Traumfresser 3 - Die Alchemie des Bösen
Bouillon kam ihm in den Sinn. Das waren lebende Wesen, eingelegt wie Stew-Fleisch in der Küche. Das gesamte Unterfangen, jeder in Messing eingefasste Zentimeter davon, war einfach obszön.
»Es wird nicht funktionieren«, rief er durch die Glaswand. »Ich sehe die Sepsis an Ihren Händen – Sie verrotten von innen heraus. Dass Sie stehen können, ist ein Wunder.«
»Kein Wunder, Doktor – bewusst geplant. Obwohl die Zeit knapp wird …«
Svenson folgte Vandaariffs Blick. Mr. Foison kam in den Raum gehumpelt, einen blutigen Verband um den rechten Oberschenkel. Vandaariffs eleganter Captain war so lädiert wie der Doktor. In der einen Hand hielt er ein Silbermesser und in der anderen einen Lederkoffer. Mit grausamer Klarheit wusste Svenson, dass es der gleiche Koffer war, den er Miss Temple in der Therme gegeben hatte.
Trooste und seine Gehilfen folgten Foison und trugen den bis zur Taille nackten und bewusstlosen Kardinal Chang herein. Bevor Svenson sich rühren konnte, hob Foison sein Messer.
»Ist … ist er …«
»Tot? Nein.« Foison nickte zu dem Lederkoffer. »Aber ich würde auch nicht sagen, dass Kardinal Chang bei sich ist.«
Chang wurde mit dem Gesicht nach unten auf den Tisch geschnallt, den Kopf auf einem gepolsterten Rahmen wie für eine Operation. Ein Akolyth reinigte vorsichtig die Narbe am unteren Rücken. Svenson verzog angesichts der starken Entzündung das Gesicht.
»Mr. Foison war etwas ungestüm, doch das Gefäß ist angekommen.« Vandaariff hustete röchelnd, griff nach einer flachen Schale und spuckte dann etwas aus, das wie ein Stück geronnenes Gelee aussah. »Ich bin … unrein – nicht dazu bestimmt, eine so zerbrechliche Hülle zu haben … doch sie zu verlassen heißt zu sterben.
»Sie werden sich nicht besser fühlen«, rief Svenson. »Robert Vandaariff war in Parchfeldt ein gesunder Mann, bevor er mit dem Buch in Kontakt gekommen ist, und binnen wenigen Monaten wurde sein Körper zerstört. Obwohl Chang noch gesünder ist, wird ihm das Gleiche widerfahren. Egal wie sie ihn alchemistisch präparieren , Sie werden den gleichen unaufhaltsamen Verfall erleben.«
»Kontakt mit einem Buch?«, murmelte Vandaariff. »Welches Buch ? Ich habe sämtliche Ärzte konsultiert. Der Abgrund, an dem ich stehe, hat seine Ursache in Schwindsucht, verstärkt durch einen besonders schweren Fall von Blutfieber. Als letzten Ausweg habe ich auf die faszinierenden Forschungen des verstorbenen Comte zurückgegriffen.«
Er zuckte mit den Schultern, während er zu Foison blickte, als wolle er sich für Svensons provozierende Theorien entschuldigen.
»Das ist eine Lüge«, sagte Svenson zu Foison. »Sie sollen ihn beschützen.«
Trooste entnahm der Wanne von Mrs. Kraft einen Becher Flüssigkeit und hob ihn ans Licht. Ein Akolyth mit einem Tablett voller Fläschchen stand bereit. Trooste kippte die Flüssigkeit zurück in die Wanne, wählte ein Fläschchen aus und verteilte umsichtig seinen Inhalt … schimmernde Flocken, die golden glänzten. Das Fläschchen wurde wieder verschlossen, und sie gingen weiter zu Harcourt. Ein weiterer Becher, der ins Licht gehalten wurde, ein weiteres Fläschchen, doch bei Harcourt waren es dunkle Kügelchen.
Der Doktor setzte Foison unter Druck. »Heute im Institut haben Sie den Professor gefragt, ob er Lord Vandaariffs Pläne beunruhigend fände …«
»Offensichtlich ein Test«, sagte Vandaariff.
»Offensichtlich«, wiederholte Trooste. Foison sagte nichts.
Svensons Stimme erhob sich zu einem Brüllen. »Das sind gute Männer – Cunsher, Gorine! Sie verdienen solch eine barbarische Behandlung nicht! Das ist Kannibalismus – entgegen jedem vernünftigen Grundsatz –, Gott, wie können Sie das nicht erkennen?«
Foison sagte nichts. Vandaariff klopfte mit seinem Stock gegen das Glas.
»Wenn Ihr Zorn es erlaubt, Doktor, hätte ich selbst eine Frage an Mr. Foison. Genau genommen sind es zwei. Die erste bezüglich des Geständnisses – während des Initiationsritus kommen Geheimnisse an den Tag – von Professor Trooste. Er schwört, dass Doktor Svenson heute im Institut zwei Glasbücher zerstört und eins behalten hat. Irgendwie ist dem Doktor das Buch abhanden gekommen, wahrscheinlich in der Königlichen Therme, weil Sie es offenkundig gefunden haben. Doch in dem Tumult während Kardinal Changs Ankunft und bei der darauffolgenden Ernte habe ich keine Einzelheiten erfahren. Wer von den möglichen Kandidaten hat wohl das Buch dem Doktor abgenommen – Drusus
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