Traumschiff vor Stockholm: Mittsommerherzen (German Edition)
„Verschwunden? Aber wie …“
„Er und seine Kollegen haben gestern Abend noch einen Streifzug durch die Göteborger Partyszene gemacht. Etwa gegen Mitternacht wurde Björn Västardal zum letzten Mal gesehen – danach waren die anderen Mitglieder der Band bereits zu betrunken, um sich noch an irgendetwas erinnern zu können.“
Filippa unterdrückte ein Aufstöhnen, als sie einen Blick auf ihre Armbanduhr warf. Es blieben nur noch etwas mehr als zwei Stunden, um das verloren gegangene Bandmitglied ausfindig zu machen oder einen geeigneten Ersatz zu beschaffen. Sie holte tief Luft.
Du bist ein Profi, du wirst auch diese Situation in den Griff bekommen. Nur die Ruhe bewahren und nicht die Nerven verlieren!
„Was machen wir denn jetzt, Filippa?“, fragte Leif aufgeregt.
Ja – was machen wir? Jetzt ist guter Rat teuer …
Sie straffte die Schultern. „Zuallererst spreche ich mit den übrigen Musikern. Sie gehen bitte zu Majken und bitten sie, eine Liste von infrage kommenden Ersatzleuten zu erstellen. Sie hat mit dem Check-in zwar alle Hände voll zu tun, aber wenn Sie ihr erklären, worum es geht, wird sie den Ernst der Lage schon verstehen.“
Irgendwie schaffte sie es, eine Ruhe und Gelassenheit auszustrahlen, die sie keineswegs empfand. Wenn sie für dieses Problem keine Lösung fand, dann würde man als Erstes sie, die Chefhostess der
Midsommarsolen
, dafür verantwortlich machen. Und das mit Recht, denn die Musiker fielen ganz eindeutig in ihren Verantwortungsbereich. Mit einem solchen Einstand wollte sie ihre neue Stelle auf keinen Fall beginnen. Wenn der vermisste Schlagzeuger also nicht bald von allein wieder auftauchte, würde sie improvisieren müssen – irgendwie …
Leif und sie durchquerten gerade die große Hauptlobby auf dem Weg zum Crewdeck, als eine tiefe, befehlsgewohnte Stimme ihren Namen rief.
„Filippa, bitte warten Sie einen Moment!“ Mit ausgreifenden Schritten eilte Jörgen Eklund, oberster Verantwortlicher für den Service auf der
Midsommarsolen
und damit Filippas direkter Vorgesetzter, auf sie zu. „Ich müsste kurz mit Ihnen sprechen.“
Sie nickte Leif knapp zu. „Ich komme gleich nach – trommeln Sie die übrigen Musiker bitte schon einmal im Proberaum zusammen und gehen Sie dann zu Majken.“ Dann wandte sie sich Eklund zu. „Ja?“
Filippa war angespannt. Hatte ihr Vorgesetzter etwa schon von dem vermissten Schlagzeuger erfahren? Aber woher? Und würde er sie gleich als unprofessionell abstempeln, weil sie sich nicht früher versichert hatte, dass alle Bandmitglieder an Bord waren? Oder gab er ihr eine Chance, sich in dieser Krise zu bewähren?
Die große Gangway war inzwischen freigegeben worden, und die ersten Gäste strömten an Bord der
Midsommarsolen
. Der Servicechef blickte sich suchend um, nickte schließlich kaum merklich und führte Filippa in eine ruhige Ecke der Lobby.
„Der Reederei hat einen Hinweis erhalten, dass wir auf unserem Trip nach Stockholm wahrscheinlich einen ganz besonderen Gast an Bord haben werden“, sagte Eklund leise, und Filippa war erleichtert. Es ging also nicht um die Band. Doch der geheimnisvolle Ton ihres Vorgesetzten ließ sie gebannt zuhören, als er weitersprach: „Es soll sich um einen einflussreichen Kritiker handeln, der unser Kreuzfahrtangebot einem Test unterziehen will. Bisher ist es nicht viel mehr als ein Gerücht, aber …“
Filippas Herz klopfte aufgeregt. Ein Kritiker? Ausgerechnet bei ihrem ersten Einsatz auf der
Midsommarsolen
?
Du hast schon ganz andere Herausforderungen gestemmt, da wird dich doch ein dahergelaufener Hotel- und Reisekritiker nicht ins Schleudern bringen!
Sie atmete tief durch. „Weiß man, wer es ist?“
Eklund schüttelte den Kopf. „Bedauerlicherweise nicht. Aber ob es sich nun um einen Zeitungskritiker oder um den Qualitätsprüfer einer Reisegesellschaft handelt, mit der wir zusammenarbeiten – auf jeden Fall ist es für uns von allergrößter Bedeutung, positiv abzuschneiden.“
„Natürlich“, entgegnete Filippa. „Das ist mir sehr wohl bewusst.“
„Die Marketingabteilung versucht, mehr in Erfahrung zu bringen, doch es wird wohl noch eine Weile dauern, ehe wir weitere Details erhalten. Bis dahin sind wir auf unser Gespür angewiesen.“ Der Servicechef bedachte Filippa mit einem eindringlichen Blick. „Ich weiß, dies ist das erste Mal, dass Sie für unsere Gesellschaft arbeiten, und ich hätte Ihnen wirklich einen ruhigeren Einstand gewünscht. Aber das können wir
Weitere Kostenlose Bücher