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Treibhaus der Träume

Treibhaus der Träume

Titel: Treibhaus der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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atmen, mußte husten und Ahhh sagen, mußte sich lang ausstrecken und den Magen drücken lassen, und dann schob Lorentzen das spitzenbesäte violette Nachthemd auch noch tiefer zurück und drückte auf den Unterbauch.
    »Sie haben noch den Blinddarm, gnädige Frau«, sagte er gleichgültig. »Hatten Sie in der letzten Zeit Beschwerden?«
    »Nein«, flüsterte Klara Domplatz. Ihre Stimme war einfach weg. Sie fühlte die Hände Lorentzens an ihren Leisten. Siedendheiß fiel ihr dabei ein, daß sie nun völlig bloß vor ihm lag und daß er nun bemerken mußte, daß ihre blonden Haupthaare gefärbt waren. Das verwirrte sie so, daß sie fast zu weinen begann. Zu Hause, bei ihrem Mann, dem Gartenzwergfabrikanten von Xanten, hatte sie daran nie gedacht. Der dicke Otto stellte keine Vergleiche an, er rollte sich auf die Seite und schnarchte oder baute am Fußende des Bettes neue Gartenzwergmodelle auf und rief: »Klara! Die neuen Typen! Na, ist das 'ne Wucht? Da, der Kleine, der auf 'nem Frosch reitet! Und der liebe Jung mit dem Tropenhelm! Ist für 'n Export nach Afrika. Wetterfester Lack. Termitensicher durch Antibesprühung. Ist das 'ne Kollektion, was? Das macht Domplatz und Co. so schnell keiner nach. Phantasie muß der Mensch haben …«
    Der dicke Otto hatte sie, bei seinen Gartenzwergen. Neben seiner Frau im Bett hatte er sie nicht. Es war sogar zweifelhaft, ob er die neue Haarfarbe wahrgenommen hatte. Und ob er noch wußte, daß die kleine, hübsche Klara erst zweiunddreißig Jahre alt war …
    Die Hände Dr. Lorentzens zogen das Nachthemd wieder hoch. Damit erlosch auch die Erinnerung Klaras. Die Gegenwart war wieder da; das große frivole Spiel, das verloren war, ehe es begonnen hatte.
    »Ich werde Ihnen eine Spritze geben, gnädige Frau«, sagte Lorentzen und klappte seinen Spritzenkasten auf. »Eine typische Bronchitis ist es nicht. Lunge und Bronchien sind frei. Sie haben kein Fieber, und auch alle anderen Untersuchungen sind negativ.«
    »Bei mir … ist das immer so … Doktor …« Klara Domplatz schämte sich maßlos. »Alles atypisch … und dann ist die Krankheit plötzlich da. Wenn's keiner denkt.« Sie sah auf die Hände Lorentzens, die die Nadel auf die Spritze setzten, eine Ampulle aufsägten und eine wasserhelle Flüssigkeit in den Glaskolben zogen. »Muß … muß das sein?«
    »Es muß.«
    Lorentzen rieb eine Stelle an Klaras Oberschenkel mit Alkohol ab und stieß dann die Spritze in das glatte Fleisch. Sie zuckte zusammen, aber ertrug es geduldig.
    »Ich komme morgen wieder«, sagte Lorentzen und packte alle Instrumente wieder in seine Tasche. »Auch das atypische Krankheitsbild muß sich einmal klären, nicht wahr? Guten Tag, gnädige Frau …« Der Arzt und Marianne Steegert gingen hinaus.
    Auf dem Flur hielt Marianne außerhalb der Hörweite Lorentzen an. »Was hast du ihr gespritzt, Lutz?« fragte sie leise.
    »Ein Bombenschlafmittel.«
    »Aber warum denn?«
    »Strafe muß sein.«
    »Und die Blinddarmuntersuchung …«
    »Sie wollte es doch so – nur solltest du nicht dabei sein. Ich bin gespannt, wie dein Katzenheer darauf reagiert.« Er lächelte schwach. »Es war gut, daß du mich gewarnt hast. Auf welche Ideen Frauen kommen, wenn sie ein paar Wochen allein unter sich sind!« Er schwenkte die Tasche hin und her und stieg die Treppe hinab zur Halle. »Ich glaube nicht, daß man mich so schnell wieder rufen wird …«
    Eine halbe Stunde später klingelte bei Marion Stellmacher im Zimmer das Telefon. Marion lag im Bett, eingewickelt in eine Kräuterpackung. Die anderen Damen des ›Club‹ waren in der Turnhalle und machten Yogaübungen. Sie lernten richtiges Atmen und wie man seelischen Frieden finden kann durch Selbstversenkung und Denken an Nichts. Bei Frau Nitze waren das die schwersten Übungen, denn wenn sie die Augen schloß, mußte sie meist an die Parties im Motel ›Forellenklause‹ denken und an die Männer, die dort wohnten, um auf den nächtlichen Anmarsch aus der Schönheitsfarm zu warten.
    »Ja?« sagte Marion Stellmacher schläfrig. So eine Packung macht müde.
    »Ich danke Ihnen.« Die Stimme Mariannes. »Sie haben uns sehr geholfen. Ich danke Ihnen besonders aus … aus persönlichen Motiven …«
    »Ich weiß.« Marion Stellmacher lächelte über ihrer spinatgrünen Maske. »Ich wünschte, ich könnte mich einmal richtig verlieben.« Marion schloß die Augen. »Durch solche dummen Scherze werden oft schicksalhafte Beziehungen zerstört. Nur deshalb habe ich Ihnen von dem

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