Traumfrau mit Fangzähnen
Frauen Mitte dreißig mit beinahe identischen Brillen, die in regelmäßigen Abständen zur Tür blickten – vielleicht Redakteurinnen, die nach einem langen Tag im Verlag Feierabend machten.
So weit wie möglich von der Tür entfernt und so nahe wie möglich am Fernseher hockten einige vollkommen normal aussehende Typen, vermutlich Feuerwehrmänner, die gerade keinen Dienst hatten. Sie unterhielten sich mit zwei älteren Männern, bei denen es sich meiner Meinung nach um Zivilfahnder handelte. Der eine war klein, hatte Hundeaugen und trug eine alte Armeejacke. Der andere war ein muskulöser Schwarzer in einer Sportjacke, der sich ununterbrochen im Raum umsah und mir schließlich direkt in die Augen blickte. Ich schaute schnell woandershin, und als ich wieder zu ihm zurücksah, lehnten er und sein Partner ohne Glas in der Hand mit ernsten Mienen an der Wand und beobachteten die Leute. Gehörten sie vielleicht zur Drogenfahndung?
Ich betrachtete nun auch die übrigen Gäste, größtenteils Gruppen von Jugendlichen in Designerklamotten. Sie wogten aufeinander zu und voneinander weg wie bei einem modernen Paarungstanz, und ihr Lachen explodierte stakkatoartig, schnell und laut. Für viele war der Pub wahrscheinlich die erste Station einer langen Nacht, die irgendwo in Soho enden würde. Ich spürte deutlich die Aura disharmonischer Energie, die die Jugendlichen umgab und die aus mehr bestand als frustrierter Sexualität und entfesselten Hormonen. Was es genau war, wusste ich nicht, doch es war alles andere als gut.
Im hinteren Teil des Raums, in dem auf einer großen Leinwand ein Fußballspiel übertragen wurde, teilte sich die Menschenmenge für einen kurzen Augenblick. Ich nahm gerade einen Schluck Guinness, doch als ich sah, wer plötzlich keine fünfzehn Meter von mir entfernt stand, verschluckte ich mich und musste husten. Darius. In Fleisch und Blut. Ich wurde leichenblass, meine Gedanken waren wie betäubt, und ich erstarrte zu Eis.
Benny sah mich an und fragte: »Hey, ist alles in Ordnung mit …« Dann drehte sie sich in die Richtung meines Blickes um. Als sie Darius ebenfalls erspähte, stieß sie einen spitzen Schrei aus. Kurz darauf wurde er wieder von der Menge verdeckt.
Ohne nachzudenken, sprang ich auf und drängte mich durch die Menge, um so schnell wie möglich in den hinteren Teil des Pubs zu gelangen. Es war zwar vollkommen unvernünftig, aber ich wollte Darius sehen, mit ihm reden, auf dem gleichen Fleckchen Erde stehen wie er. Vier Typen in Fußballtrikots und mit Bier in der Hand blockierten den Weg. »Entschuldigung, kann ich mal vorbei?«, rief ich, während ich mühsam einen Schritt vorwärts machte. »Entschuldigung, ich muss hier durch.« Wie zähflüssiger Sirup bewegten sich die Männer auseinander, ich quetschte mich durch die Lücke und entdeckte schließlich Darius’ blonde Haare und seine braune Lederjacke. Ich duckte mich unter dem Ellbogen eines Typen hindurch und stand plötzlich nur noch wenige Schritte von Darius entfernt, so nahe, dass ich die Hand hätte ausstrecken und ihn hätte berühren können.
»Darius!«, rief ich gerade so laut, dass er mich trotz der Musik verstehen konnte. Mein Herz raste.
Er wandte sich zu mir um, und zwischen uns loderten Gefühle auf wie Blitze in einem Sommergewitter. Doch dann schlug irgendwo in ihm eine Tür zu, und Darius’ Gesichtszüge erstarrten zu Eis. Seine Augen wurden kalt, und um seinen Mund bildete sich ein harter Zug. »Darius …«, begann ich und machte einen Schritt auf ihn zu, doch in diesem Moment erschien hinter ihm eine Angelina-Jolie-Doppelgängerin in einem schwarzen, paillettenbesetzten Top und engen Jeans und legte ihre Hand auf seinen Arm. Sie zog ihn zu sich heran, um ihm etwas ins Ohr zu flüstern. Dann hob sie ihren Blick und sah mich mit einem grausam triumphierenden Lächeln an. Ihre Augen glitzerten dabei hasserfüllt.
Meine Reaktion auf diese Frau war reiner Instinkt: Ich sah im wahrsten Sinne des Wortes rot. Adrenalin schoss durch meinen Körper, meine Sinne vibrierten und ließen mich in meiner Bewegung innehalten. Ich verspürte eine Mischung aus Eifersucht, Verbitterung und einer bevorstehenden Bedrohung. Darius fixierte die Frau, als wäre sie die einzige Person im Raum. Er wandte mir den Rücken zu, legte den Arm um sie und sah sich nicht mehr ein einziges Mal um, als er mit ihr davonging.
Ein ungeheurer Schmerz fuhr durch meinen Körper, schnürte meine Kehle zu und ließ Tränen in mir
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