Traumfaenger
herumstöbert«, entgegnete ich. Needle schnaubte aufgebracht.
»Needle kann nicht alles sehen«, beruhigte mich Matt. »Du musst es dir wie Amazon vorstellen. Er sieht, was es alles gibt, und kann sich eine Art Leseprobe ansehen. Nur, dass es in deinem Fall eine Probe deiner Erinnerungen ist.« Ich kniff die Augen zusammen und musterte den Kobold, der immer noch mit ausgestreckten Armen vor mir stand. Schließlich ergriff ich seine Hände. Needle schloss die Augen und lächelte, während er sich einen Schnelldurchlauf dessen, was ich schon erlebt hatte, ansah.
»Ich will die Erinnerung an die Party am See«, sagte er anschließend und ließ meine Hände los. Ich wusste nicht, was er meinte, und dachte angestrengt nach. »Die, als du deinen ersten Joint geraucht hast und vom Steg ins Wasser gefallen bist«, half Needle mir auf die Sprünge.
Matt sah mich mit einer hochgezogenen Augenbraue an und ich merkte, wie mein Gesicht glühte.
»Einverstanden«, sagte ich schnell, um von dieser Erinnerung abzulenken. »Was wird jetzt geschehen?«, wollte ich wissen.
»Needle wird dir meine Erinnerung zeigen und danach wird er dir deine nehmen«, verriet Matt. Ich zuckte mit den Schultern, denn es machte mir nichts aus, diese Erinnerung zu verlieren. Ich war nicht gerade stolz auf den damaligen Abend. Sollte der Kobold doch damit glücklich werden.
»In Ordnung«, stimmte ich zu. Matt setzte sich im Schneidersitz auf den Waldboden und klopfte mit der Handfläche auffordernd neben sich. Ich setzte mich neben ihn. Wir waren jetzt mit Needle auf Augenhöhe, der dicht vor uns trat.
»Bereit?«, fragte er an uns beide gewandt.
»Moment noch«, sagte Matt. »Du zeigst ihr die Erinnerung von der Lichtung und hörst auf bevor … du weißt schon.« Needle nickte zustimmend. Ich sah Matt fragend von der Seite an.
»Bevor was?«, erkundigte ich mich.
»Das erkläre ich dir ein anderes Mal«, versprach Matt. Ich fragte mich, was er vor mir zu verheimlichen versuchte und verschränkte trotzig die Arme vor der Brust.
»Vergiss es. Wir ziehen diese ganze Sache hier gemeinsam durch und ich möchte mich auf dich verlassen können. Das bedeutet auch, dass wir keine Geheimnisse voreinander haben. Also, was hast du damit gemeint? Was soll ich nicht sehen?«, forderte ich ihn auf.
Matt drehte sich zu mir und nahm mein Gesicht in seine Hände. Er sah mir tief in die Augen.
»Kylie, wir haben jetzt keine Zeit uns mit so etwas aufzuhalten. Bald wird es hell und dann müssen wir hier verschwunden sein, denn dann kommen die Seelenfresser zurück. Vertraust du mir?«
»Ich … ich weiß nicht...«, stammelte ich überrumpelt.
»Vertraust du mir, Kylie?«, wiederholte Matt die Frage.
»Ich glaube schon«, gab ich nach kurzem Überlegen zurück. Matt nickte zufrieden.
»Gut, lass uns jetzt anfangen«, beschloss er.
»Dann wollen wir mal«, sagte Needle und legte eine Hand auf Matts Stirn, die andere auf meine. »Schließt eure Augen«, befahl der Kobold und wir taten es.
Es war ein Gefühl, als würde ich von der Stelle, an der ich mich gerade befand, in einen dichten Nebel gesogen, der sich langsam auflöste. Ich stand am Rand einer Lichtung, in einem schützenden Dickicht verborgen und starrte auf die Szenerie vor mir.
Mitten auf der freien Fläche stand ein kleiner Junge, der nicht älter als zehn Jahre alt sein konnte, und klammerte sich ängstlich an einen Teddybären. Seine Augen waren angsterfüllt und er sah sich immer wieder erschrocken um. Es wirkte, als würde er sich im Kreis drehen. Ich war gerade dabei mich zu fragen, warum er das tat, als ich die erste Gestalt am Rand der Lichtung sah, die sich dem kleinen Jungen langsam näherte.
Als die Person auf die Lichtung trat und das Mondlicht sie in helles Licht tauchte, zuckte ich erschrocken zusammen. Das, was ich da sah, war kein Mensch. Das Wesen war zwar genauso groß wie ein Mensch, aber seine Haut war grau und wirkte wie aus Leder. Mein Blick wanderte zu seinem Gesicht und ich erschauderte.
Die Augen dieses Dings waren blutunterlaufen und die Pupillen waren leuchtend gelb. Dort, wo sich normalerweise die Haare befanden, war nur ein dünner Flaum zu erkennen, der den kantigen Schädel nicht verbergen konnte.
Als die Kreatur den Mund öffnete, hätte ich um ein Haar laut geschrien, denn ihr Gebiss bestand nur aus spitz zulaufenden Zähnen. Zwei Fangzähne, wie man es von Vampirgeschichten kannte, waren besonders lang und furchteinflößend.
Als der kleine Junge
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