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Treibhaus der Träume

Treibhaus der Träume

Titel: Treibhaus der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Komplott erzählt … Sie sollen glücklich werden.«
    »Danke, Marion.«
    »Er ist ein schöner Mann, der Doktor.«
    »Ja.«
    »Ich werde nie so ein Glück haben. Wer heiratet schon eine Dirne außer Diensten?«
    Mit schwerer Hand legte Marion Stellmacher den Hörer zurück auf die Gabel.
    Dr. Lorentzen brauchte nicht mehr zu Frau Domplatz zu kommen. Klara gesundete erstaunlich schnell von ihrer atypischen Bronchitis. Die starke Schlafspritze hatte ihr genügt; sie schlief fast zwanzig Stunden lang und war hinterher so erledigt, als habe sie wirklich eine Infektion durchlitten. Frau Nitze, Frau Haut und der ganze ›Club‹ saßen in ihrem Zimmer und grübelten darüber nach, wie man Lorentzen diese Blamage heimzahlen konnte.
    »Er hat es gemerkt«, sagte Frau Nitze knirschend. »Wir haben es aber auch zu dumm angestellt. Man sollte den ›heiligen Lutz‹ woanders überraschen. Im Wald. Jawohl. Jeden Morgen macht er einen Waldspaziergang. Ich weiß das von Dicki. Schon um 6 Uhr läuft er los. Dann stapft er durch die betauten Wiesen und sieht dem Morgennebel zu, wenn er vom Tal in die Berge weht …«
    »Sie wird lyrisch!« rief Frau Haut. »Sie ist in den Doktor tatsächlich verknallt!«
    Frau Gisela Nitze wehrte sich nicht. Ja, sie nickte sogar. »Wer ist das von uns nicht, ha?« fragte sie und sah sich im Kreise um. »Los! Wer jetzt ›ich‹ sagt, der lügt infam! Wir alle lieben den Doktor. Und weil wir alle wissen, was uns erwartet, wenn wir in einer Woche wieder zu Hause sind, sollten wir uns ins Zeug legen. Eine muß die Glückliche sein. Und viel Zeit haben wir nicht mehr.«
    So beschloß man, Dr. Lorentzen bei seinem Morgenspaziergang aufzulauern. Wieder wurden Lose gezogen. Dieses Mal traf es die Richtige: Frau Nitze.
    Als sie das Wort ›Gewonnen‹ las, bekam sie große, blanke Augen, und ihr Atem ging schneller.
    Die beiden nächsten Tage waren randvoll mit Operationen und Nachbehandlungen belegt. Dr. Lorentzen und seine beiden Assistenten sahen nicht auf die Uhr.
    Da war zunächst die riesige Rosa Ballek, die auf dem Tisch lag, ein Koloß aus Knochen und Fleisch. Ihre Viermastbark war weg, aber die Transplantate hatten nicht alle den neuen Standort angenommen. Zwei kleine Hautlappen begannen sich abzustoßen und nahmen keine Ernährung auf. Lorentzen nahm sie weg, machte ein neues Wundbett, denn am besten heilen Transplantate in frisch blutenden Wunden ein, und übertrug neue Haut aus der Innenseite der mächtigen Oberschenkel auf den Rücken.
    »Gestern hat mein Heini geschrieben«, sagte Rosa Ballek, bevor sie wieder narkotisiert wurde. »Is'n fleißiger Junge, Herr Doktor. Kommt in der Schule gut mit. Was keiner von uns geschafft hat, das macht der Lütte … jede Klasse nur zweimal. Bin bannig stolz auf'n Heim. Will auch Seemann werd'n, schreibt er. Liegt eben im Blut, nöch?«
    Dino Valenti war traurig, als man ihn zu Lorentzen führte. Sein Augenlid hing nicht mehr, aber er hatte ein schönes ›Veilchen‹, wie man es nennt. Nun glaubte er, der Bluterguß bliebe so. »Warum hat das Schicksal mich so gestraft, Doktor?« sagte er wehleidig. »Nun kann ich Adagios und presto vivace spielen, soviel ich will – das Lid bleibt zwar oben, aber nun lachen sie über mein blaues Auge. Ich bin erledigt, Dottore! Ich kann Fische verkaufen oder Nudeln ziehen.«
    Lorentzen nahm sich viel Zeit, um Valenti davon zu überzeugen, daß sich nach spätestens zehn Tagen alles normalisiere. Valenti nickte traurig. Guter Dottore, dachte er, gibt sich solche Mühe, die Lüge glaubhaft zu machen. Er ging in sein Zimmer zurück, holte seine Geige und spielte nur noch Totengesänge, Nocturnes und wehmütige Klagelieder.
    Die Baronin v. Durrhaus war besser dran. Ihre Reithosenbeine waren verschwunden. Sie hatte zwar keine gertenschlanken Beine bekommen, denn so weit kann selbst ein Chirurg nicht die Natur korrigieren, aber nach der Operation waren ihre Beine gerade und wohlgeformt, die Hüften normal gerundet, ja sogar von einem gewissen Schwung, und wenn sie jetzt ging, hatte ihr Gang etwas Aufreizendes, weil Beine, Hüften, Leib und Brüste eine proportionierte Einheit bildeten.
    Stundenlang hatte Luisa v. Durrhaus vor dem Spiegel gestanden und sich bewundert. Sie hatte sich gedreht … erst nackt, und da war es doch eine kleine Enttäuschung, die langen, gebogenen Narben zu sehen, die zwar eines Tages verblaßten, aber doch immer sichtbar blieben. Das war der Preis für ein neues Ebenmaß des Körpers, aber es war

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