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Transsibirien Express

Transsibirien Express

Titel: Transsibirien Express Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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jungen Brüste, das Ebenmaß ihres Körpers, ihre schlanken langen Beine mit den kleinen Füßen. Es war unerklärlich, wie die derben Bauernstiefel darüber gepaßt hatten.
    Der Schein der einsamen Glühbirne traf Mildas Gesicht sehr stark. Es war ein Gesicht voller Fragen und Erwartung, Sehnsucht und natürlicher Abwehr. Die blaugrünen Augen schimmerten, als warteten in ihrem Hintergrund schon die Tränen …
    Werner Forster blieb vor ihr stehen.
    »Wirf mich hinaus, Milda«, sagte er mit belegter Stimme. »Ich schlafe gern im Zimmer auf dem Sofa. Du sollst nie mehr zu etwas gezwungen werden …«
    »Ich liebe dich, Wanja. Warum redest du so dummes Zeug?«
    Sie ließ sich auf das Bett zurückfallen, zog die Beine an und rutschte zur Wand. Ihr Hemdchen verschob sich, aber sie zog es nicht wieder herunter, sondern blieb so liegen. Sie lächelte Forster an und griff nach seiner Hand.
    »Bin ich Milda Forsterewa?« fragte sie.
    »Bis an dein Lebensende …« Er beugte sich über sie, zog ihr das lächerliche Hemdchen über den Kopf und warf es weg. Als er zu ihr kam, fiel der Himmel über sie und deckte sie zu.
    Sie liebten sich drei Tage und drei Nächte, und es war eine Liebe, die die Menschen verglühen läßt.
    In Milda Tichonowna brach die Hingabe des ewigen Rußlands auf … so konnte nur eine Russin lieben, die mit der Sehnsucht von tausend Jahren geboren worden war … Tagsüber war Forster viel in Wladiwostok unterwegs und suchte nach einem Weg, Rußland zu verlassen.
    Wenn er gegangen war, verließ auch Milda das Haus, aber das wußte er nicht.
    Was man erwartet hatte, war geschehen:
    Karsanows Alarm hatte eine Welle von Sperrungen ausgelöst. Der Flughafen wurde so scharf überwacht, als seien Terroristen unterwegs.
    Im Hafen kontrollierte man jedes ausländische Schiff, vor allem die japanischen, strenger als sonst, und es kam niemand an Bord, dessen Papiere nicht genau geprüft worden waren.
    Werner Forster beobachtete das alles von einer Hafenkneipe aus.
    Er hatte sich gleich am zweiten Tag bei einem Händler für gebrauchte Garderobe eine schäbige Matrosenkluft gekauft. Er rasierte sich nicht mehr. Dronow bemerkte es mit Erstaunen, aber Milda hatte eine Erklärung dafür:
    »Wanja Antonowitsch sucht eine Stelle auf einem Fischfänger«, sagte sie. »Wir haben es satt, immer in der Taiga zu leben.«
    »Er will zur See?« Der Alte lachte. »Haha, das große Kotzen wird er dort lernen! Vom Wald aufs Wasser? Den Magen wird's ihm umdrehen!«
    Am dritten Tag wurde es eine Stunde lang kritisch. Dronow brachte die neue Zeitung mit.
    Auf der ersten Seite sah man zwei Bilder … Zeichnungen aus dem Gedächtnis, wie sie Karsanow hatte anfertigen lassen. Sie sollten Milda und Forster darstellen, aber sie waren den Originalen so wenig ähnlich, daß Forster in aller Ruhe Dronow antwortete, als dieser sagte:
    »Man soll es nicht für möglich halten! Suchen sie zwei gefährliche Menschen! Seht euch bloß diese Gesichter an! Wahre Verbrecher-Visagen! Aber die werden sie bekommen, das sag' ich euch! Nach diesen Bildern haben sie kein Versteck mehr … jeder wird sie erkennen! Sie haben sogar ähnliche Namen wie ihr! Ein Gesindel läuft hier herum, ein Gesindel!«
    Nach einer Stunde war die Gefahr ausgestanden. Dronow zerschnitt die Zeitung mit einem Küchenmesser in handliche Stücke und hängte diese auf die Toilette an einen eisernen Haken.
    »Das war knapp!« sagte Forster zu Milda an diesem Abend. Sie lagen wieder im Bett, Körper an Körper, und ihre Wärme floß ineinander. »Übermorgen wird es vielleicht vorbei sein, Mildaschka. Ich habe heute einen japanischen Kapitän kennengelernt, Tojo Namamura heißt er. Er hat einen Frachter im Hafen liegen, und der läuft übermorgen aus. Ich treffe den Kapitän morgen wieder. Wenn sie das Schiff beladen, werde ich als Kistenschlepper arbeiten, und in einer dieser Kisten trage ich dich an Bord. Die Miliz kontrolliert nur die Menschen, nicht die Waren.«
    »Übermorgen …«, sagte Milda leise. Sie kroch näher an Forster heran, und plötzlich warf sie sich über ihn und schrie ihm ins Gesicht: »Übermorgen! Oh, übermorgen! Ich liebe dich … ich liebe dich …«
    Er hielt es für Freude, für einen Ausbruch überschäumenden Glücks und gab sich ganz ihrer Zärtlichkeit hin.
    Später, als Forster an ihrer Schulter schlief, seine linke Hand über ihre Brust gelegt, weinte Milda still vor sich hin, starr und unbeweglich, damit er nicht aufwachte.
    Übermorgen … dachte

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