Treffpunkt Las Vegas
er.
Ich nickte nur.
Bertha machte es sich in den Polstern bequem. »Wie steht es mit dem Fall Gilman, Liebling?«
»Der ist abgeschlossen.«
»Du meine Güte, abgeschlossen? Wie soll ich nur zu Geld kommen, wenn du den einzigen anständigen Fall...«
»Wir haben sie gefunden, und er hat uns eine Prämie gezahlt.«
»Oh, das ist etwas anderes.« Sie sank befriedigt in ihren Sitz zurück.
»Wir bearbeiten übrigens einen neuen Fall.«
Bertha wurde sofort wieder lebhaft: »Um was handelt es sich?«
»Ich weiß es noch nicht. Ein gewisser Mr. Whitewell hat uns geschrieben, er wolle heute abend in Las Vegas mit einem Vertreter unseres Büros sprechen.«
»Hat er auch einen Vorschuß geschickt?«
»Nein.«
»Was hast du ihm geantwortet?«
»Ich habe ihm telegrafiert, daß ich selbst kommen werde.«
»Hast du wenigstens eine Vorauszahlung verlangt?«
»Nein, wir fliegen doch ohnehin über Las Vegas. Ich kann dort den Flug unterbrechen, ohne daß es einen Cent mehr kostet.«
»Das weiß ich auch, aber du hättest aus diesem Whiteside doch wenigstens einen Spesenvorschuß herausholen können.«
»Whitewell heißt der Mann.«
»Ach, Namen sind Schall und Rauch. Was will er von uns?«
»Das hat er nicht geschrieben.«
Ich zog den Brief aus der Tasche und reichte ihn ihr: »Hier ist sein Schreiben. Sieh dir nur mal das Papier an. Der Kerl muß Geld wie Heu haben.«
Bertha witterte neue Verdienstchancen und griff schnell nach dem Schreiben. »Ich werde den Flug ebenfalls unterbrechen«, sagte sie rasch entschlossen.
»Kommt nicht in Frage. Du sollst doch mindestens ein bis zwei Wochen Nachkur machen.«
»Unsinn. Das Geschäftliche ist meine Angelegenheit. Ich will selbst mit diesem Mann reden.«
Ich zog es vor, nicht mehr zu widersprechen. Als wir beim Flugplatz anlangten, hatten wir bis zum Start der Maschine noch eine Viertelstunde Zeit. Wir saßen ungeduldig herum und warteten. Endlich erschien das Flugzeug am Horizont, setzte zur Landung an und wurde kurz danach aufgetankt.
Eine krächzende Stimme aus dem Lautsprecher forderte alle Fluggäste nach dem Westen auf, sich an Bord zu begeben. Das Bodenpersonal, das die Maschine routinemäßig überprüft und aufgetankt hatte, zog sich zurück. Eine Stewardess öffnete die Tür der Maschine, und ein Mann in Uniform schob die Barriere zur Seite, die den Passagieren den Zutritt verwehrt hatte. Endlich gelangten Bertha und ich an Bord, wo wir schon ein Dutzend Fluggäste vorfanden, die mit dem gleichen Flugzeug gekommen waren.
Bertha machte es sich bequem, gab einen tiefen Seufzer von sich und stöhnte dann: »Ich komme um vor Hunger. Donald, Liebling, tu mir den Gefallen, steig noch mal aus und hol mir 'ne Tafel Schoko® lade!«
Mir fiel die Mahnung des Arztes ein.
»Dafür ist jetzt keine Zeit mehr. Wir starten jeden Moment.«
Bertha flehte förmlich: »Sei nicht so brutal. Es sind doch noch zwei volle Minuten!«
Ich blieb unnachgiebig. »Ich glaube, deine Uhr geht nach.«
Mit einem resignierenden Seufzer lehnte Bertha sich wieder in ihren Sessel zurück. Der Fluggast vor uns am Fenster drehte sich um und musterte sie verstohlen.
»Sonst alles in Ordnung?« fragte ich schnell.
»Bis auf meine weichen Knie, ja. Ich hab' doch heute noch keinen Bissen in den Magen bekommen. Ich komme mir schlapp wie ein Waschlappen vor, und die Ärzte, die lassen einen ungerührt verhungern.«
Der Fluggast vom Fenster hielt mir seine Uhr entgegen und tippte auf das Zifferblatt: Es waren noch dreieinhalb Minuten bis zum Start. »Ich weiß zufällig, daß sie richtig geht — auf die Sekunde«, sagte er.
Bertha fuhr mit dem Kopf herum. »Oh, danke sehr«, sagte ich etwas lauter als angebracht, »ich weiß schon, daß die Uhr dieser Dame etwas nachgeht. Sie sehen, meine geht auch genau. Ich habe sie heute morgen auf dem Flugplatz gestellt.«
Mit diesen Worten hielt ich ihm meine Uhr hin, die genau die gleiche Zeit zeigte wie seine. Er wollte etwas antworten, besann sich dann aber rechtzeitig anders.
In diesem Moment sprangen die Motoren an, die Propeller begannen, sich in gemäßigtem Tempo zu drehen. Ein verspäteter Passagier stolperte aus dem Abfertigungsgebäude und erklomm, schwer atmend, die angelegte Treppe zum Flugzeug. Keuchend und mit Schweißperlen auf der Stirn, ließ er sich in den nächsten freien Sessel fallen und wartete darauf, daß die Maschine startete. Daß sie nicht im gleichen Augenblick zur Startbahn rollte, schien ihn zu
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