Traumfrau mit Geheimnis
nach Somerset gekommen waren, von der Einfahrt zu Evelyns Haus verschwunden war.
Natürlich hatten sie allen Grund, den Abend woanders zu verbringen. Nach dem peinlichen Zwischenfall heute Nachmittag, bei dem sie den armen Mann aus Versehen mit Eistee überschüttet hatte, waren sie vielleicht ganz abgereist. Und das war für alle das Beste, nicht wahr?
Einen winzigen Augenblick lang dachte Reva über Tewandas schockierenden Vorschlag nach. Natürlich konnte sie mit Dean schlafen, ohne irgendwelche Versprechen zu machen oder ihn gar in ihre Vergangenheit einzuweihen. Es war ein verführerischer, wenn auch völlig egoistischer Gedanke.
Das einzige Problem dabei bestand darin, dass sie Sex und Liebe schlecht voneinander trennen konnte. Für sie gab es das eine nicht ohne das andere.
Eddie war bisher der einzige Mann in ihrem Leben und ihrem Bett gewesen, und ihn hatte sie vorbehaltlos geliebt. Natürlich war sie jung, unerfahren und dumm gewesen, aber das änderte nichts an der Tatsache, dass sie ihm ihr ganzes Herz geschenkt hatte. Seine Lügen und sein Verrat zerstörten am Ende alles und hatten ihr den Glauben an das Gute und Schöne genommen. Wenn Cooper nicht gewesen wäre, hätte sie diesen Schlag kaum überlebt.
Was ihr guten Grund gab, sich nie wieder zu verlieben. Ein zweites Mal würde sie sich nicht davon erholen, wenn jemand ihr das Herz brach. Und heute fiel sie natürlich auch nicht mehr darauf herein, wenn ein Mann ihr die große Liebe vorspielte, um zu bekommen, was er wollte. Obwohl sie zugeben musste, dass Dean sie möglicherweise doch überzeugen konnte.
Alan hatte das Teleskop in den Wagen gepackt und war davongefahren, so dass Dean praktisch in Somerset festsaß. Das störte ihn im Moment weniger als die Tatsache, dass er ohne das Teleskop das Haus nicht mehr sehen konnte, sobald es dunkel geworden war. Er saß am Fenster und blickte auf die leere Straße hinunter.
Bisher war jede Nacht ohne Ausnahme ruhig, geradezu langweilig verlaufen. Wenn in Revas Haus die Lichter ausgingen, lag die Straße verlassen da und nichts rührte sich mehr. Warum also fiel es ihm so schwer, zu Bett zu gehen?
Vielleicht hatte Alan recht, und Pinchon war schon so gut wie verhaftet. Aber wieso hatte sein Partner dann nicht angerufen? Er brannte doch geradezu darauf, Dean mitzuteilen, dass seine Anwesenheit in Somerset nicht mehr nötig war.
Es ging auf elf zu, als sein Mobiltelefon klingelte.
„Sinclair.“
„Pinchon ist uns entwischt“, gab Alan zähneknirschend zu. „Du hattest wahrscheinlich recht. Er muss seine Pläne geändert haben.“
„Kommst du zurück?“, fragte Dean, ohne das Haus auf der anderen Straßenseite aus den Augen zu lassen.
„Wenn du mich brauchst, kann ich es hinbiegen. Aber eigentlich glaube ich, dass ich hier von größerem Nutzen bin.“
Dean dachte einen Augenblick nach. „Bleib, wo du bist“, sagte er dann. „Und halt mich auf dem Laufenden.“
„Natürlich.“
Als er aufgelegt hatte, dachte Dean ernsthaft darüber nach, ins Bett zu gehen. Es war ein langer Tag gewesen, und Muskeln schmerzten an Stellen, wo er gar keine vermutet hatte.
Allerdings erinnerte er sich nur zu gerne daran, wie Reva ihm am Nachmittag Eistee in den Garten gebracht hatte. Sie hatte den Rasen überquert wie eine Fee. Der Saum ihres langen Kleides umschmeichelte ihre Beine bei jedem Schritt, und er konnte den Blick nicht lösen von ihrer schlanken, sexy Gestalt.
Als sie herangekommen war, hatte sie den Kopf gehoben, ihn direkt angesehen, war über ihre eigenen Füße gestolpert und hatte ihn mit einem Schwall Eistee übergossen. Eine herrliche Erfrischung.
Ihr zuzusehen, wie sie ihre mühsam aufrechterhaltene Fassung verlor, war sogar noch besser.
Mochte auch Alan davon überzeugt sein, dass sie log wie gedruckt – er selbst war von ihrer Unschuld überzeugt.
Plötzlich blitzte gegenüber ein Licht auf. Dean stand auf und trat dichter ans Fenster. Atemlos wartete er, und der Lichtblitz wiederholte sich. Es sah aus wie der Strahl einer Taschenlampe, und er kam aus Revas Restaurant.
Pinchon ist uns entwischt, hörte er Alans sagen.
Dean griff nach seiner Waffe und steckte sie in den Hosenbund. So schnell und leise wie möglich schlich er die Treppe hinunter, zuckte zusammen, als eine Stufe knarrte. Hoffentlich hatte Miss Evelyn einen festen Schlaf. Dass die alte Dame alle Lichter einschaltete und ihm mit der Schrotflinte nach draußen folgte, hätte ihm gerade noch gefehlt.
Im Schatten
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