auf.
    Das Fenster war nun geschlossen. Wir kämpften weiter, vielleicht eine halbe Minute lang, bis Olaf sich plötzlich zurückzog.
    »Was hast du?«
    »Nichts.«
    »Stimmt nicht.«
    »Na ja. Keine Lust mehr. Böse?«
    »Ach wo. Hätte ja sowieso wenig Sinn, so gleich von Anfang an… gehen wir.«
    Wir gingen zum Schwimmbecken. Olaf sprang besser als ich. Er konnte herrliche Dinge. Ich versuchte einen Salto nach hinten mit einer Schraube, genauso wie er, schlug aber nur ganz fürchterlich mit den Schenkeln aufs Wasser. Auf dem Rand des Schwimmbeckens sitzend, begoß ich meine Haut, die wie Feuer brannte, mit Wasser. Olaf lachte.
    »Du bist aus der Übung gekommen.«
    »Ach wo. Eine Schraube konnte ich nie gut. Daß du es aber so kannst! «
    »So etwas behält man eben, weißt du. War heute übrigens zum ersten Mal wieder.«
    »So. Na, dann war es großartig.«
    Die Sonne stand schon hoch. Wir legten uns in den Sand, schlossen die Augen.
    »Wo sind.., die?« fragte er nach einem langen Schweigen.
    »Keine Ahnung. Wohl im Hause, in ihrem Teil. Ihre Fenster gehen auf die Rückseite. Ich habe es nicht gewußt.«
    Ich spürte, daß er sich bewegt hatte. Der Sand war sehr heiß.
    »Ja, deshalb ist es«, sagte ich.
    »Haben sie uns gesehen?«
    »Sie.«
    »Und bekam Angst«, murmelte er. »Wie?«
    Ich gab keine Antwort. Wieder schwiegen wir eine Zeitlang. »Hai!«
    »Ja?«
    »Die fliegen schon fast nicht mehr, weißt du?«
    »Ich weiß.«
    »Weißt du auch warum?«
    »Sie meinen, es hätte keinen Sinn…«
    Ich berichtete ihm kurz alles, was ich bei Starck gelesen hatte.
    Er lag reglos, wortlos, aber ich wußte, daß er aufmerksam zuhörte. Auch als ich geendet hatte, sprach er nicht gleich.
    »Hast du Shapley gelesen?«
    »Nein. Was für einen Shapley?«
    »Nicht? Ich dachte, du hättest alles gelesen… Er war ein Astronom im zwanzigsten Jahrhundert. Zufällig fiel mir mal eine seiner Arbeiten in die Hände, eben darüber. Ganz deinem Starck ähnlich.«
    »Was redest du da? Unmöglich. Dieser Shapley konnte ja nicht wissen.., am besten, du liest Starck selbst.«
    »Fällt mir nicht ein. Weißt du, was das ist? Nur ein Wandschirm.«
    »Wieso?«
    »Ja. Mir scheint, ich weiß, was da passiert ist.«
    »Na?«
    »Die Betrisierung.«
    Das riß mich hoch.
    »Meinst du?!«
    Er schlug die Augen auf. »Klar. Sie fliegen nicht mehr - und werden es auch niemals tun. Es wird immer schlimmer werden. Bonbon. Ein einziger, großer Bonbon. Sie können kein Blut sehen. Können sich nicht vorstellen, was wohl vorkommen könnte, wenn… «
    »Warte mal«, sagte ich, »das ist doch nicht gut möglich. Es gibt doch Aerzte. Es muß Chirurgen

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