Traumgirl auf Hawaii
Pfeifen zu hören. Ethan grinste noch immer und atmete schwer mit Daisys Knie im Rücken. Lilly hatte nach wie vor Angst, denn irgendetwas musste jetzt passieren. Und sie spürte, dass Ethan, obwohl er noch nichts unternommen hatte, versuchen würde, sie zu retten.
Daher beschloss sie, ihm zuvorzukommen. “Ich werde euch den Berg hinunterführen”, erklärte sie. “Ich begleite euch, bis ihr fliehen könnt, falls ihr das wollt. Zwei von den Männern sind meine Onkel, ein weiterer ist mein Cousin. Sie werden euch also nichts tun, solange ihr mich habt. Außerdem wird Ethan es nicht mehr den Berg hinunter schaffen. Ihr seht ja selbst, in welchem Zustand er ist.”
“Lilly!”, riefen drei männliche Stimmen gleichzeitig; eine davon gehörte Ethan.
“Ach, kommt schon”, erwiderte sie. “Ich liege hier mit einem Pistolenlauf im Ohr, und der wird nicht eher verschwinden, bis irgendjemand eine Entscheidung getroffen hat. Und weißt du was, Onkel Danny? Ich mag es nicht, wenn man mir einen Pistolenlauf ans Ohr hält.”
“Schon kapiert, Mädchen.”
“Außerdem brauchen sie einen Einheimischen, der ihnen die Abkürzung nach unten zeigt”, fügte Lilly hinzu.
Und da ihre Onkel Hawaiianer waren, brauchte sie nicht zu erwähnen, dass sie eine noch viel bessere Abkürzung kannte.
“Lilly, nicht”, bat Ethan.
Sie wandte sich ab.
Er verstand sie nicht. Dies war ihr Territorium, und es waren ihre Verwandten. Und Ethan war ihre große Liebe. Sie durfte nicht zulassen, dass einem von ihnen etwas zustieß, und sie konnte es eher verhindern als er, weil sie sich hier auskannte.
Schließlich marschierte Lilly mit Tick, Trick, Louise und Daisy den Pfad hinunter. Sie fesselten ihr nicht die Hände, da sie sie zur Balance brauchte. Sie stellten sie auch nicht zur Rede, wenn sie sich für Pfade entschied, die die Gangster nicht genommen hatten, denn sie war eine echte Hawaiianerin und ortskundig. Und als sie die vier durch den heißesten, feuchtesten und unwegsamsten Teil des Regenwaldes führte, schleppten sie sich tapfer hinterher, in der Gewissheit, dass sie Lillys Verwandte und die berühmte Geisel gefesselt in der Hütte nahe dem Berggipfel zurückgelassen hatten.
Daher war Lilly als Einzige nicht überrascht, als der Regenwald plötzlich zum Leben erwachte, nachdem sie zwei Stunden marschiert waren. Es knackte im Unterholz, und Kugeln pfiffen durch die Luft. Lilly warf sich blitzschnell auf den Boden und rollte sich zur Seite. Mit über dem Kopf verschränkten Händen blieb sie liegen, bis die Schießerei vorbei war und sie das Lachen ihres Onkels hörte.
“Du warst klasse”, lobte er sie. “Tutu Mary wird stolz auf dich sein.”
Vorsichtig hob Lilly den Kopf und sah, dass jeder der Kidnapper von einem kräftigen schwarzhaarigen Mann in Schach gehalten wurde. Erst jetzt stand sie auf und warf sich ihrem Onkel Danny in die Arme.
“Ich wusste, du würdest kommen!” Sie lachte, umarmte und küsste den riesigen Mann, bis er errötete. Das Gleiche wiederholte sie bei jedem der Männer, sogar bei Sheriff Tanaka, der über sein Walkie-Talkie um Verstärkung bat.
“Mir war klar, dass wir keine Probleme bekommen würden, sobald du sie genug erschöpft hattest”, erklärte er. “Dein Freund sagt, du bist so gut wie zehn Polizisten.”
“Mein …” Sie hielt inne. “Ist alles in Ordnung mit ihm? Habt ihr ihn in der Hütte gelassen?”
“Na ja, wir …”
Alle schauten sich jetzt um.
“Au weia”, murmelte Onkel Danny.
“Ist er etwa mit euch heruntergekommen?”, fragte Lilly empört. “Ihr habt ihn diesen Pfad hinuntermarschieren lassen?”
“Wir konnten ihn einfach nicht davon abhalten, kleine Lilly. Dieser Junge ist verrückt nach dir. Er wollte nicht auf uns hören. Hat jemand Lillys Freund gesehen?”
“Ethan!”, schrie sie und bahnte sich wie besessen einen Weg durch die dichte Vegetation, in der selbst ein Elefant verborgen geblieben wäre.
“Er hat mich k. o. geschlagen”, meinte Tick von seinem Platz am Boden aus. Seine Hände waren auf den Rücken gefesselt. “Sonst hätte ich es euch gezeigt.”
Lilly rannte in die Richtung, und alle anderen auch. Doch es war Lilly, die über ein Paar nackte Füße stolperte und erkannte, dass es Ethans waren. Sie kniete neben ihm nieder und entdeckte frisches Blut. Offenbar war er über etwas gestolpert und gestürzt.
“Onkel Danny!”, rief sie verzweifelt und hielt Ethan bereits in den Armen. “Oh Gott, Onkel Danny!”
Onkel Danny kam.
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