Traumfabrik Harvard
national
life. They can no longer consider themselves merely the instrument for producing an intellectual elite; they must become the
means by which every citizen, youth, and adult is enabled and encouraged to carry his education, formal and informal, as far
as his native capacities permit.« (President’s Commission 1947: 101) Sieht man von der inzwischen politisch inkorrekten Sprache
und Axiomatik (»native capacities«) einmal ab, hat man hier die Blaupause für das »Projekt« Hochschulbildung in der amerikanischen
Nachkriegsgesellschaft, das sie viel stärker umkrempeln und beeinflussen sollte als das spektakuläre Apollo-Projekt zwanzig
Jahre später.
Soziale Öffnung und Chancengleichheit, glaubte man, verlangten nach einer neuen, intensiven
general education.
Der Funktionswandel von
higher
education
hatte mit curricularen Reformen Hand in Hand zu gehen. Diese sollten einerseits für die Vermittlung eines verbindlichen Orientierungswissens
jenseits disjunkter fachlicher Wissensbestände sorgen und andererseits die »cultural foundations for democratic citizenship«
legen (Gregorian 2004). In der politischen Großwetterlage des Kalten Krieges standen daher Pflichtkurse in
Western Civilization
und die Auseinandersetzung mit den
great
books
westlicher Denker seit der griechischen Antike ganz oben auf den Speisezetteln amerikanischer Hochschulen. Verbunden mit einem
unbedingten Bekenntnis zu wissenschaftlicher Objektivität und rationaler Aufklärung verschaffte dies dem rasant wachsenden
System eine gemeinsame normative Grundierung.
Auch für die einzelwissenschaftlichen Disziplinen brach eine große Zeit an. Die
arts and sciences
an den Hochschulen blühten – nicht nur, aber auch dank ihrer Rolle in der
general education
, die nun als »central building block of American higher education« galt (Carnochan 1994: 2). Der Anteil der Collegestudenten,
die ihren
major
in diesen Fächern wählten, und die Zahl |80| ihrer
graduate students
erklommen nie wieder erreichte Höhen. Die »akademische Revolution« war in vollem Gange und sparte keinen Winkel der Hochschulwelt
aus. Viele Spezialeinrichtungen für eine strikt berufsbezogene Hochschulbildung, wie zum Beispiel Lehrerseminare, peppten
sich akademisch auf, verbreiterten ihr Angebotsspektrum, legten sich das eine oder andere
graduate program
zu und transformierten sich langsam aber sicher zu regionalen Universitäten. Auf der Bugwelle dieser Entwicklung gab es immer
mehr Stellen für Hochschullehrer. Aus gerade mal 147.000 im Jahre 1939 wurden 1969 474.000 und weitere dreißig Jahre später
mehr als eine Million. 22 Von 1947 bis zum Ende der 1970er Jahre standen an den US-Hochschulen alle Zeichen auf Sturm und Drang. In drei Jahrzehnten
stieg die Gesamtzahl der
undergraduates
um fast das Fünffache und die der
graduate students
um das Neunfache. Danach stagnierten die Einschreibungen für eine kurze Zeit, weil die Übergangsquote der Schulabgänger an
die Hochschulen abnahm und erst in den 1990er Jahren wieder nach oben zeigte. Dank geburtenstarker Jahrgänge kletterten die
Studentenzahlen trotzdem langsam weiter, so dass aus den gut 2,3 Millionen des Jahres 1947 2005 17,6 Millionen geworden waren.
Dauerte es im ersten Anlauf noch 16 Jahre, bis sich ihre Gesamtzahl verdoppelte, waren in der zweiten Etappe dafür nur noch
sieben Jahre nötig. Danach flachte die Wachstumsrate allerdings wieder deutlich ab.
Ob sich die Studiennachfrage auch ohne staatliche Unterstützung und Förderung ähnlich rasant entwickelt hätte, ist fraglich.
Fest steht, dass sich der Bund auf den Spuren des GI-Bill immer kräftiger in der Hochschulfinanzierung engagierte. Am grundlgenden
Design änderte sich dadurch aber nichts. Der »National Higher Education Defense Act« von 1958 hatte eine Studienförderung
erstmals an die Bedingung finanzieller Bedürftigkeit geknüpft. 1965, als man sich auf dem Weg zu einer
great society
mit gleichen Teilhaberechten für alle Bürger wähnte, machte der Gesetzgeber den Staat erstmals ausdrücklich dafür verantwortlich,
Kindern aus einkommensschwachen Familien den Zugang zu einer Collegeausbildung zu ermöglichen. Mit der zweiten Novelle des
»Higher Education Act« von 1972 entstand das bis heute gültige Regelwerk für eine Förderung einzelner Studienprogramme und
für die Studienfinanzierung durch den Bund. In deren Zentrum stehen sogenannte »Pell Grants« – Stipendien, die aufgrund
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