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Treibhaus der Träume

Treibhaus der Träume

Titel: Treibhaus der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ein zahlbarer Preis. Denn: Im Kleid, in engen, langen Strandhosen, in hautanliegender Abendtoilette, ja sogar in mittellangen Shorts konnte sich Luisa v. Durrhaus selbst an ihrer eigenen Figur begeistern. Hin und her ging sie im Zimmer, sich im Spiegel beobachtend, und sie schüttelte immer wieder den Kopf über ihre Wandlung.
    »Ich bin ein ganz anderer Mensch, Doktor«, sagte sie bei der dritten Nachuntersuchung. »Vorher … oh, Sie wissen nicht, unter welchen Komplexen ich litt. Es war schrecklich. Sie schweigen doch, Doktor?«
    »Das ist meine vornehmste Pflicht.«
    Luisa v. Durrhaus sah auf ihre Hände. »Ich bin den Männern nachgerannt, Doktor.« Ihre Stimme war ganz klein und kindlich. »Ich habe jeden akzeptiert, nur um die Gewißheit zu haben: Du bist noch nicht so häßlich, daß sie sich von dir abwenden. Und doch hatte ich immer das Gefühl, daß sie mich alle belogen.« Sie blickte hoch. In ihren blauen Augen standen Tränen. »Das ist jetzt alles ganz anders. Ich bin schön. Meine Hüften, meine Schenkel blähen sich nicht mehr zur Seite. Ich bin direkt schlank gegen früher.«
    »Das sind Sie wirklich, Baronin«, sagte Lorentzen mild.
    »Sie sind ein wunderbarer Mensch, Doktor. Miß Bridge hatte recht; man kann Ihnen für alles gar nicht danken. Ich bin wirklich ein ganz anderer Mensch …«
    Der erste, der diese Wandlung massiv zu spüren bekam, war Adam Czschisczinski. Als er an diesem späten Abend wieder zur Baronin ins Zimmer schlich, nicht ohne sein Luftkissen mitzubringen, um schmerzlose Weichheit zu garantieren, wurde er ungnädig empfangen. Luisa v. Durrhaus saß angekleidet und hoheitsvoll im Sessel am Fenster.
    »Was wollen Sie?« fragte sie hochmütig. Dicki blieb mit offenem Mund stehen, das zusammengerollte Luftkissen unterm Arm.
    »Schätzchen … ich bin's, der liebe, starke Dicki …«
    »Hinaus!« sagte die Baronin laut.
    »Mein sprudelnder Wildbach …«
    »Soll ich der Schwester läuten?!«
    Dicki rieb sich die Augen. Er verstand die Welt nicht mehr. Tapsend machte er einen Schritt weiter ins Zimmer.
    »Mein blondes Wälzerchen«, stotterte er. »Ich bin's … dein unermüdlicher Streiter.«
    »Machen Sie, daß Sie endlich hinauskommen, Sie stinkender Pferdeknecht!« schrie die Baronin. »Mir wird übel, wenn ich Sie nur rieche! Sie Stallmister! Hinaus!«
    Dabei stampfte sie mit den Füßen auf und sah Dicki mit einem Hochmut an, der kalt war wie ein Eisblock.
    Verwirrt verließ Adam das Zimmer und schlich zurück in seine Portiersbude. Dort warf er das Luftkissen in die Ecke und setzte sich schwer auf einen Stuhl.
    »Nein, so was«, stotterte er fassungslos. »Stinkender Pferdeknecht. Und früher hat sie immer gesagt: Du riechst so wild wie ein Hengst in einer Stutenherde …«
    Er kannte sich nicht mehr aus. Wer konnte auch mit dem Hirn eines Adam Czschisczinski begreifen, daß mit dem Wegfall der Reithosenbeine auch die Vergangenheit in die Plastikeimer fiel, in denen man das Fettgewebe, das man herausgeschnitten hatte, wegtrug.
    Am Abend machte Lorentzen eine neue Transplantation bei dem ›Grafen‹. Die bisherigen Überpflanzungen waren gelungen, weil es sich um gut genährte Spaltlappen gehandelt hatten. Der Defekt in der Wangenmitte aber konnte nicht mit Haut allein geschlossen werden. Das erforderte einen Rundstiellappen. Es war ein langwieriger Weg, der viel Geduld erforderte. Ein Hautlappen von der Innenseite des Unterarmes mußte in die Wunde der Wange eingenäht werden und so lange mit dem Arm verbunden bleiben, bis er im Gesicht so weit angewachsen war, daß man ihn ganz vom Arm trennen konnte. Dies aber bedeutete, daß der ›Graf‹ einige Wochen mit einem Gesicht herumlaufen mußte, das mit seinem Unterarm fest verbunden war.
    »Tun Sie, was Sie müssen, Doktor«, sagte der ›Graf‹. »Ich habe volles Vertrauen. Um wieder wie ein Mensch auszusehen, trage ich auch meinen Arm ans Gesicht genäht.«
    Dr. Lorentzen schwieg und sah den ›Grafen‹ nachdenklich an.
    »Sie bekommen nie Post«, sagte er endlich.
    »Nein.«
    »Ich hatte erwartet, daß Ihre Tochter …«
    »Ich nicht. Ich habe es ihr verboten.« Das schöne, aristokratische Gesicht wurde kantig. »Ich bin auf Safari; das ist jetzt die offizielle Version. Irgendwo am Victoria-See. Nicht erreichbar. Das ist gut so. Ich habe in den Zeitungen gelesen, daß man mich in Wien sehr vermißt …« Er schwieg plötzlich. Er hatte zu viel gesagt. Der ›Graf‹ ergriff die Hand Lorentzens. »Vergessen Sie das,

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