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Treue Genossen

Treue Genossen

Titel: Treue Genossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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Sachen für Sie zum Anziehen.«
    »Ich bin Ihnen nicht böse.«
    »Fein!« Roman füllte erneut die Gläser. Arkadi hakte nach. »Drei Männer? Wozu denn?«
    Maria konnte es nicht länger für sich behalten. »Wir wollen das Schwein schlachten!«
    Wieder fiel Schnee in dicken weichen Flocken.
    Roman kam in Stiefeln und mit einer Gummischürze aus der Scheune. Vanko hatte dem Schwein einen Strick ums Bein gebunden und quer über die Brust gezogen, um es aus dem Gleichgewicht zu bringen, doch Sumo war stark und wendig und begriff sofort, dass ihm dieselben Leute, die ein Jahr lang seine Wohltäter waren, nun nach dem Leben trachteten. Vor Empörung und Todesangst laut quiekend und Vanko hinter sich herziehend, galoppierte es kreuz und quer über den Hof, während Roman über dem Scheunentor einen Flaschenzug anbrachte.
    »Früher hat Roman fürs ganze Dorf geschlachtet«, erklärte Maria. »Jetzt ist nur noch unser Schwein übrig, aber wir teilen es mit unseren Freundinnen.«
    Die Sache war ganz einfach: Sumo sollte sterben, damit die anderen lebten. Doch die Szene hatte auch etwas von einem Dorffest. Vanko wurde über den weißen Hof geschleift, und die alten Frauen feuerten ihn an, als erwarteten sie nichts weniger als ein Chaos. Als das Schwein zum Tor hinauswollte, trieb Nina das Tier mit leuchtenden Augen und unter Zuhilfenahme ihrer Krücke zurück.
    »Tut mir Leid«, flüsterte Eva. »Ich hatte keine Ahnung.«
    »Wir haben Dezember, es wird Zeit, die Speisekammer zu füllen. Ich kann Roman verstehen.«
    »Willst du ihm denn helfen?«
    Arkadi knüpfte aus einem Strick eine Schlinge. »Ich warte, bis Vanko das Schwein noch etwas mürber gemacht hat.«
    Ohne Vorwarnung zog Schenja die Jacke aus und packte das Schwein. Sie wälzten sich auf dem Boden. Das Schwein war schnell und schwer und kämpfte um sein Leben, klimperte mit seinen blassen Wimpern und quiekte um Hilfe. Es schüttelte Schenja ab, doch er bekam den Strick zu fassen. Ein Junge, den Arkadi nie mehr hatte hochheben sehen als eine Schachfigur, hielt mit der einen Hand das Schwein fest und winkte mit der anderen. »Arkadi! Arkadi!«
    Arkadi hechtete nach dem Tier. Er, Vanko und Schenja wurden durch den Schnee geschleift, bis es ihm gelang, die Schlinge um das andere Vorderbein des Schweins zu legen. Sumo rutschte auf dem Rüssel vorwärts und schob mit den Hinterbeinen.
    »Bei drei«, rief Arkadi. »Eins … zwei …«
    Er und Schenja nutzten den Schwung des Tieres aus, warfen es auf den Rücken und schleiften es zu Roman, der ihm die Vorderbeine zu Boden drückte und mit einem sichelförmigen Schnitt den Hals aufschlitzte.
    Die Gummischürze machte aus Roman einen anderen, eindrucksvolleren Menschen. Er band die zappelnden Hinterbeine zusammen, hängte sie mit einem Haken an den Flaschenzug, zog das Schwein mit dem Kopf nach unten in die Höhe und schob mit dem Fuß eine Zinkwanne darunter, um das spritzende Blut aufzufangen.
    Blutverschmiert und ohne ein Gefühl in den dünnen Armen, wankte Schenja lachend durch den Schnee. Vanko rappelte sich auf und torkelte zum Samogon, während das Schwein in der Luft quiekte und zappelte. Roman sah mit gebieterischer Ruhe zu. Dann bohrte er dem Schwein einen Finger ins Auge und drückte es heraus. Arkadi sah Eva, und sie sah ihn an.
    »Damit es schneller ausblutet«, erklärte Roman Schenja.
    Roman schob das Schwein, als es sich nicht mehr rührte, mit einem Schubkarren in die Mitte des Hofs, wo die Frauen Heu auf ihm ausbreiteten und anzündeten. Flammen züngelten im Schnee. Sowie das Heu verbrannt war, stellte sich Roman breitbeinig über das Schwein und schabte die versengten Borsten ab. Maria ließ die Hühner heraus. Sie liefen im Garten umher, pickten nach dem Blut und stritten sich um das Auge. Die Borsten wurden mehrmals abgeflämmt und abgeschabt, dann wusch Roman das Blut ab, und Arkadi wunderte sich, wie sauber die ganze Prozedur war. Roman schnitt die knusprigen Ohren ab und bot sie Vanko und Arkadi als Leckerbissen an. Arkadi lehnte ab. Schenja nahm eines.
    Den restlichen Nachmittag über wurde das Schwein zerlegt. Zuerst hackte man ihm mit einem Beil den Kopf ab, denn der musste am längsten kochen, dann trennte man ihm mit Messern die Beine ab. Roman schlitzte den Rücken auf und legte eine glänzende Schicht Rückenspeck frei. Maria und ihre Freundinnen wuselten in Vorfreude auf den Schinken, die Würste und den Räucherspeck eines ganzen Jahres mit Plastikeimern umher.
    Blaue Schatten waren über

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