Traurige Therapeuten: Roman (German Edition)
Laute brauchten keine Übersetzung … dieses Hark! ist Erinnerung genug an den Köter, die Linie sei jetzt klar und überschaubar. – Was aber ist ein Antonym – Moment, Olga will mit dir sprechen.
Ihre Stimme war belegt, tief mit schönem Timbre.
Hier Olga, sagte sie, ich habe Jevgenij beobachtet, tiefe Reaktion bei diese Person Eugen, ist gut, hat begriffen; wir denken, ist Idiot, aber vielleicht er macht Sache mit Anton-Tier gut – schicke Einladung für pompus funebralität. Bis dann.
86 Erfrischt von diesem Gespräch (man hilft gern, wenn man kann), kehrte ich zu meinem Champagner zurück. Leider verbrannte der Toaster (ein bauchiges Modell namens Kitchen’s Hero) mein Brot, ich aß den Kaviar mit einem Hornlöffel direkt aus dem Glas; Stil ist alles.
Drei Generationen hatten die Hornlöffel benutzt – in Russland Iron und seine zobelpelzigen Gespielinnen, Edward in England und Max Singram in Germany –, die gelbgrünen Löffel waren so dünn geworden, dass eine Kerzenflamme durchschien. Auch Objekte haben Stil, der Hero versagte mit Eigensinn – verbrannte er einen Toast, ließ er den nächsten im Ur-Zustand; der übernächste einer Serie war wieder in Ordnung. Vielleicht haben Objekte etwas gegen mich.
Der Mond schien im Segment 12 der zweiten Reihe von oben in einem kriegerischen Rot; seltsam – vom Anbeginn aller Zeiten hat ein jedes Geschöpf auf der Oberfläche unseres Planeten dieses Gestirn gesehen, viel Poesie dabei, von Shakespeare bis Friederike Kempner, von Lope de Vega bis Landru (Berufsmörder); jedenfalls unbemerkt blieb er nie.
Der Mond, jawohl – weibliche Kräfte, Yin bei den Chinesen. Ich verbat mir jeden Gedanken an Beatrice und ihre träge schmelzenden Blicke; ich muss mehr auf die Tempus-Formen achten.
Was aus Blunz wurde, weiß ich nicht.
Wird bei seinem Rheuma schwerlich nach Südamerika gereist sein, um seine Weimarische Gesellschaft auszuwildern, wo sie endlich den Mond in heißen Nächten aus verwunderten Augen hätte verfolgen können.
Es war totenstill. Über mir Luna, nicht gerade ein Temperamento lunatico. Unter mir übte die greise Lehrerin Hertz holprig-beherzt Chopins große Polonaise Es-Dur, op. 22.
Sie spielte für ihre dreizehn Katzen, deren lebendiges Triebleben (inzestuös in ihren jungfräulichen Augen) durch Kastration und Sterilisation ein irreparables Ende gefunden hatte.
Die Kater, sagte ich einmal im Fahrstuhl zu ihr, könnten an Herzverfettung sterben.
Was macht’s, sagte Emma Hertz, mögen sie hinfort andere Stühle besteigen (nehme an, dass diese vorzügliche Bemerkung von ihrer Montessori-Ausbildung inspiriert wurde).
Sie sah mich scharf an.
Herr Singram, ein Sexual-Tohuwabohu ist nicht zu dulden; hören Sie: Väter vögelten ihre Töchter, Gattinnen gaben sich Neffen hin, Neffen wieder eroberten mit den bekannten Lustschreien mitten in der Nacht ihre Tanten, während es die Tantchen wieder mit den Cousins trieben! – Da musste das Skalpell den Schluss-Strich ziehen, den eine gewisse Moral gebietet – Schluss mit Genuss. Freilich – sie würden fett und träge, aber der Liebeslärm sei unterbunden, die lieben Katzen kackten jetzt mehr als früher, aber alle dämmerten einer positiven Zukunft entgegen.
Welcher?, fragte ich.
Sie werden mir, sagte die alte Dame, immer extrem nahe sein, auch nach ihrem Ableben.
Wie das?, fragte ich.
Ich habe, sagte Emma Hertz, das Rheuma, die Polyarthritis, Niereninsuffizienz, ein Karpaltunnelsyndrom und friere unaufhörlich. Dagegen helfen nur Katzenfelle, und so sind Gustav und Madame Pompadour, die Geschwister Louis und Louise, der kleine Pascal und die fette Madame Chatelet und all die anderen immer bei mir, als lieber Pelz auf alter Haut.
Natürlich wurden die Kater fett und die Katzendamen träge; Madame Hertz lud mich einmal zum Tee ein; sie las der müden Gesellschaft auf Französisch Balzac, Flaubert und die Katzen-Szene aus Montherlants Erbarmen mit den Frauen vor, an Sonntagen Renans Leben Jesu oder den frommen Paläontologen Teilhard de Chardin.
Man müsse ihren Geist geschmeidig halten, sagte Emma.
Die Katzen lagerten auf Lederpouffs, kleinen Fauteuils oder auf Miniaturstühlen unter Tiffany-Lampen. Es war alles sehr stimmungsvoll; gegen die Pipi-Chat-Dünste sprühte sie Fliederextrakt.
Der Kater Flaubert war besonders rund geworden; er ruhte in einer kleinen Wiege (Biedermeier). Sein Leib quoll aus dem kostbaren Meuble, aus dem Maul hing seine Zunge, die oft mit Hilfe eines
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