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Treibhaus der Träume

Treibhaus der Träume

Titel: Treibhaus der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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er tun sollte. Auf diesen Anruf hin zu fahren, war mehr als ein Abenteuer. Warum wurde kein Name genannt? Warum erwartete man ihn wie in einem schlechten Kriminalfilm auf der Straße? Wie kam man gerade auf ihn?
    Er dachte an hundert Möglichkeiten und verwarf sie wieder.
    Ein Verbrecher, der sein Gesicht verändert haben will.
    Eine Wahnsinnige.
    Ein hysterischer Millionär, der mit seinem Geld alles erreicht.
    Eine Künstlerin, deren Nerven versagen.
    Dr. Lorentzen sah auf die Uhr. Gleich 13 Uhr. Wenn man sich beeilte, kam man noch vor Sonnenuntergang in Salzburg an. Erwies sich der Anruf wirklich als sinnlos, konnte man in der Nacht noch zurück nach St. Hubert fahren. Dann war nur ein halber Tag verloren.
    Lorentzen zog sich um und ging hinüber zur Schönheitsfarm. Da er noch keinen eigenen Wagen hatte, wollte er sich das Auto Mariannes ausleihen. Aber Marianne war schon am frühen Morgen nach München gefahren.
    »Nehmen wir meinen«, sagte Ilse Patz. »Nur zehn Minuten, Lutz. Dann steht er vollgetankt vor der Tür.«
    Nach zehn Minuten erschien Ilse wieder. Sie schien den Weltrekord im Umziehen gebrochen zu haben. Statt des Dirndlkleides trug sie jetzt eine fesche Jacken-Hosen-Kombination aus leichtem Cordsamt in grellem Gelb. Ins Haar hatte sie sich einen wehenden Schal gebunden, blutrot, ein erregender Fleck inmitten der glänzenden, bewußt zerwühlten Haare. Eine weiße, dicke Sonnenbrille verdeckte ihre Augen.
    Dr. Lorentzen sah sie betroffen an. »Ich wollte nur den Schlüssel, Ilse. Um Gottes willen, ich will Ihre Zeit nicht stehlen. Sie sollen mich doch nicht fahren!«
    »Ich tue es gern, Lutz. Ach Gott, wie lange war ich nicht mehr in Salzburg. Seit vorigem Herbst.« Sie trippelte vor ihm her zum Parkplatz und öffnete die Tür eines kleinen, roten Sportwagens. »Ohne Gepäck?«
    »Nur die Tasche hier. Ich will in der Nacht noch zurück.«
    Ilse schwang sich auf den schwarzen Ledersitz und wartete, bis auch Lorentzen saß. Dann heulte der Wagen auf und schoß hinaus auf die Straße nach St. Hubert.
    »Diese Fahrt ist nicht ganz uneigennützig«, sagte sie, als sie die Landstraße erreicht hatten. »Wir müssen in Rosenheim kurz unterbrechen. Ich habe dort etwas zu besorgen.«
    »Ich wäre ebensogern allein gefahren, Ilse.« Dr. Lorentzen duckte sich hinter die Windschutzscheibe. Ilse Patz fuhr wie der Teufel. Sie heulte in die Kurven hinein, daß sich der Wagen ächzend zur Seite neigte. »Kommen wir bei dieser Fahrweise überhaupt an?«
    »Irgendwo ja.« Sie wandte ihm ihr Gesicht zu. Der Fahrtwind riß an ihren Haaren, der blutrote Schal flatterte, die Zähne hinter den schönen Lippen blitzten. »Ob im Himmel oder in der Hölle oder in Salzburg – irgendwo landen wir bestimmt.«
    In Rosenheim stieg Ilse aus, um – wie sie sagte – ihre Besorgungen zu machen. Lorentzen blieb auf dem Marktplatz stehen, sah sich die Auslagen der Geschäfte an und wartete. Ganz schnell, hatte Ilse gesagt. Ich fliege …
    So vergingen drei Stunden, die Lorentzen zur Qual wurden, je weiter der Zeiger rückte. Ilse Patz saß unterdessen in einer Seitenstraße in einem Café, trank Orangensaft, las Illustrierte und ließ bewußt die Zeit verstreichen.
    Sie lächelte wie eine Göttin, als sie endlich wieder am Wagen stand und ein paar kleine Päckchen in den Kofferraum warf.
    »Sauer, Lutz?« fragte sie, als Lorentzen sich stumm in die Polster fallen ließ.
    »Sehr.«
    »Der Lieferant kam erst vor einer Viertelstunde. Und ohne ihn konnte ich nicht weiter.«
    »Welcher Lieferant?«
    »Der unsere russischen Kräuterpackungen liefert.«
    »Ach so.« Lorentzen sah auf die Uhr. »Ich soll am späten Abend in Salzburg sein.«
    »Kleinigkeit!« Ilse lachte hell. Der Motor heulte auf. »Sie sollen einmal sehen, Lutz, was alles in einem so kleinen Wagen steckt.«
    Sie übertrieb nicht. Dr. Lorentzen war ein mutiger Mensch, das hatte er am Operationstisch und Krankenbett oft genug bewiesen. Aber diese Raserei auf der linken Autobahnseite war wie ein verzögerter Selbstmord. Er duckte sich und sah nicht mehr nach rechts und links. Nur Ilse blickte er ab und zu an … ein herrliches, wildes Profil von klassischer Schönheit. Ein Raubtier auf der Jagd.
    Nach knapp einer Stunde sahen sie die Umleitungsschilder. Die Autobahn war gesperrt, und der Verkehr wurde zwischen zwei Auffahrten über die Landstraße umgeleitet.
    »Auch das noch«, sagte Dr. Lorentzen. »Es wird dunkel sein, bis wir in Salzburg sind.«
    Was noch nie vorgekommen

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