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Traumreisende

Traumreisende

Titel: Traumreisende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlo Morgan
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aus, trat mit den Füßen und vollführte die gleichen abschließenden zeremoniellen Bewegungen wie eine Raupe, wenn sie zum Schmetterling wird. Er war froh, in seiner Bewegungsfreiheit nicht mehr eingeschränkt zu sein. Für die Unruhe in ihrem Bauch war offenbar dieser kleine Bursche verantwortlich gewesen, und nicht seine Schwester. Die junge Mutter griff nach einem Beutel, den sie normalerweise um die Taille trug, der aber jetzt in der Nähe auf dem Boden lag, und nahm einen dünnen schwarzen Zopf aus Menschenhaar heraus. Nachdem sie mit den Zähnen das lebende Band durchtrennt hatte, schlang sie einen Knoten um die Nabelschnur des erstgeborenen Kindes; dabei ließ sie ein langes Stück daran, das eintrocknen, abfallen und zukünftig ein tauschbarer Gebrauchsgegenstand sein würde. »Das Haar des Volkes deines Vaters löst dich von der Schnur des Volkes deiner Mutter. Meine Tochter, du teilst Leben, Gemeinschaft und Daseinszweck mit unserem ganzen Stamm.«
    Zu dem Sohn sagte sie: »Warum bist du erst ausgeschlüpft, nachdem ich mein Herz meiner Erstgeborenen geschenkt habe, nicht als Anführer, sondern als Nachfolgender, nicht auf deinem eigenen Weg und zu deiner eigenen Zeit, sondern einem anderen folgend? Das verstehe ich nicht. Warum hast du beschlossen, durch mich zu kommen? Ich ehre deine Entscheidung, aber ich verstehe sie nicht. Du bist der Größere, aber du kommst so, als bedeuteten Zeit, Ort und Umstände nichts, sondern nur die Ankunft. Du bewegst dich brauchtest du den Beweis, dass es tatsächlich geschehen ist.
    Ich habe nie gesehen, dass bei ein und derselben Geburt ein Baby dem anderen folgt. Ich bin nicht ausgestattet für deine Zeremonie. Ich werde einen Teil meines Beutels dazu verwenden. Er besteht aus dem Haar vieler Menschen und aus tierischen Anteilen. Er ist größer, stärker, rauer. Vielleicht brauchst du das, um dich von meinem Bauch zu trennen und auf die Welt vorzubereiten. Es scheint, dass du vielleicht von allem im Leben mehr wünschst oder brauchst, da du auf so ungewöhnliche Weise hier eingetreten bist.«
    Plötzlich dachte sie an das erste größere Problem, das sich aus dieser ungewöhnlichen Situation ergab - die Namen. Alle ihre Pläne waren durcheinandergeraten. Sie würde Rat brauchen, was da zu tun sei, aber es gab niemanden mehr, an den sie sich um Hilfe wenden könnte. Ihre Sorge und Unruhe traten aber erst einmal in den Hintergrund, da sie mit den Nachwirkungen der Geburt beschäftigt war. Nachdem ihr Körper alles Restliche ausgestoßen hatte, begrub sie es, wie alle Muttertiere es ihr Volk gelehrt hatten. Zur Sicherheit des Neugeborenen mussten alle Spuren und Gerüche beseitigt werden. Dann legte sie sich mit ihren Kindern nieder. Sie schaute zu ihrem Jungen hinüber und dachte: Ich hoffe, du hast weise gewählt, dein Hier sein könnte sich für viele als ungelegen erweisen. Binnen Augenblicken war die erschöpfte Mutter eingeschlafen, und das Erstgeborene begann die lebensspendende Flüssigkeit aus ihr zu saugen. Die Sonne ging unter, der Himmel wurde dunkel. Diese Nacht war die erste, letzte und einzige, die diese Mutter und ihre Kinder zusammen verbringen würden.
    Am Morgen, als sich beim ersten Licht die Farbe des Himmels veränderte, nahm die Mutter die Babys auf, wandte sich nach Osten und sagte: »Heute gehen wir, um das, was dort draußen existiert, für seinen Daseinszweck zu ehren. Was zum höchsten Wohl allen Lebens überall dient, sind wir bereit zu erfahren.« Nachdem sie ihr Morgenritual beendet hatte, machte sie sich auf den Rückweg zu dem Ort, dem sie gerade erst entflohen war. Es gab keinen anderen Platz, zu dem sie hätte gehen können. Ihr Stamm war vernichtet worden, ihr Mann getötet, und nun hatte sie zwei Kinder. Im Gehen spürte sie, wie ihre Brüste sich füllten, und nacheinander legte sie die Babys an, um sie zu stillen. Sie ging Stunde um Stunde; zuerst trug sie ein Kind in der hölzernen Schale und das andere in einer Schlinge, die sie aus einem Lumpen gemacht hatte. Dann legte sie beide in die Schale. Es stimmt, dachte sie, die Menschen sind nicht dazu bestimmt, zwei Babys zu bekommen. Als die Hitze am glühendsten war, rastete sie und drapierte den Lumpen über ihren Kopf, um sie alle drei vor der Sonne zu schützen. Sie ließ die beiden Babys zusammen in der Schale liegen, weil der Sand zu heiß war.
    Gegen Mittag schlich eine schuppige graue, zwanzig Zentimeter lange Eidechse an ihr vorbei und kehrte dann zurück, um sich neben ihrem

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