Treibland
Steenkamp?»
«Ja, natürlich.»
«Wieso natürlich?»
«Cay Steenkamp hat zwei oder drei Stiftungen, ein guter Kaufmann, der auch zurückgibt. Sponsert das Matthiae-Mahl im Rathaus und so was. Das weiß in Hamburg jeder.»
«Der Pharma-Unternehmer.»
«Genau.»
Danowski merkte, wie das Gefühl nach und nach in die meisten Teile seines Körpers zurückkehrte, und damit an vielen Orten auch Variationen von Schmerz.
«Und Ihr Mann kannte Wilken Peters. Das war ein Kunde von ihm.»
«Ja. Nachdem Sie mich gefragt haben, habe ich das bei dem Logistikunternehmen überprüft, mit dem mein Mann zusammengearbeitet hat. Wilken Peters war kein besonders guter Kunde, aber er war einer. Er hat sogar noch offene Rechnungen, das habe ich gleich mal weitergegeben.»
«Okay, Peters und Steenkamp sind gemeinsam beim Krisenstab aufgetreten. Als es um Impfungen ging. Steenkamp stellt so was her.»
«Dann hat er jetzt ja ein gutes Geschäft gemacht», sagte Kathrin Lorsch mit flüchtigem Zynismus. «Zumindest, solange sich das mit den Impfschäden nicht ausweitet.»
«Und Peters hat das eingefädelt, auf eine Art. Die Stadt, genauer gesagt die Gesundheitsbehörde, ist der Kunde, und Steenkamp liefert. Impfstoffe gegen Ebola und ähnliche Viren.»
«Das mag sein, aber das finde ich nicht unnormal. Die kennen sich bestimmt auch vom Club. Peters spielt da auch.»
Stimmt, dachte Danowski. Ich hab erlebt, dass er eine Partie abbrechen musste, weil wir Krisenstabsitzung hatten. Zumindest war er so angezogen.
«Ich weiß nicht ganz, worauf Sie hinauswollen», sagte sie, nachdem sie eine Weile geschwiegen hatten.
«Ihr Mann hat illegal ein tödliches Virus beschafft. Vielleicht wollte er es gar nicht nach Hamburg bringen, um Sie in einem Vierteljahr in Afrika damit zu vergiften. Vielleicht war von Anfang an der Plan, das Virus hier irgendwie in der Stadt zu verbreiten, damit Steenkamp, unterstützt von Peters, seinen Impfstoff verkaufen kann.»
«So was passiert in Hamburg nicht», sagte Kathrin Lorsch. «Cay Steenkamp ist ein trauriger alter Mann, der sein Leben anderen Menschen gewidmet hat. Er hat seine Kinder verloren, als sie zehn und elf waren. Wegen einer Gehirnhautentzündung oder so, die damals falsch behandelt worden ist.»
«Woher wissen Sie das?»
«Er hat es mir erzählt. Ich spreche immer viel mit den Auftraggebern, wenn jemand ein archäologisches Porträt von mir haben will.» Sie bückte sich unter den Tisch und holte ihre Handtasche hervor, daraus das Notizbuch, an das Danowski sich gut erinnerte.
«Sie erinnern sich?», fragte sie.
«Ich erinnere mich», sagte er schuldbewusst, weil sie ihn vor langer, langer Zeit damit konfrontiert hatte, dass er heimlich darin gelesen hatte. Sie schlug es auf und schob es ihm über den Tisch.
so weit weg
immer Zeit für die beiden
sind immer da und nie
keine Zeit mehr
viele Fehler gemacht
größter Stolz, das zuzugeben
–> alles andere schwach
Fehler aus Liebe, Fehler aus Wut
(Wut=Liebe)
aber nie nie nie aus Angst
«Sie haben das neulich für irgendeine Selbsterforschung von mir gehalten, aber das waren Notizen von meinem Vorgespräch mit Cay Steenkamp. Über sein Verhältnis zu Jette und Jörn, seine Erinnerungen an sie. Jette und Jörn, das waren seine Kinder. Das waren tiefe Gefühle, die da bei ihm hochkamen, als er über die beiden gesprochen hat.» Das Letzte schon unangenehm in Randbereiche lappend von Psychogewäsch.
«Und warum brauchte er das Porträt so dringend, dass Sie deshalb Ihre Reise verschieben mussten?»
Sie lächelte. «Angeblich für irgendeine Eröffnung, eine neue Geschäftsstelle oder neue Empfangsräume der Stiftung. Aber ich glaube, er hatte einfach plötzlich ganz große Sehnsucht danach, dieses Bild von seinen Kindern zu besitzen. Ich glaube, er wollte es gar nicht in der Stiftung aufhängen lassen, sondern bei sich zu Hause. Das erlebe ich nicht zum ersten Mal. Die Menschen bekommen Sehnsucht nach meinen Bildern, wissen Sie.»
Danowski schüttelte den Kopf. «Er hat das gesagt, damit Carsten Lorsch allein nach Newcastle fahren konnte, ohne dass Sie Verdacht schöpften. Weil es von Anfang an darum ging, dieses Virus nach Hamburg zu holen. Dass Ihr Mann sich damit vergiftet hat, war ein Unfall oder ein Zufall, wahrscheinlich gab es Streit mit Simone Bender um die Ampulle. Falls das alles ist. Simone Bender hat früher auch bei einer Pharmafirma gearbeitet. Und aus ihrer Küche habe ich einen Magneten mit dem Symbol dieser
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