Trapez
unpersönlich stand Mario auf und nahm Tommys Schulter in seine Hände und bewegte das Gelenk vorsichtig vor und zurück. »Es ist in Ordnung«, sagte er, und Tommy nickte.
Es war nicht einmal ein Waffenstillstand. Sie hatten den Streit lediglich unter den Teppich gekehrt, um ihren Auftritt nicht zu gefährden. Tommy fühlte immer noch ein leichtes Stechen in seiner Schulter, aber im Moment hatte er buchstäblich vergessen, wie er dazu gekommen war. Er fragte sich nur, ob sie während des Akts durchhalten würde.
Johnny kam und legte das Cape über Tommys Schultern.
»Wayland!« rief Mario scharf, »bist du da?«
»Alles klar!« Der Mann stand auf und stolperte über seinen Wassereimer. Tommy dachte, als er ihn mit gesenkten Augenlidern beobachtete, ich kann immer noch nichts beweisen. Auf dem Boden ist er ein alter Tollpatsch , trotzdem ist er auf dem Trapez so gut.
Stella stieß am Bühneneingang zu ihnen, wie ein kleiner, flinker Vogel in ihrem grünen Cape. Als sich die Fänger von ihnen trennten, um auf ihre Seite des Trapezes zu gehen, sagte Johnny schnell zu Mario : »Ich hab’ mit dem Kapellmeister was für Stella ausgemacht«, und dann fingen sie an hinaufzuklettern.
Die Duo-Nummer zwischen Mario und Tommy funktionierte perfekt. Sie kamen zusammen von der Stange ab, und das alte Präzisionstiming schien wieder zu funktionieren. Tommy atmete leichter, als das zweite Fängertrapez nach oben aus dem Weg gezogen wurde, aber Mario runzelte die Stirn und hielt seine Hand über die Augen, um das andere Ende des Trapezes zu beobachten.
Normalerweise blieb Coe Wayland im Fangtrapez, aber diesmal blieb Johnny d ort, und der Zirkusansager rief Stellas Namen aus. Mario wunderte sich, änderte aber nicht den glatten Ablauf, indem er um sie herumstieg und ihr die Stange übergab. Dem Timing der Vorstellung gemäß sagte ihr Mario normalerweise, welchen der verschiedenen Tricks in der Nummer sie versuchen sollte, aber als er diesmal zu ihr sprach, schüttelte sie leicht ihren Kopf.
»Johnny und ich haben uns etwas ausgedacht. Pa ss nur auf die Stange während der Nummer auf – la ss sie nicht zu früh los«, sagte sie und schwang sich hinaus. Sie schwang an der Stange, machte einen Aufschwung, drehte sich in einem schnellen Salto, machte noch eine schnelle, halbe Drehung und warf ihre ausgestreckten Füße in Johnnys Hände. Dort schwang sie, posierend mit ausgebreiteten Armen. Dann verharrte Mario, der die Stange bereithielt, wie vom Donner gerührt, denn Johnny und Stella hatten begonnen Figuren zu fliegen, bei denen sie am langen Trapez vor und zurück schaukelten und die sie – wie Tommy bemerkte – aus ihrer alten Doppeltrapez-Nummer übernommen hatten. Die Menge zögerte, gespannt auf die Rückkehr, war still und brach dann in spontanen Applaus aus. Schließlich ließ Mario auf Johnnys Zeichen die Stange fallen, und Stella kehrte zurück.
Als sie absprang griff Mario ihre Arme, als ob er bloß ihre Arabeskenpose unterstützte, die Arme für den Applaus ausgebreitet, aber Tommy hörte ihn aus seinem Mundwinkel zischen: »Du kleines Miststück. Was geht hier vor? Wer hat dir das erlaubt?«
»Johnny«, sagte Stella, lächelte und winkte dem Publikum zu, als ob sie niemand angegriffen hätte. »Mach das mit ihm aus.«
Mario war weiß vor Zorn. »In dieser Familie«, sagte er, als der Kapellmeister d en Trommelwirbel anstimmte, der den Dreifachen ankündigte, »arrangieren wir unsere Tricks, bevor wir auf die Plattform gehen, nicht hinterher.
Wenn du so was noch mal machst, Stella cara, dann drehe ich dir den Hals um!«
»Johnny…«
»Johnny gibt für diesen Akt keine Befehle!«
Stella zuckte die Achseln und sagte gleichgültig: »Ich erhalte meine Befehle von Johnny. Du bist dran, Mario«, fügte sie hinzu und trat für ihn zur Seite. Tommy bemerkte, dass Johnny das Fangtrapez verlassen und Coe Wayland seinen Platz eingenommen hatte und seinen Schwung für den Dreifachen aufnahm.
Tommy flüsterte: »Versuch es heute nicht, Mario.
Mach einen zweifach Geschraubten!«
»Jetzt fang bloß nicht damit an, verdammt«, sagte Mario ungeduldig.
Der Zirkusansager dröhnte schon: »… den dreifachen Salto in die Hände des Fängers – das gefährlichste aller Luftkunststücke. Bitte, bleiben sie ruhig, während Mario Santelli in der Luft ist…«
Tommy fa ss te an die Sankt Michaels-Medaille, die innen an seinem Hemd steckte, als Mario hinausschwang.
Sein Körper war zu einer Bogenlinie gewölbt. Er
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