Traumfrau ahoi: Roman (German Edition)
abgenommen – alle seine Waffen und seine Kommunikationsgeräte, sogar seine Uhr. Er hatte nichts, womit er sich wehren konnte, und wenn sie ihn fanden, war er ihnen hilflos ausgeliefert. Seine Pechsträhne hatte ihm zu allem Überfluss auch noch eine verweichlichte Zivilistin und ihren nervenden Köter beschert. Er schüttelte sein Bein, worauf der kleine Kläffer über den Holzboden rutschte.
»Lassen Sie mich los, dann tue ich, was Sie sagen, und setze mich hin.«
Er glaubte ihr kein Wort. Er konnte sich nicht vorstellen, dass sie nicht irgendetwas versuchen würde, und in seinem angeschlagenen Zustand würde er es nicht einmal kommen sehen. Er hatte in dieser Nacht schon zu viel durchgestanden, um sich von ihr jetzt den Rest geben zu lassen. Er kniff die Augen zusammen, worauf die doppelten Bilder zu einem einzelnen verschmolzen. Das Hecklicht des Seglers glitt an ihnen vorbei, und zu seiner ungeheuren Erleichterung setzte die Doppelsichtigkeit nicht wieder ein.
»Wer sind Sie?«, fragte die Frau.
»Ich bin einer von den Guten.«
»Klar«, sagte sie, doch es klang keineswegs überzeugt, sondern eher so, als wollte sie ihn beschwichtigen.
»Das ist die Wahrheit.«
»Die Guten stehlen keine Boote und kidnappen keine Frauen. «
Das war ein Argument, aber trotzdem irrte sie sich. Manchmal war die Grenze zwischen den Guten und den Bösen so verschwommen wie seine Sicht. »Ich habe dieses Boot nicht gestohlen, ich habe es requiriert. Und Sie habe ich nicht gekidnappt. «
»Dann bringen Sie mich zurück.«
»Nein.« Max hatte das beste Training erhalten, das das Militär zu bieten hatte. Abgesehen von dem Fiasko dieser Nacht, konnte er besser schießen als jeder andere. Er konnte praktisch jede Alarmanlage umgehen, sich nehmen, was er brauchte, und zum Abendbrot wieder zu Hause sein, doch er wusste aus Erfahrung, dass eine hysterische Frau eine sichere Lage in eine höllisch gefährliche verwandeln konnte. »Ich will Ihnen nichts tun. Ich muss nur zusehen, dass ich aus Nassau wegkomme. «
»Wer sind Sie?«
Er spielte mit dem Gedanken, ihr irgendeinen erfundenen
Namen zu nennen, doch da sie wahrscheinlich ohnehin erfuhr, wie er hieß, wenn sie ihn wegen Entführung verhaften ließ, entschied er sich für die Wahrheit. »Ich bin Korvettenkapitän Max Zamora«, antwortete er, was jedoch nicht ganz der Wahrheit entsprach. Er verschwieg, dass er den Militärdienst quittiert hatte und inzwischen für eine Regierungsabteilung arbeitete, die offiziell nicht existierte.
»Lassen Sie mich los«, forderte sie, worauf Max das erste Mal auf das undeutliche Bild seiner Hände an ihren Handgelenken hinabsah. Seine Fingerknöchel pressten sich in ihre weichen Brüste, und schlagartig spürte er jeden Zentimeter ihres schmalen Rückens an seinem Brustkorb. Ihr wohl gerundetes Hinterteil schmiegte sich an seine Weichteile, und Begierde mischte sich in den Schmerz seiner angeknacksten Rippen und in das Dröhnen in seinem Kopf. Es empörte und überraschte ihn gleichermaßen, dass er zu irgendeiner Empfindung außer Schmerzen überhaupt in der Lage war. Das Bewusstsein ihrer unmittelbaren Nähe breitete sich in seinem Körper aus, doch er schob es von sich, unterdrückte es und verbannte es in die dunklen Winkel seiner Seele, wo er sämtliche Schwächen verbarg.
»Versuchen Sie noch einmal, mich zu schlagen?«, fragte er.
»Nein.«
Er ließ sie los, und sie flüchtete aus seiner Umklammerung, als ob ihre Kleider in Flammen stünden. Er sah sie in einer Ecke der dunklen Kabine verschwinden und wandte sich wieder dem GPS zu.
»Hierher, Baby.«
In der Annahme, sich verhört zu haben, starrte er sie über die Schulter hinweg an. »Wie bitte?«
Sie hob ihren Hund vom Boden auf. »Hat er dir wehgetan, Baby Doll?«
»Gütiger Gott«, seufzte er, als wäre er in irgendetwas Ekliges
getreten. Sie nannte ihren Hund Baby Doll. Kein Wunder, dass er so eine widerliche kleine Nervensäge war. Er wandte sich dem Radarsystem zu und schaltete es ein. Der Bildschirm wurde hell und ließ eine graue, verschwommene Masse von Linien und Ziffern erscheinen. Max blinzelte und stellte die Schärfe ein. Auf der Backbord-Seite des Bildschirms erkannte er gerade eben die Umrisse der rasch näher kommenden Andros-Inseln, an Steuerbord die Kette der Berry-Inseln. Sein Sehvermögen war noch nicht so weit wiederhergestellt, als dass er die Angaben zu den Längen- und Breitengraden hätte entziffern können, doch er ging davon aus, dass er, solange
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