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Traveler - Roman

Traveler - Roman

Titel: Traveler - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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wie Michael Corrigan sich auf den Operationstisch legte. Miss Yang, die Krankenschwester, brachte eine Heizdecke und wickelte sie um Michaels Beine. Am Morgen hatte sie Michaels Kopf komplett kahl rasiert. Er sah jetzt aus wie ein Rekrut zu Beginn der Grundausbildung.
    Dr. Richardson und Dr. Lau, der aus Taiwan eingeflogene Anästhesist, hatten soeben ihre Vorbereitungen für den Eingriff abgeschlossen. Eine Kanüle wurde in Michaels Arm gestochen und mit einer Kochsalzinfusion verbunden. In einer von der Bruderschaft kontrollierten Privatklinik in Westchester County waren zuvor Röntgenbilder und MRT-Scans von Michaels Gehirn gemacht worden. Miss Yang hängte die Bilder an die Leuchtwand am hinteren Ende des Saals.
    Richardson blickte auf seinen Patienten nieder. »Wie geht es Ihnen, Michael?«
    »Wird es wehtun?«
    »Nicht wirklich. Aus Sicherheitsgründen erhalten Sie eine Narkose. Während des Eingriffs dürfen Sie den Kopf auf gar keinen Fall bewegen.«
    »Und wenn etwas schief geht und Sie mein Gehirn verletzen?«

    »Es ist ein winziger Eingriff, Michael. Kein Grund zur Sorge«, antwortete Lawrence.
    Richardson nickte Dr. Lau zu, der den Kochsalzschlauch abstöpselte und die Kanüle mit einer Plastikspritze verband. »Okay. Los geht’s. Zählen Sie von einhundert rückwärts.«
    Zehn Sekunden später war Michael bewusstlos. Er atmete ruhig. Die Krankenschwester half Richardson, eine Metallklemme um Michaels Kopf zu legen und mit gepolsterten Schrauben zu fixieren. Michaels Kopf würde still liegen, selbst wenn sein Körper in Zuckungen verfiele.
    »Jetzt die Markierung«, wies Richardson die Krankenschwester an. Miss Yang reichte ihm ein biegsames Lineal aus Metall und einen schwarzen Filzstift. Während der nächsten zwanzig Minuten war der Neurologe damit beschäftigt, ein Raster auf Michaels Kopf zu zeichnen. Er überprüfte seine Arbeit zweimal und markierte dann die acht Einstichpunkte.
    Seit einigen Jahren waren Neurologen dazu übergegangen, depressiven Patienten auf Dauer Elektroden ins Hirn einzupflanzen. Diese Hirnstimulation ermöglichte es dem Arzt, die Stimmung seines Patienten auf Knopfdruck zu ändern. Er schickte einfach einen schwachen elektrischen Impuls in das Gewebe. Eine Patientin von Richardson, eine junge Konditorin namens Elaine, bevorzugte Stufe zwei auf der elektronischen Skala, um fernzusehen; arbeitete sie konzentriert an einer Hochzeitstorte, wurde ihr Hirn auf Stufe fünf in Schwung gebracht. Dieselbe Technologie, mit der Forscher das Hirn stimulierten, würde eingesetzt werden, um die Strömungen von Michaels neuraler Energie nachzuvollziehen.
    »Habe ich ihm die Wahrheit gesagt?«, fragte Lawrence.
    Dr. Richardson ließ seinen Blick durch den Raum schweifen. »Wie meinen Sie das?«
    »Könnte der Eingriff sein Gehirn schädigen?«
    »Wenn Sie die neurale Aktivität eines Patienten messen wollen, sind Sie gezwungen, Sensoren in sein Gehirn einzuführen.
Elektroden, die auf der Kopfhaut sitzen, wären nicht annähernd so genau und würden womöglich falsche Messergebnisse liefern.«
    »Aber werden die Kabel nicht einen Teil der Hirnzellen zerstören?«
    »Mr. Takawa, wir alle besitzen Millionen von Hirnzellen. Eventuell wird der Patient vergessen, wie man das Wort Konstantinopel ausspricht oder wie das Mädchen hieß, das in der Grundschule neben ihm saß. Das ist aber zu vernachlässigen.«
    Zufrieden mit der Position der Einstichstellen, setzte Dr. Richardson sich auf einen Stuhl neben dem Operationstisch und studierte Michaels Schädel. »Mehr Licht«, sagte er, und Miss Yang rückte die OP-Lampe zurecht. Dr. Lau stand wenige Schritte daneben, starrte auf einen Monitor und überwachte Michaels Lebenszeichen.
    »Alles in Ordnung?«
    Dr. Lau überprüfte Michaels Puls und Atmung. »Sie können beginnen.«
    Richardson zog einen Knochenbohrer zu sich heran, der an einem beweglichen Arm befestigt war. Vorsichtig bohrte er ein kleines Loch in Michaels Schädel. Ein sirrendes Schleifgeräusch war zu hören; es klang wie beim Zahnarzt.
    Richardson setzte den Bohrer ab. Ein winziger Blutstropfen erschien auf Michaels Kopfhaut. An einen zweiten von der Decke hängenden Arm war ein Injektionsgerät montiert. Richardson platzierte es über dem kleinen Loch, drückte einen Knopf, und ein mit Teflon ummantelter Kupferdraht von der Dicke eines menschlichen Haars wurde direkt in Michaels Hirn eingeführt.
    Der Draht war mit einem Kabel verbunden, das alle Daten auf den Quantencomputer

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