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Trapez

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Titel: Trapez Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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unheimliches Schwein. Aber du konntest ihm einfach nichts sagen. Er nahm keine Befehle an. Er wollte nicht üben. Er sagte, er sei besser ohne Training, als wir alle zusammen. Und das Verdammte dran ist, dass er Recht hat. Er ist gut. Er ist ein verdammtes Genie. Aber so eine Einstellung genügt einfach nicht in der Familie. Er tat seinen Teil der Schufterei nicht. Und er hatte immer Widerworte für Angelo und Papa Tony. Oft hat er dann doch gemacht, was sie sagten, aber er wollte immer, dass sie ihm genau erklärten, warum er dies oder das machen sollte. Du weißt ja, wie Papa Tony ist und Angelo auch. Sie sagen ›Tu das‹ und du tust es, keine Fragen. Unterwegs ist das die einzige Möglichkeit, damit ein Akt funktioniert. Wir hatten alle genug davon, dass Johnny immer, wenn man ihm irgendetwas sagte, anfing zu streiten. Nachdem Johnny aufgehört hatte, konnte man viel besser mit Angelo auskommen, und als Papa Tony anfing, davon zu reden, ihn zurückzunehmen, wie ich schon sagte, wurde Angelo sauer.
    Deswegen haben wir uns entschlossen, dir eine Chance zu geben. Und soweit wir wissen, hätte Johnny uns sowieso gesagt, dass wir zur Hölle gehen sollen. Und jetzt bist du da, und das war’s.« Mario holte tief Luft, als er bremste und das Auto in eine breite Kieseinfahrt lenkte.

KAPITEL 6

Das Auto fuhr durch ein breites Eisentor, die Pforten waren geöffnet und hingen leicht schräg an den Scharnieren.
    »Da ist es! Richtiges altes Monster, was?«
    Am anderen Ende des Kiesweges war das Haus nur ein dunkles, bedrohliches Gebäude, aber Tommy bekam einen schwachen Eindruck von Erkern, Türmchen und Flügeln, die in alle Richtungen sprießten .
    »Es ist ein Monstrum«, sagte Mario vergnügt. »Papa Tony und mein Vater kauften es billig damals in den Stummfilmtagen während der Wirtschaftskrise. Es fiel dem Staat zu, als der Star, dem es gehörte, Selbstmord beging oder so was. Sie nahmen den alten Tanzsaal auseinander und bauten das Fliegergerüst darin auf.
    Sechs Jahre lang war das damals das Winterquartier für acht oder zehn Fliegerakte, aber heute benutzt es niemand, außer der Familie.« Er stieg aus und nahm Tommys Koffer. »Papa Tony redet ab und zu davon, dass er es zum Verkauf anbieten und etwas Kleineres dafür kaufen will. Wir sind ‘ne ganze Menge. Es ist eine große Familie, aber nicht groß genug für ein Haus wie dieses.
    Aber man kann solche riesigen Bruchbuden nicht mehr verkaufen. Man schaf ft’s kaum noch, sie zu verschen ken.«
    Drei andere Autos parkten in der breiten Einfahrt. Der graue Ford, den die Santellis unterwegs benutzten, ein riesiger schwarzer Hudson und ein kleiner sonnengebleichter MG-Sportwagen, dick bespritzt mit rotem Schlamm auf den Rädern und Kotflügeln.
    »Liss und David müssen wohl ein neues Auto haben«, sagte Mario mürrisch, »aber das ist kein kalifornischer Schlamm. Minnesota-Nummernschild? Keine Ahnung, wem der gehört.« Er ri ss die Tür auf.
    »Komm rein, Tom!«
    Auf den ersten Blick war der Flur dunkel und riesig, von einem altmodischen Kronleuchter erhellt, der mehr Schatten als Licht warf. Ein paar Jacken, Pullover und Kinderüberschuhe lag en auf einer Zedernkommode. Der Teppich auf dem Fußboden war ausgeblichen, abgelaufen, verschlissen. Mario atmete genu ss voll das köstliche Aroma von Kaffee und Gewürzen ein.
    »Riecht, als ob Lucia alles für Neujahr fertig macht.
    Gut.« Er stellte Tommys Koffer ab, und als ob das ein Signal gewesen wäre, erschien Papa Tony am Ende des Flurs. »Bist du es, Matt? Und hast du – ja, ich seh’ schon.
    Tommy! Schön, dich zu sehen.« Er kam den Flur entlang, bewegte sich geräuschlos in seinen Pantoffeln und streckte die Hand aus. Die Ärmel seines blauen Hemdes waren aufgerollt und zeigten die Sehnen seiner dicken, sonnengebräunten Unterarme. Das dichte graue Haar war sorgfältig aus seiner niedrigen Stirn zurückgekämmt, aber die grauen, buschigen Augenbrauen sprangen hervor und unterstrichen seinen mürrischen Gesichtsausdruck.
    Tommy spürte, wie die scharfen dunklen Augen, die ihn kurz von oben bis unten musterten, alles von ihm sahen und aufnahmen, vom losen Knopf an seinem Pullover bis zu den abgetragenen Stellen an seinen Schuhen.
    »Wie geht’s deinem Vater, Tommy?«
    »Sehr gut, danke!«
    »Matt, wo bringen wir ihn unter?«
    »In Johnnys Zimmer, dachte ich.«
    »Nein, Johnny ist hier.« Er sprach den Namen mit einer Betonung aus, die ihn eher wie ›Gianni‹ klingen ließ .
    »Hast du sein Auto nicht in

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