Traumjaeger und Goldpfote
Gewalt gefunden, und niemand aus dem Volk hatte etwas gesehen oder gehört, das ungewöhnlich gewesen wäre. Tagaus, tagein setzte er die Suche nach ihr fort – müde, doch wie unter einem schrecklichen, unbarmherzigen Zwang. Zuerst seine Familie und der Ort seiner Geburt und nun dies!
Nach dem dritten Tag gab sogar Spindelbein auf.
»Traumjäger, ich weiß, dass es eine furchtbare Sache ist«, sagte sein Freund, »aber manchmal ruft Tiefklar, und wir folgen ihrem Ruf. Das weißt du.« Spindelbein blickte zu Boden und suchte nach Worten. »Goldpfote ist fort. Das ist nicht zu ändern, fürchte ich.«
Fritti nickte, als verstehe er, und Spindelbein machte sich auf, um zum Volk zurückzukehren. Traumjäger indessen dachte nicht daran, seine Suche aufzugeben. Er wusste, dass richtig war, was Spindelbein gesagt hatte, doch er spürte deutlich – auf eine Weise, die er nicht ganz verstand –, dass Goldpfote nicht zu Tiefklar gegangen war, sondern irgendwo auf den Feldern der Erde lebte und seine Hilfe brauchte.
Einige Tage später tastete sich Fritti durch eine Ligusterhecke, wo er und Goldpfote sich oft spielend gebalgt hatten, als er auf Langstrecker stieß.
Der alte Jäger machte weniger Lärm als die windgebeutelten Herbstblätter, als er sich näherte, und bewegte seinen gelbbraunen Körper selbstsicher und ohne überflüssige Schnörkel. Als er Fritti erblickte, blieb Langstrecker stehen, ließ sich auf die Hinterbacken nieder und musterte den jungen Kater mit einem abschätzenden Blick. Beim Versuch, seinen Kopf respektvoll zu neigen, verfing sich Fritti mit der Nase in einem Ligusterzweig und stieß einen verlegenen Schmerzenslaut aus. Langstreckers kühl prüfende Miene wurde freundlicher und heiterte sich auf.
»
Nre’fa-o
, Langstrecker«, sagte Fritti. »Tut dir heute … äh … die Sonne wohl?« Er schloss mit einer unbeholfenen Geste, und da der Tag tiefgrau und verhangen war, wünschte er plötzlich, er hätte überhaupt nichts gesagt und wäre unter dem Ligusterbusch in Deckung geblieben.
Als er sah, wie verlegen die junge Katze war, schmunzelte Langstrecker in seinen Bart und ließ sich auf dem Boden nieder. Dort räkelte er sich träge zurecht, den Kopf erhoben, und sein Körper vermittelte den trügerischen Eindruck, er sei entspannt.
»Einen guten Tanz wünsche ich dir, Kleiner«, erwiderte er, und dann nahm er sich Zeit für ein mächtiges Gähnen. »Ich sehe, dass du noch immer auf der Jagd bist nach … wie hieß sie doch gleich … Plattpfote, stimmt’s?«
»Gold … Goldpfote. Ja, ich suche sie noch immer.«
»Nun …« Der ältere Kater blickte ein Weilchen umher, als suche er nach einer winzigen, unbedeutenden Kleinigkeit, die ihm entfallen war. Schließlich sagte er: »O ja … das war es. Natürlich. Du solltest heute Abend zum Nasentreff kommen.«
»Was?« Fritti war verblüfft. Nasentreffs waren etwas für Ältere und Jäger und wichtigen Angelegenheiten vorbehalten. »Warum sollte ich zum Nasentreff gehen?«, keuchte er.
»Nun …« Langstrecker gähnte erneut. »So wie ich die Sache sehe – obgleich, bei Harar, ich Besseres zu tun habe, als auf das Kommen und Gehen von euch Jungen zu achten –, also, nach dem, was ich erfahren habe, scheinen seit dem letzten Treffen viele aus dem Volk verschwunden zu sein. Sechs oder sieben, eingeschlossen deine kleine Freundin Goldlocke.«
»Goldpfote«, verbesserte Fritti geduldig – doch Langstrecker war verschwunden.
Über der Mauer stand Tiefklars Auge und leuchtete, ein hoheitsvolles Zeichen gegen die Schwärze der Nacht.
»Wir haben diese Schwierigkeit ebenfalls gehabt, und einige der Mütter sind deswegen sehr besorgt. Sie sind in der letzten Zeit überhaupt nicht gut zu ertragen. Sie sind misstrauisch, versteht ihr?«
Der Sprecher war Schlammläufer, der zu einem anderen Stamm des Volkes gehörte, der auf der anderen Seite des Grenzwäldchens wohnte. Sie hatten ihre eigenen Treffen, und zwischen ihnen und Frittis Stamm hatte es selten mehr als eine flüchtige Verbindung gegeben.
»Ich will sagen«, fuhr Schlammläufer fort, »dass das nicht natürlich ist. Ich meine, wir verlieren natürlich jedes Jahr ein junges Pärchen … und gelegentlich einen Kater, der beschließt, sich aus dem Staub zu machen, ohne jemandem Bescheid zu sagen.
Fela -
Geschichten
in der Regel, wenn ihr meine Meinung hören wollt. Aber in der letzten Tatze voll von Tagen sind drei von uns verschwunden. Das ist nicht natürlich.« Die Katze,
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