Treffpunkt Unendlichkeit
den Finger und legte ihn warnend an die Lippen.
»Ich weiß darüber Bescheid«, sagte sie und deutete auf das Dokument. »Du darfst es nicht beachten.«
»Was!« Lancherys Mund stand offen. Er wußte, daß er lächerlich aussah, aber nicht einmal seine Eitelkeit und sein Verlangen nach Allyn konnten sein Staunen unterdrücken.
»Du darfst es nicht beachten!« Allyns Stimme war nicht mehr kühl, sondern heftig und hart. »Es ist eine Lüge. Ein Schwindel. Lyken ließ Erlking, seine frühere Gedächtnisstütze, zurück, obwohl die Hypnosperren des Mannes nicht mehr dicht waren. Glaubst du, das hat er grundlos getan? Natürlich nicht! Der Mann sollte Clostrides in die Hände fallen und diese verrückte Geschichte von einer Geheimmacht und einer fremden Zivilisation verbreiten. Du kannst sicher sein, daß Clostrides ihm nicht glaubt. Du kannst auch sicher sein, daß keiner der anderen Direktoren so eine Botschaft erhalten hat. Sie neiden dir den Erfolg, das weißt du.«
Lanchery fühlte sich vollkommen hilflos. Er hatte schon früher Allyns Ratschläge blindlings angenommen. Er fühlte sich versucht, es wieder zu tun – die gleiche Macht hielt ihn in ihrem Bann wie damals, als Allyn entgegen allen Naturgesetzen in seinem Konzessionsgebiet aufgetaucht war.
Aber diesmal wehrte sich die Vernunft.
Bevor er widersprechen konnte, hatte Allyn wieder das Wort ergriffen.
»Waren sie damit einverstanden, daß du den Angriff einleitest? Erst nach langer Diskussion! Und weshalb kämpften sie gegen den vernünftigen Plan an? Weil sie eifersüchtig waren und Angst hatten, du könntest dir einen Vorteil verschaffen, wenn du als erster das Konzessionsgebiet erreichtest.«
»Oh, ich könnte dich hassen, Allyn. In deiner Gegenwart komme ich mir immer hilflos und unentschlossen wie ein Kind vor.«
»Wirst du die Botschaft mißachten?«
Lanchery zögerte. »Ich weiß nicht. Ich habe sie noch nicht zu Ende gelesen. Woher weißt du überhaupt, was darin steht?«
Allyn überlegte und sagte schließlich: »Ich habe entdeckt, wie man ein Rho-Funktionsfeld benützen kann.«
Lanchery tastete nach einem Stuhl und setzte sich langsam hin. Er konnte nicht anders. Wie die übrigen Konzessionäre hatte er sich viel von dem Funktionsfeld erhofft, aber nichts war erreicht worden. Er schwieg.
»Wenn du die Botschaft nicht beachtest, bleibe ich das nächste Mal bei dir«, sagte Allyn nach einiger Zeit.
Es war glatte Bestechung. Aber Lancherys Gedanken wirbelten schneller, und er legte die Hand auf den Tisch, ohne hinzusehen. Er nahm die Botschaft von Clostrides, knüllte sie zusammen und streckte sie stumm Allyn entgegen. Ihre Fingerspitzen berührten seine Hand.
Sie lächelte, drehte sich um und verließ das Zimmer.
Sie hatte kaum die Tür geschlossen, als Lanchery zur Besinnung kam. Er sprang auf und wollte ihr nachlaufen. Als er die Tür aufriß, stieß er mit einem verwirrten Techniker zusammen.
Der Mann trat zurück und stammelte Entschuldigungen. Lanchery unterbrach seinen Redefluß.
»Ist hier eben eine Frau vorbeigekommen?« fragte er scharf.
»Nein, Sir«, erwiderte der Mann. »Niemand war da. Äh – wir haben einen Bericht vom Markt, Sir. Man hat Lykens Tacket-Zahlen aufgeschlüsselt, und wir erkunden jetzt das Gelände. In einer halben Stunde setzt die Morgendämmerung ein; dann können wir mit dem Angriff beginnen.«
Was zum Teufel hatte in der Botschaft von Clostrides gestanden? Eine Annullierung des Marschbefehls? Lanchery spürte, wie sich in seinem Innern der Entschluß festigte.
»Gut«, sagte er. Mechanisch zog er seinen zweiten Stiefel an.
»Gut«, wiederholte er. »Gehen Sie genau nach Plan vor. Ich bin in wenigen Minuten bei den Streitkräften und übernehme die Führung.«
Der Mann nickte und zog sich zurück. Als er fort war, fluchte Lanchery anhaltend.
*
Die Schnur um Sergeant Carrs Handgelenke war sehr geschickt verknotet worden. Er hatte versucht, sie zu lockern, bis die Haut aufgeschürft war; endlich ließ sie sich um eine Kleinigkeit nach oben schieben.
Anfangs, als sie gemerkt hatten, daß sie in der fremden Wohnung gefangen waren, hatten sie einander wütende Vorwürfe gemacht. »Was waren das für Kerle, verdammt noch mal? Weshalb hast du nichts unternommen?«
Aber etwas später hatten sie ihre ganze Energie darauf verwendet, die Fesseln zu lösen.
Carr schob die Schnur die letzten Zentimeter nach oben. Seine Handgelenke brannten wie Feuer. Aber endlich war er wieder frei. Er setzte
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