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Treue Genossen

Treue Genossen

Titel: Treue Genossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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verkrampft, während Arkadi las. »Reiseziel Vancouver in Kanada, ausgestellt für Herrn und Frau Levinson und ihre Tochter. Ein ukrainischer Pass und ein kanadisches Einwanderungsvisum. Wie haben Sie das geschafft?«
    »Ich bin Kapitalanleger. Ich habe dort Geld auf der Bank.«
    »Sie haben sich eingekauft.«
    »Das ist völlig legal.«
    »Wenn Ihre Vergangenheit sauber ist. Sie haben einen neuen Namen, eine neue Haarfarbe und bestimmt auch eine neue Vergangenheit. Was noch?«
    »Es gab mal einen Levinson. Er hat sie verlassen.«
    »Und Sie sind für ihn eingesprungen?«
    »Ja. Vor zwei Jahren. Ich war damals schon ihr Patient. Aber Rebecca wollte nichts mit der Mafia zu tun haben. Wir sind verheiratet, aber ich konnte sie und die Kleine höchstens einmal im Monat sehen, denn ich musste verhindern, dass jemand von ihrer Existenz erfuhr, vor allem meine ehemaligen Kollegen.«
    »Und die Zahnhygienikerin?«
    »Die? Ich brauchte einen Vorwand für meine Praxisbesuche. Na ja, jetzt macht sie sich ein paar schöne Tage in Marokko. Ein hübsches Mädchen.«
    »Das fand Viktor auch.«
    »Ich habe Viktor bemerkt. Ich habe ihn durch halb Kiew geschleift. Er hat sich gemacht.«
    »Wieso haben Sie Pascha Iwanow aus dem Butyrka-Gefängnis angerufen? Worum ging es dabei?«
    »Es war eine Warnung, genauer gesagt, es wäre eine Warnung geworden, wenn er zurückgerufen hätte.«
    »Eine Warnung? Wovor?«
    »Eine Warnung eben.«
    »Das genügt mir nicht.«
    »Jetzt hören Sie aber auf.«
    »Dann muss ich Ihnen eben auf die Sprünge helfen. Karel Katamai. Er ist übrigens tot.«
    »Ich hab’s in den Nachrichten gehört.« Anton trat rückwärts an die Lippenstiftauslage wie ein Boxer, der beschlossen hatte, Prügel einzustecken. »Also gut, ich kannte Karel aus Pripjat, er war damals noch ein Kind. Ich wusste, was er durchmachte. Ich erinnere mich noch gut an die Evakuierung und wie die Leute jeden aus Pripjat behandelt haben. Als hätten wir die Pest. Für mich war es nicht so schlimm. Ich war Boxer, ich ließ mir nichts gefallen. Aber für Karel war es hart. Als er noch klein war, habe ich öfter von ihm gehört, dann ein paar Jahre lang nichts mehr, und plötzlich ruft er mich an und sagt, er sei in Moskau und brauche leihweise einen Van. Den Van einer Kammerjägerfirma. Er hatte mich noch nie um einen Gefallen gebeten.«
    »Sagte er, wozu?«
    »Er sagte, für einen Scherz. Sie wollten einem Freund einen Streich spielen.«
    »Und Sie haben ihm den Van besorgt?«
    »Halten Sie mich für verrückt? Glauben Sie, ich setze die Zukunft meiner Familie aufs Spiel und klaue für einen Jungen, den ich seit Jahren nicht gesehen habe, einen Wagen? Ich habe abgelehnt, und da hat er mir erzählt, dass er nach Moskau gekommen sei, um sich um Pascha Iwanow zu kümmern. Er wollte mir imponieren und sagte, sie würden es ihm heimzahlen. Ich entgegnete ihm: Du kannst es Iwanow nicht heimzahlen, niemals. Was geschehen ist, ist geschehen. Dann habe ich mich im Butyrka einbuchten lassen, bis alles vorbei war. Ich habe Iwanow angerufen, aber er hat nie zurückgerufen. Ich hab’s versucht.«
    »Und jetzt wollen Sie davonlaufen?«
    »Ich laufe nicht davon. Irgendwann kommt der Punkt, wo man genug hat, wo man ein normales, gesetzestreues Leben führen will.«
    »Und Ihre kriminelle Vergangenheit? Glauben Sie, Sie können einfach so aussteigen?«
    »Ja, einfach so. Ich gehe zur Tür raus. Steige in ein Flugzeug. Und fange noch mal von vorn an.«
    »Was ist mit den Leuten, denen Sie den Schädel eingeschlagen, mit jenen, die Sie ruiniert haben? Glauben Sie, Sie können das alles einfach vergessen?«
    Anton ballte die Fäuste. Das Lippenstiftregal begann zu wackeln. Arkadi spähte in den Wartesaal und sah Dr. Levinson und das Mädchen neben ihrem Bordgepäck stehen, die Augen auf die Tickets gerichtet. Er glaubte fast zu sehen, wie sich der Erdboden unter ihnen auftat.
    »Nein«, antwortete Anton. »Rebecca sagt, ich werde sie alle mitnehmen. Alle, denen ich wehgetan habe, werden mich begleiten. Ich vergesse sie nie.«
    »Ist sie Ihre Wiedergutmachung?«
    »Vielleicht.«
    »Renko!« Surin winkte aufgeregt von der anderen Seite der Halle. »Zum Donnerwetter, Renko!«
    Zum ersten Mal hatte Arkadi den Eindruck, dass Anton ihn wirklich offen ansah, als sei da ein Inneres, das er nie zuvor gesehen hatte. Anton öffnete die Fäuste und ließ die Hände sinken. Arkadi hatte das Gefühl, dass die ganze Halle aufatmete.
    »Renko, bleiben Sie, wo Sie sind!«, befahl

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