Trapez
drehte sich einmal, zweimal – o Gott, er hat es wieder verfehlt – verdrehte sich, stürzte und kam wuchtig im Netz auf.
Vom Publikum war schriller, langgezogener Schrei zu hören. Mario behielt seine Fassung, schaffte es zu lächeln, sich zu verbeugen und übermütig ins Publikum zu winken, aber als er gerade für den erlaubten zweiten Versuch heraufklettern wollte, pfiff der Ansager scharf, und Pferde der Freiheitsdressur sprengten in die Manege.
Tommy ergriff das Trapez, schwang heraus und tauchte kopfüber ins Netz und landete neben Mario. Mario, mit weißem und zornverzerrtem Gesicht, starrte den Zirkusansager an.
»Was, zum Teufel…«
»Ich hab’ ihm das Signal zum Pfeifen gegeben«, sagte Coe Wayland und drängte sie zur Hintertür, dem Bühneneingang. »Ich konnte sehen, dass du nicht dafür in Form warst, Matt.« Mario wirbelte herum und sagte: »Wer, zum Teufel, hat dir gesagt, dass du für diesen Akt die Befehle geben kannst? Du gottverdammter, besoffener Idiot! Du verdirbst alles! Jeder Anfänger könnte höher und schneller schwingen als du!«
»Na, na, Matt«, sagte Johnny und legte eine Hand auf seine Schulter. »Du hast den Dreifachen mit Angelo am Trapez auch oft verfehlt. La ss es nicht an Wayland aus.
Verletzt?« Er hob Marios Ellenbogen und sagte: »Jesus, du hast dich hier noch einmal schlimm aufgeschürft.
Komm, la ss uns was drauf tun, großer Bruder!«
Mario stieß ihn weg. »Und weil wir gerade dabei sind, wer, zum Teufel, hat Stella gesagt, dass sie einen Trick machen soll, den ich nicht erlaubt habe?«
Johnny zuckte die Achseln. »Ich hab’ ihr gesagt, sie soll es ausprobieren. In diesem Akt ist noch Platz für etwas Besonderes.«
»Also du bestimmst jetzt die Nummern für den Akt?«
»Oh, um Gottes willen!« sagte Johnny. Er hatte völlig die Geduld verloren. »Warum muss jede verdammte Kleinigkeit in jeder Vorstellung gleich sein? Es sah doch gut aus, oder?«
»Nein, sah es nicht!« schrie Mario. »Das war kein Fliegen – das war eine dämliche Trapez-Show, und es hat nicht mehr in einem reinen Trapezakt zu suchen als ein paar Clowns!«
»Quatsch!« sagte Johnny. »Ich fand, es sah gut aus, und die Leute haben es gefressen, oder?«
Mario sagte kalt: »Du kennst die Regel bei den ›Flying Santellis‹: Niemand macht einen Trick bei einer Vorstellung, ohne ihn vorher bei der Probe abgesprochen zu haben. Ich weiß , dass dich Jock dazu angestiftet hat, Stel, aber nichtsdestoweniger werde ich dich für drei Tage am Boden lassen. Und wenn sie uns eine Strafe aufbrummen, bezahlst du sie.«
»Also, Moment mal«, sagte Stella.
»Wer, zum Teufel, hat dir das Recht…«, fing Johnny an.
Tommy holte tief Luft und sagte: »Mario ist der älteste im Akt, Johnny, und das weißt du genauso gut wie ich.
Es gibt einen richtigen und einen falschen Weg, einen neuen Trick in den Akt einzubauen, und du hast dir den falschen ausgesucht.« Ja, und was für einen Tag du dir dafür ausgesucht hast! Wo Mario sowieso schon auf hundertachtzig ist. »Und müssen wir das um Himmels willen hier an der Hintertür ausposaunen?«
»Ja, man kann uns vorne hören«, sagte Coe Wayland.
»Und komm wieder auf den Teppich, Matt! Ich hab’s genehmigt.«
»Du hältst dich da raus, Wayland«, schimpfte Mario.
»Das ist Familiensache. Steck da deine Nase nicht rein!«
Coe Waylands Art hatte Tommy nie sehr gefallen, aber nicht einmal Papa Tony hätte jemanden so abgekanzelt, der nun mal zur Truppe gehörte. Familie oder nicht. Er hatte immer genügend mit Tommy und Stella bei den Proben geschimpft, aber während der Vorstellung war er immer ausgesprochen höflich gewesen. Waylands Mund verzog sich: »Ja, Bo ss «, murmelte er und ging zum Umkleidezelt.
Johnny legte eine Hand auf Stellas Schulter. »Zieh dich an, Kleines, und dann komm zurück, und wir klären alles ein für alle Mal !«
»Es ist geklärt«, sagte Mario. Johnny sah ihn an.
»Pa ss auf, du hast heute wie verrückt den großen Mann gespielt, aber es wird Zeit, dass du eins begreifst, Matt.
Du kannst den Jungen zusammenschlagen, wenn er dich lä ss t, und ich kann auf mich selbst aufpassen, wie du schon herausfinden wirst, wenn du jemals Hand an mich legst. Aber jetzt hör zu und hör gut zu. Ich hab’ auf dem Rummelplatz ein bi ss chen Lippenlesen gelernt und wenn du noch mal was aus deinem dreckigen Mund auf Stella loslä ss t, Matt, dann redest du mit einem Mund voll loser Zähne.«
»Jock, was versuchst du eigentlich zu
Weitere Kostenlose Bücher