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Traumzeit

Traumzeit

Titel: Traumzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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langen Ritt bringen würde. Die Fährtensucher und die drei Männer von Merinda lagen schon unter ihren Decken neben den wiederkäuenden Kamelen. Nur Hugh und Sarah blieben am glühenden Feuer sitzen.
    Sie schwiegen eine Weile und blickten auf den dampfenden Tee im Kessel. Hin und wieder hoben sie den Kopf und blickten zu den Sternen auf, als wollten sie sich davon überzeugen, daß es sie noch gab.
    Hugh hatte in den vergangenen Wochen eine Veränderung an Sarah gespürt. In der Wüstensonne war ihre Haut noch dunkler geworden, und ein gewisses Strahlen ging von ihr aus. Aber es ist nicht nur das, dachte er. Sie war sehr still geworden und sehr in sich gekehrt. Er wußte, daß sie jede Nacht, wenn sie glaubte, alle anderen würden schlafen, das Lager verließ und in die Wüste wanderte. Meistens kam sie nach ungefähr einer Stunde wieder zurück, manchmal aber auch erst kurz vor Anbruch des Tages.
    »Ich glaube, wir sollten uns auch schlafen legen«, sagte Hugh. »Morgen haben wir keine Karte, an der wir uns orientieren können, und auch die Kompasse funktionieren nicht mehr.«
    »Ich bleibe noch eine Weile hier sitzen. Gute Nacht, Hugh.«
    Sarah stocherte in der Glut und dachte an Philip. Sie dachte daran, wie er sie im Hafen zum Abschied geküßt hatte, ohne sich darum zu kümmern, daß alle Leute zusahen. Die vier Wochen in der Wüste hatten ihr die Zeit und die Stille gebracht, um nachzudenken und um sich zu prüfen. Sarah dachte auch an Joanna. Sie hatte ihr Schicksal selbst in die Hand genommen. Sie hatte nicht die Hände in den Schoß gelegt und darauf gewartet, daß das Leben sich einfach ereignete. Sie hatte ihr Ziel ins Auge gefaßt und sich auf den Weg gemacht. Joanna hatte ihre eigene Geschichte geschaffen und sie nicht für sich erschaffen lassen.
    So muß ich es auch tun, dachte Sarah. Ich kann mir Joanna zum Vorbild nehmen. Ich muß selbst entscheiden, was ich will, und dann meinem Traumpfad bis zum Ende folgen. Aber wie soll das geschehen? Ich möchte Philip – nichts anderes. Aber uns stehen so viele Gesetze und Tabus im Weg.
    Als Sarah glaubte, daß alle schliefen, wanderte sie so weit in die Wüste hinaus, wie sie es wagen konnte. Sie achtete darauf, daß sie das Lager immer noch sah, aber mit Sicherheit von niemandem gesehen wurde. Sie erreichte eine Stelle, wo sie unwillkürlich stehenblieb und zu den Sternen hinaufblickte. Sie fühlte die Anwesenheit aller Ahnen. Sie spürte das Wesen der Geister, die vor ihr auf diesem Weg gezogen waren, sei es als Schöpfer-Wesen oder als Menschen: John und Naomi Makepeace auf der Suche nach dem zweiten Garten Eden; Emily, Joannas Mutter, mit der jungen Reena auf der Flucht vor einer tödlichen Gefahr. Sarah wußte, daß die Leidenschaften, Gefühle, Gedanken und Träume all jener, die hier durchgezogen waren, noch immer lebendig waren. Sie drängten sich flüsternd um Sarah wie die winzigen Fische eines Schwarms um einen größeren Fisch. Sarah spürte ihren Atem an ihrem Körper. Sie hörte Gemurmel und das Schlagen von Herzen. Und sie dachte: Ich werde auch meine Liebe diesem Ort überlassen.
    Sarah schloß die Augen und versuchte, ihren Geist durch die Nacht zu schicken. Sie stellte sich vor, daß Philip über die große Entfernung hinweg darauf wartete, ihn zu empfangen. Sarah spürte, wie er sich nach ihr sehnte und sie umarmte. Sie fühlte seinen harten, leidenschaftlichen Körper, den Druck seiner Lippen auf ihrem Mund. Sie sehnte sich danach, ihn zu umarmen und sich ganz seiner Liebe zu überlassen.
    Dann schoß ihr ein anderes Bild durch den Kopf: die Blicke der Leute im Hafen. Ein Weißer, der in aller Öffentlichkeit eine Schwarze küßte, und einige wußten, daß dieser Mann auch noch verheiratet war.
    Philip, dachte sie, was sollen wir nur tun?
    Plötzlich hörte sie Schritte in der Dunkelheit. Sie drehte sich um und sah Ezekial durch den Sand auf sich zukommen. Er setzte sich neben sie und blickte zu den Sternen hinauf. »Dorthin gehören wir«, sagte er leise, »das ist die Heimat der Schwarzen. Du und ich, wir beide sind Aborigines.«
    Sarah wartete. Nach kurzem Schweigen streckte Ezekial die geöffnete Hand aus. Sarah sah einen blauen Ohrring.
    »Das ist Joannas Ohrring!« rief sie. »Wo hast du ihn gefunden?«
    »An einem Baum nicht weit von hier. Sie hat ein Zeichen hinterlassen. Sie geht in diese Richtung«, er deutete nach Osten. »Dort ist die Missus.«
    »Du meinst, sie hat einen Wegweiser hinterlassen?«
    »Sie erschafft einen

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