Traumlos, Band 1: Im Land der verlorenen Seelen (German Edition)
streckt ihre Hände nach Hailey aus, aber diese weicht zurück. Caleb steht wie versteinert dort und betrachtet die Szene. Wolf wirkt nicht beeindruckt.
»Sie wurde geprägt«, erklärt er schlicht und dreht sich um. »Jede Rettung kommt zu spät.«
»Das kann nicht dein Ernst sein!«, widerspricht Hailey. »Sie ist unsere Freundin, wir müssen ihr helfen!«
»Ich bin nicht eure Freundin«, faucht Kira und kneift ihre Augen zu engen Schlitzen zusammen.
»Doch, das bist du«, sagt Caleb mit fester Stimme und tritt auf sie zu. Kiras Augen weiten sich vor Überraschung.
»Du? Deshalb ist sie also hier. Sein Plan ging auf.«
»Wessen Plan?«, fragt Hailey zittrig.
»Der Plan des Mannes mit der Brille und den tiefblauen Augen.« Kiras Blick wandert in weite Ferne. »Er hat mir versprochen, mir meine Erinnerungen zurückzugeben, wenn ich euch beide töte. Aber ihr lebt. Solange ihr lebt, weiß ich nicht, wer ich bin.« Sie lässt die Stäbe los und sinkt auf den Boden. »Ich will doch nur wissen, wer ich bin.« Ein Schluchzen entrinnt ihrer Kehle. Herzzerreißend, einsam, voller Verzweiflung.
»Wir helfen dir.«
Wolf sieht Caleb verächtlich an.
»Du willst einer Geprägten helfen? Nur Jonathan kann ihr die Erinnerungen zurückgeben.«
»Sie ist meine Freundin, ich lasse sie nicht im Stich.«
Während der Diskussion steht Hailey sprachlos daneben und schüttelt immer wieder den Kopf. Der Präsident ist also wirklich für all das verantwortlich. Jonathan Keisar wollte sie umbringen lassen. Die Gewissheit macht Hailey noch mehr zu schaffen als die bloße Vermutung. Jetzt gibt es kein Zurück mehr.
Zielsicher geht sie auf die Tür zu und öffnet sie. Kira schießt in die Höhe, greift Hailey aber nicht an. Unverständlich legt sie den Kopf schief.
»Warum holst du mich hier raus?«
»Du weißt es nicht mehr, aber wir sind Freunde. Deshalb helfe ich dir.«
»Und weil ich dir die Liebe deines Lebens genommen habe« , fügt sie in Gedanken hinzu. Kira steht regungslos da, Wolf hält seine Waffe auf sie gerichtet.
»Wir werden dir helfen, deine Erinnerungen zurückzubekommen.« Caleb stellt sich neben Hailey und sieht Kira fest in die Augen. »Bitte glaub uns.«
»Ich will nur meine Erinnerungen zurück«, murmelt Kira und sieht flehend in die Runde. Caleb nickt verständnisvoll.
»Ich kenne dich schon lange und werde dir dabei helfen. Komm mit Hailey und mir.«
»Hailey?«, wiederholt Kira überrascht. Ihre Augen weiten sich ungläubig. »Du bist Hailey?«
Die Angesprochene ist sich nicht sicher, wie sie reagieren soll. Zaghaft nickt sie.
»Dann seid ihr meine Freunde«, erwidert Kira schlicht und tritt mit erhobenen Händen aus der Zelle. »Ich weiß nicht, wie ich heiße. Aber als der Mann mich danach fragte, nannte ich deinen Namen. Ich muss dich also wirklich kennen. Und wenn ich dich kenne, kennst du mich auch«, erklärt sie und lächelt. Haileys Herz zieht sich schmerzhaft zusammen. Sobald Kira sich an die komplette Wahrheit erinnert, wird sie zu einem Problem. Eifersucht ist eine starke Emotion und hat Menschen schon häufig merkwürdige Dinge tun lassen.
»Kommt jetzt«, drängt Wolf und wirft einen Blick auf die Anzeige.
1:59
»Ihr überprüft die Zellen auf der rechten, ich die auf der linken Seite. Kira, du verhältst dich still.«
Wie geheißen, machen sie sich an die Arbeit. Während Caleb und Hailey abwechselnd in leere Zellen spähen, arbeitet ihr Verstand fieberhaft. Sie muss Macy wiederfinden. Plötzlich stößt Caleb einen überraschten Laut aus und stolpert von der Tür weg.
»Caleb, was ist?«
Er starrt einen Mann an, der sich an den Gitterstäben festklammert. Sein Gesicht kommt Hailey merkwürdigerweise bekannt vor. Die schwarzen Haare sind an den Schläfen schon leicht grau, das Grün seiner Augen leuchtet intensiv.
»Lian«, bringt Caleb hervor und bestätigt Haileys Vermutung. »Papa?«, haucht Hailey atemlos.
Ruckartig wirbelt Lians Kopf herum. Er fixiert Hailey, aber kein Funke der Erkenntnis leuchtet in seinen Augen auf. Stattdessen betrachtet er sie misstrauisch.
»Woher kennt ihr meinen Namen?«
Ohne zu antworten, öffnet Caleb seine Gefängnistür. Wolf stöhnt und schlägt die Hand gegen seine Stirn.
»Wie viele Leute wollt ihr noch befreien?«
Niemand antwortet, alle starren Lian an. Er kommt mit wackligem Schritt aus der Zelle.
»Kennen wir uns?«, fragt er und runzelt nachdenklich die Stirn. »Verzeiht mir. Meine Erinnerungen wurden genommen, schon vor langer
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