Trapez
Schublade auf und fing an, Trikots zu entwirren. »Ich weiß nicht, welches davon meine sind – ich nehme einfach die ersten beiden, die ich auseinanderbekomme, okay?«
»Nimm, was du willst, Lucky. Aber du brauchst mich nicht so zu verlassen. Können wir nicht reden?«
»Worüber denn? Du hast gesagt, wie es zu sein hat.«
»Schau, ich werde Lionel bitten, dir etwas zu…«
»Tu mir keinen Gefallen.«
»Vielleicht tut es dir ganz gut, wenn du eine Weile nach Hause gehst. Lucia mochte noch nie, dass du hier draußen bei mir wohnst. Angelo kennt jeden im Geschäft…«
»Wirst du jetzt mit dem Quatsch aufhören? Nach Haus?
Willst du mich verarschen?«
»Es ist dein Zuhause, Lucky. Das weißt du so gut wie ich. Angelo hält große Stücke auf dich. Er wird sich die Beine ausreißen , um dir einen guten Platz für die nächste Saison zu beschaffen. Frag ihn einfach.«
»Damit er sich ins Fäustchen lacht, weil wir uns getrennt haben? Nie im Leben!« Tommy knallte die Schublade zu, warf ein Paar Turnschuhe oben in den Koffer, und begann, ihn zu schließen .
»Lucky…«, flehte Mario, »sieh mich an. Willst du dich nicht hinsetzen und mir zuhören, was trinken, bloß drüber reden?«
»Um Himmels willen!« schrie Tommy, und für Mario klang es wie ein Kreischen, wie das Kreischen, als Mario ihm die Hand in der Tür eingeklemmt hatte. »Was glaubst du, wieviel ich noch ertragen kann?«
Mario fiel auf das Bett zurück und nahm sein Gesicht in seine Hände. Er sagte durch sie hindurch: »Eines Tages wirst du mir dafür dankbar sein, Tom.«
»Wenn du das gerne glauben willst.« Tommy ließ das Kofferschlo ss einrasten und zog sich seine Jeansjacke an.
Er blickte den Raum noch einmal kalt und klinisch an.
»Na – wir sehen uns ja wohl mal wieder.«
»Tom – du gehst doch nicht so – einfach so?«
»Du hast mir beigebracht, nicht viel für zärtliche Abschiede übrig zu haben.«
Mario stand auf und sagte: »Tom, versprich mir, dass du…«
»Zum Teufel damit!« sagte Tommy. »Keine verdammten Versprechen. Ich würde sie nicht länger halten als du.«
»Du alter Dickkopf!« Marios Stimme überschlug sich.
»Du machst das mit Absicht. Ich hab versucht, dir zu erklären, warum es so sein mu ss te.« Seine Stimme wackelte und überschlug sich dann vor Zorn. »Sag mir wenigstens, wo du hingehst – mach mich nicht einfach – verdammt, Tommy, du bist doch immer noch – immer noch mein Junge.«
Am Rande seiner Geduld sagte Tommy: »Hör zu, du.
Du hast mir mal gesagt – du hast gesagt, es wäre zu meinem eigenen Nutzen – du könntest nicht für mich fallen.
Also, wer fragt dich überhaupt? Machen wir’s schnell und sauber. Keine Gefühlsduselei. Keine Nachrufe. Und um Himmels willen, keine Küsse und Tränen!«
»Gott! Du schlägst wirklich zu…«
»Ich mu ss . Nicht stark genug, um dir den Arm zu brechen.«
»Du willst es wirklich so?«
»Was, zum Teufel, macht es schon, was ich will? Nur so kann ich es ertragen.«
Mario sagte schließlich : »Gut, wie du willst.« Er zog seine Brieftasche heraus.
»Ich habe dir gesagt, biete mir kein Geld an, sonst bringe ich dich um.«
»Ich lasse dich hier nicht ohne einen verdammten Cent in der Tasche rausgehen. Ich habe einen Job. Du kommst nicht mal an dein Geld ran«, sagte Mario und zuckte schließlich mit den Achseln.
»Ich soll dir auch nicht mehr auf dem Gewissen liegen?
Mach verdammt, was du willst. Du tust es ja sowieso.«
Mario gab ihm ein paar Scheine, ohne sie zu zählen, und Tommy stopfte sie in seine Jeans, ohne sie anzusehen. Zögernd streckte Mario seine Hand aus. Tommy stellte seinen Koffer ab, und sie reichten sich die Hände und wagten nicht, sich anzusehen oder etwas zu sagen.
Mario murmelte schließlich , als ob er ein unsichtbares Band durchschnitt: »Bis bald, Lucky.«
»Glück hab’ ich dir ja eh nicht gebracht.« Sie ließen sich los; Tommy hob den Koffer auf, ging aus dem Zimmer und die Treppe hinunter.
Mario saß auf dem Bett, die Hände vorm Gesicht, und hielt sich nur durch die jahrelange eiserne Disziplin aufrecht. Nur das hielt ihn davon ab, den Jungen in der alten, zornigen Umarmung zu packen und zu versprechen – was zu versprechen? Keine verdammten Versprechen. Ich würde sie nicht länger halten als du.
Nein, es ist besser so. La ss den Jungen gehen. Es wird ihm eine Weile weh tun, aber alles, was du sagst, stimmt, und er weiß das.
Er ging ans Fenster. Er sah Tommy aus der Tür kommen, einen Moment
Weitere Kostenlose Bücher