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Traveblut

Traveblut

Titel: Traveblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jobst Schlennstedt
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Vielleicht sollte er einfach ins Büro zurückfahren und in Ruhe überlegen, wie sie vorgehen sollten, anstatt sich den Hagel um die Ohren pfeifen zu lassen.
    Mit einem Mal hielt er inne. Obwohl der Wind den Hagel jetzt in Böen über die Trave peitschte, war er sich sicher, dass sich im Wasser etwas bewegte. Die Entfernung betrug bestimmt hundert Meter. Er kniff die Augen zusammen und versuchte, Einzelheiten zu erkennen. Es gab keinen Zweifel. Dort hinten schwamm jemand in der Trave.
    In der Ferne sah Andresen, dass sich eines der Fahrgastschiffe näherte, mit denen die Touristen um die Altstadt schipperten. Er wunderte sich, dass sie um diese Jahreszeit bereits fuhren. Unschlüssig stand er auf der Brücke und versuchte, seinen Blick weiter zu schärfen. Saß da nicht jemand in dem kleinen Ruderboot, das vom Wind getrieben im Schilf hin und her schaukelte? Natürlich. Die Person schlug wie wild mit dem Ruder ins Wasser und manövrierte das Boot langsam in die Mitte des Flusses. Er blinzelte noch einmal, bis er sich sicher war. In dem Boot saß Gisela Sachs. Und jetzt erblickte er auch Jimmy Vosberg. Er war es, der im Wasser schwamm und mit kräftigen Armschlägen hinter dem kleinen Boot herkraulte.
    Das Schiff kam immer näher. Was hatte Gisela Sachs vor? Es sah so aus, als steuerte sie seitlich darauf zu. Das Ruderboot war nur noch wenige Meter vom Rumpf des Schiffes entfernt. Plötzlich erkannte er, dass Gisela Sachs ein Seil in den Händen hielt und es in Richtung Schiff warf. Andresen blickte sich hilfesuchend um. Was sollte er tun?
    Ihm kam eine Idee. Er trat einige Schritte zurück und duckte sich hinter das Brückengeländer. Der Hagel war wieder in Regen übergegangen. Durch die Streben des Geländers sah er, dass das Ruderboot bereits am Heck des Fahrgastschiffes hing und mitgezogen wurde. Aber wo zum Teufel war Jimmy Vosberg?

30

    Sie zog sich mit letzter Kraft über die niedrige Reling des Schiffes. Das kleine Ruderboot trieb sofort ab.
    Immerhin hatte sie aus dem Haus vor ihm flüchten können, auch wenn dieser kleine Scheißkerl sie sogar noch am Fuß gepackt hatte. Er war schlimmer als Ungeziefer. Sie wurde ihn einfach nicht los. Was musste sie auch ihre Waffe im Schlafzimmer vergessen. Sie hätte ihn am besten sofort erschießen sollen. Und diesen Polizisten gleich mit.
    Jimmys Gesichtsausdruck hatte ihr Angst eingeflößt. Das süße Lächeln, der klare Blick und die sanfte Haut, all das gab es nicht mehr. Jimmy Vosberg hatte sich in einen kaltblütigen Mörder verwandelt. In seinen Augen hatte sie etwas Animalisches erkennen können.
    Sie sah, dass Jimmy immer schneller an das Heck des Schiffes herangeschwommen kam. Warum fuhr dieses verdammte Schiff bloß so langsam? Nur noch ein paar Armlängen, dann hatte er es erreicht.
    Plötzlich stutzte sie. Was hielt er da in seiner rechten Hand? Die Angst meldete sich erst langsam und dann umso heftiger zurück. Es war ihre Pistole. Offenbar war Jimmy noch einmal ins Schlafzimmer gegangen und hatte sie mitgenommen.
    Im nächsten Augenblick griffen seine Hände seitlich an die Reling des Schiffes. Er zog sich hoch und blickte ihr direkt in die Augen. Aus ihrer Angst wurde Panik.
    »Hau ab!«, schrie sie. »Du bist krank im Kopf! Verschwinde!« Sie wusste, dass ihre Worte sinnlos waren. Jimmy hörte sie nicht mehr. Er war längst besessen davon, sie für sein missratenes Leben zur Rechenschaft zu ziehen und umzubringen. Sie hatte nur noch eine einzige Chance. Falls sie das hier überleben wollte, musste sie schneller sein als er.
    Sie sah ihm tief in die Augen und lächelte, während sich ihre Hand langsam um seine schloss.

31

    Keine zehn Meter mehr, ehe der Bug unter der Brücke verschwinden würde. Und er hatte keine Ahnung, was auf dem Schiff vor sich ging.
    Das Heck des Schiffes hatte er nicht mehr im Blick. Andresen fluchte in sich hinein. Er musste es riskieren und auf das Schiff springen. Hastig drehte er sich um. Zum Glück waren bei diesem Dreckswetter keine Passanten unterwegs. Von Weitem sah er Ida-Marie, die am Uferrand stand und wild gestikulierend mit einigen Kollegen sprach.
    Nur noch wenige Augenblicke. Der Bug des Schiffes erschien unter ihm. Jetzt musste es schnell gehen. Andresen richtete sich auf und kletterte über das Brückengeländer. Er sah, dass keine Passagiere an Deck waren. Nur noch zwei, maximal drei Sekunden. Und dann der Sprung …
    Der Knall war so laut, dass er glaubte, jemand hätte einen Feuerwerkskörper direkt neben

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