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Trapez

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Titel: Trapez Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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gelernt hatte, war schockiert und bestürzt durch diese Bemerkung, nicht alt genug, um den weiblichen Stolz dahinter wahrzunehmen.
    »Was ist in dich gefahren, Mutter? Du hast mich bei Ma Leighty an den Kostümen arbeiten lassen, fast bevor ich lesen konnte.«
    »Das ist etwas anderes«, sagte Beth Zane undurchsichtig . »Ich mag bloß keinen Mann nähen sehen, das ist alles. Das ist irgendwie nicht männlich.«
    »Das ist alles Scheiße !« explodierte Tommy. Und sie saß da und starrte ihn an, ihre Wangen wurden vor Ärger tiefrot.
    »Wie kannst du es wagen, so mit mir zu reden? Hast du das von den Santellis gelernt?«
    Tommy schluckte schwer, er konnte sich vorstellen, was Papa Tony gesagt hätte, wenn jemand so mit Lucia geredet hätte. Er senkte seinen Kopf und murmelte: »Tut mir leid, Mutti« und bi ss sich auf die Lippen gegen das Bedürfnis, all seinen Zorn und Verdru ss herauszulassen.
    Undeutlich erkannte er, dass er sich nicht über seine Mutter ärgerte.
    Er sagte: »Ich würde verdammt gerne allein leben!«
    und knallte hinter sich die Tür zu.

KAPITEL 18

Es wäre fast besser gewesen, dachte Tommy, wenn Mario ihn freiwillig gemieden hätte. Dann wü ss te ich Bescheid. Aber sie verbrachten genauso viel Zeit miteinander – ständig und zwanglos – und das machte es irgendwie schlimmer. Vage Ängste, störende Fantasien, Scham machten Tommy Sorgen, eine Scham, die Mario mühevoll unterdrückte. Er wu ss te, dass sich die Spannung bis zur Explosion aufbauen würde und wie betäubt mitgeschleppt wurde, ohne zu wissen, wie man sie kontrollieren sollte.
    Eines Morgens im September setzte Margot eine Probe für das Luftballett an, und Tommy kam mit anderen Männern dazu und hielt mit ihnen die Seile. Hinterher gingen er und Little Ann zusammen zurück zu ihrem Wohnwagen auf eine Tasse Kaffee.
    »Zucker?«
    »Nein, danke, ich hab’s mir während der Rationierung abgewöhnt. Aber ich hätte gern etwas Milch, wenn es welche gibt.«
    » Bloß Pulver!«
    »Bäh! Ich trinke ihn schwarz.«
    »Ich mag es.« Little Ann kippte etwas aus der aufgestochenen Metalldose in ihre Tasse. »Es schmeckt wie Sahne.«
    »Ich finde, es schmeckt nach nichts«, sagte Tommy.
    »Worüber hast du immer mit Christa gekichert?«
    »Sagst du es auch nicht weiter?«
    »Das ist Mädchenkram. Wem sollte ich es schon sagen? Und warum?«
    Little Ann blickte sich vorsichtig um, um sicher zu gehen, dass niemand in Hörweite war. Sie trug ein kariertes rosa Spielkleid, und ihr Haar war in einem Kopftuch zusammengesteckt. Ein oder zwei aufgerollte Locken guckten heraus, an Lockenwicklern festgesteckt. Er fragte sich, warum Mädchen das mit ihrem Haar machten. In letzter Zeit sah er Little Anns Haar nur in Lockenwicklern, außer während der Show.
    »Meine Mutter würde Zustände kriegen, wenn sie wü ss te, dass ich die anderen so habe reden hören. Du weißt , dass es ein paar Leute gibt, die sagen, dass Mario eine Schwuchtel ist – Du weißt , was das ist, oder?«
    Tommy fühlte, wie sich der vertraute harte Knoten in seiner Brust verkrampfte. »Sicher! Was ist damit?«
    »Na ja. Sue-Lynn Farris sagte, dass sie das besser wü ss te, und Christa fragte sie, woher sie das weiß . Und – na ja, Sue-Lynn hat’s ihr erzählt. Hat’s ihr geradewegs erzählt.« Little Ann errötete und sie kicherte unsicher.
    »Ehrlich, ich hab’ gedacht, ich mü ss te im Boden versinken. Ich hab’ noch nie gehört, dass ein Mädchen solche Wörter gebraucht hat. Jungs manchmal, aber nicht vor Frauen. Ich hab’ geglaubt, ein anständiges Mädchen würde sterben, bevor sie so was direkt vor Leuten sagt.«
    Die klammernde Übelkeit in seiner Brust war zu einer benommenen Kälte geworden, aber er wu ss te, dass man ihn nicht mehr aus der Fassung bringen konnte. »Ach, das hätte ich deinen kleinen Freundinnen mit den schmutzigen Gedanken auch sagen können. Mario ist genauso wenig eine Schwuchtel wie ich!«
    »Aber es haben schrecklich viele Leute gesagt.«
    »Wenn die Leute nicht genug zu reden haben, erfinden sie was«, sagte Tommy kalt.
    »Glaubst du, dass Mario und Sue-Lynn heiraten werden? Sie würde auch gut zu den ›Flying Santellis‹ passen, nicht? Dunkel wie sie ist, würde jeder glauben, dass sie eine von ihnen ist. Meinst du nicht? Sie wären ein wirklich hübsches Paar.«
    »Ich hab’ wirklich genug von tratschenden Mädchen«, platzte Tommy heraus. »Ihr denkt an nichts anderes – wer in wen verliebt ist und wer wen heiraten wird – mir wird

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