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Trapez

Trapez

Titel: Trapez Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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der neuen Spielzeit auf Tour mit uns geht, auftaucht und anfängt zu arbeiten. Angelo wird dieses Jahr später kommen. Er ist unten in Mexiko mit seiner Tochter Tessa.«
    »Ich habe gar nicht gewu ss t, dass er verheiratet ist.«
    »Er war verheiratet«, korrigierte Mario. »Teresa starb bei einem Autounfall letzten Frühling. Gerade bevor wir mit Lambeth anfingen. Deshalb haben wir nicht früher angefangen. Wir sind erst zu Lambeth gekommen, als sie, in der Mitte der Saison, einen Platz frei hatten. Tessa ist erst vier oder fünf. Sie ist in einer Klosterschule in Santa Barbara. Ein Stück die Küste rauf. Aber Angelo hat sie mit sich nach Mexiko genommen. Er leitet da unten einen Zirkus über die Feiertage. Er wollte mich mitnehmen, aber ich mag den Job, den ich habe, also hat er eine Nummer mitgenommen, die die ›Flying Barrys‹ heißen .«
    Er setzte seinen Kaffee ab, als der Junge mit den Tellern mit Eiern und Würstchen kam. »Danke, Ronny!
    Möchtest du noch w as, Tommy, Eierpfannkuchen, Waf feln?«
    »Nein danke, das ist genug.«
    Ronny zögerte einen Moment und fragte dann: »Was ist los, Matt?«
    »Nichts Besonderes. Ich dachte, ich treffe Keno hier, aber er muss sich hier wohl irgendwo rumtreiben.« Als der Junge wieder wegging, erklärte Mario Tommy: »Keno ist in einer meiner Klassen in der Ballettschule.«
    »Nennen sie dich hier immer Matt?« fragte Tommy.
    »Jeder außerhalb der Familie.«
    »Wieso hast du’s geändert?«
    »Wie ich gesagt habe, es gab immer einen Mario in der Familie. Ich hab’ dir nie die Familiengeschichte erzählt, oder?«
    »Nur etwas.«
    Mario blickte auf seine Armbanduhr an einem dünnen geflochtenen Leder armband. Er folgte Tommys Blick und lachte. »Unterwegs trage ich ‘ne Taschenuhr wie alle. Dies war ein Geschenk. Ich mag sie irgendwie, obwohl Lucia zu viel bekommt, wenn ich sie im Hause trage. Der Typ, der sie mir gegeben hat, hat wahrscheinlich nicht bedacht, dass es immer noch Leute gibt, die glauben, dass eine Armbanduhr« – er zögerte – »irgendwie weibisch ist. Pa ss auf, ich erzähl’ dir von der Familie beim Essen. La ss die Eier nicht kalt werden.«
     
    Was Mario ihm erzählte, war ungefähr so:
    Um 1890 herum waren Mario di Santalis und seine Söhne Tito und Rico nach Amerika gekommen, die Überlebenden einer italienisch-österreichischen Akrobatenund Jongleurfamilie, die seit 100 Jahren im europäischen Zirkusgeschäft bekannt war. Sie hatten Amerika mit einem halben Dutzend Unternehmen bereist und kurze Zeit vor dem Ersten Weltkrieg ihren eigenen gehabt.
    Marios Sohn Antonio, eben ›Papa Tony‹, heiratete die Tochter einer anderen Zirkusfamilie, Carla Fortunati. Di Santalis erwies sich als zu schwierig für amerikanische Zirkusansager, also wurden sie die ›Santelli Brothers‹, und später, als Antonio mit einer der ersten Fliegernummern an den damals neuen fliegenden Trapezen herauskam, die ›Flying Santellis‹. Nachdem Rico sich zurückgezogen hatte, reiste Antonio mit seinen Söhnen Joe und Angelo und seiner Tochter Lucia.
    »Matt Gardner, mein Vater, kam als Fänger zu dem Akt dazu«, sagte Mario. »Lucia war damals der Star der Show und eine echte Schönheit. Sie heirateten, und sie hatte eine Zeitlang wegen uns Kindern Zuviel zu tun, um zu fliegen. Wir sind vier: Liss, meine Schwester, ist die Älteste, ich, dann Johnny und Marc, die Zwillinge. Mein Vater starb, als die Zwillinge noch Babys waren. Keiner von uns kann sich an ihn erinnern, nicht mal Liss.«
    »Ist er abgestürzt?«
    »Nein, er ist an Typhus gestorben, während eines langen Gastspiels in Pittsburgh. Nachdem er gestorben war, ist Lucia wieder aufgetreten, bis zu dem Unfall.« Plötzlich schob er seinen kalten Kaffee weg. »Komm, es ist Zeit, dass wir uns auf den Weg machen, glaube ich.«
    Mario steuerte das Auto durch die verstopfte Stadt und bog in eine breite, sich schlängelnde Allee ein, die mit ungewohnten Büschen, grünem Gras und Blättern gesäumt war. Tommy war jetzt warm. Er zog seinen Pullover aus, und Mario lachte.
    »Wart s ab, bis du dich daran gewöhnst. Unser Klima erscheint Neuankömmlingen immer warm, aber wenn du erst ein paar Winter hier gewesen bist, fängst du an zu zittern, wenn’s unter 15 Grad sind.«
    Er fuhr gefährlich, nahm die Kurven schnell. Tommy hatte noch ein Dutzend mehr Fragen. Waren Marios Brüder auch Flieger? Wie viele gehörten insgesamt zur Familie? Aber an Marios verschlossenem Gesicht sah er, dass er keine Fragen mehr stellen

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