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Treue Genossen

Treue Genossen

Titel: Treue Genossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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ins Grab. Wir würden wie rachsüchtige Fanatiker dastehen, und das sind wir nicht.« Der Staatsanwalt sah Arkadi forschend in die Augen. »Wenn Sie sich also ein wenig umgesehen haben, kehren Sie in Ihr Büro zurück, packen alle Akten über Iwanow und NoviRus zusammen und bringen sie in mein Büro. Noch heute Abend. Und hören Sie auf, Kriminalität und >Neurussen< ständig in einem Atemzug zu nennen. Wir alle sind Neurussen, Renko, oder etwa nicht?«
    »Ich werde mich bemühen.«
    Iwanows Wohnung nahm den gesamten zehnten Stock ein. Die wenigen Zimmer waren sehr geräumig und boten einen Panoramablick auf die Stadt, der einem die Illusion vermittelte, durch die Luft zu spazieren. Arkadi begann im Schlafzimmer. Die Wände waren mit Leinen bespannt, der Fußboden mit Perserteppichen ausgelegt. Die Fotos zeigten Iwanow privater: beim Skifahren mit Rina, beim Segeln mit Rina, in Tauchausrüstung mit Rina. Sie hatte große Augen und slawisch hohe Wangenknochen. Auf jedem Bild spielte der Wind mit ihrem goldenen Haar. In Anbetracht des Altersunterschieds musste Iwanow ein wenig das Gefühl gehabt haben, ein langbeiniges Mädchen, eine Lolita, zu seiner Mätresse gemacht zu haben. An nichts anderes erinnerte sie Arkadi - immerhin war Lolita eine russische Schöpfung! Auf Paschas Gesicht lag ein Ausdruck beinahe väterlichen Humors, und Rinas Lächeln hatte etwas Süßliches.
    Eine rosige Nackte hing an der Wand. Ein Modigliani. Auf dem Nachttisch standen ein Aschenbecher aus Lalique-Glas und ein Hermes-Wecker, und in der Schublade fand sich eine Neun-Millimeter-Pistole der Marke Viking mit einem klobigen Siebzehn-Schuss-Magazin, die Iwanow jetzt ebenso viel nutzte wie ein Kartenschlüssel mit dreißig Milliarden Zahlenkombinationen. Auf dem Bett lag ein Aktenkoffer mit einem Schuhbeutel von Bally und einem Kabel für ein Handy-Ladegerät darin. Das Bücherregal enthielt eine dekorative Sammlung abgegriffener, in Leder gebundener Bände mit Werken von Puschkin, Rilke und Tschechow und eine Uhrenbox, die sanft eine Rolex, eine Cartier und eine Patek wiegte, damit sie nicht stehen blieben, was für den Toten eine absolute Notwendigkeit war. Das Einzige, was aus dem Rahmen fiel, war ein Haufen schmutziger Wäsche in einer Ecke.
    Er gelangte in ein Badezimmer mit Marmorfliesen, einem Whirlpool mit vergoldeten Armaturen, beheizbaren Haltern für Bademäntel, die groß genug für Eisbären waren, und der Annehmlichkeit eines Toilettentelefons. Ein Rasierspiegel vergrößerte die Falten in Arkadis Gesicht. Der Arzneischrank barg neben den üblichen Toilettenartikeln Flaschen mit Viagra, Schlaftabletten und dem Antidepressivum Prozac. Arkadi fiel auf, dass auf jedem rezeptpflichtigen Medikament der Name Dr. Nowotny stand. Antibiotika gegen eine Infektion fand er nicht.
    Die Küche sah neu und unbenutzt aus. Glänzender Edelstahl, makellose Emailtöpfe und ein Kochfeld ohne die kleinste Spur eingebrannter Soße. In einem silbernen Gestell lagerten verstaubte teure Weine, die fraglos ein Kenner ausgewählt hatte. Doch die Spülmaschine war voll mit schmutzigem Geschirr und verriet wie das nachlässig gemachte Bett und die unordentlich aufgehängten Handtücher im Badezimmer, dass der Hausherr selbst den Haushalt versorgte. Der Kühlschrank, groß wie in einem Restaurant, war eine kühle Gruft und leer bis auf ein paar Flaschen Mineralwasser, verschiedene Käseecken, Cracker und einen halben Laib geschnittenes Brot. Im Eisfach lag Wodka. Als rühriger Unternehmer hatte Pascha jeden Abend mit Geschäftspartnern außer Haus gegessen. Bis vor kurzem war er noch für seine Geselligkeit bekannt gewesen, und kein reicher Eremit mit langen Haaren und Fingernägeln. Er hätte weitaus mehr tun wollen, als seinen Freunden eine hypermoderne blitzblanke Küche vorzuführen und einen anständigen Bordeaux oder einen eisgekühlten Schluck Wodka zu servieren. Doch er hatte niemandem etwas gezeigt, seit Monaten nicht. Im Esszimmer stand ein Tisch aus Rosenholz. Arkadi legte die Wange aufs Holz und spähte über die Platte. Staub, aber kein einziger Kratzer.
    Durch Drehen an einem Dimmer verwandelte er den nächsten Raum in ein Heimkino mit einem gut zwei Meter breiten Flachbildschirm, Lautsprecherboxen in mattiertem Schwarz und sechs mit rotem Samt bezogenen Drehsesseln. Alle Neurussen besaßen Heimkinos, als wären sie im Nebenberuf Filmregisseure. Arkadi durchmusterte die Videothek. Sie bot eine breite Auswahl von Eisenstein bis Jackie Chan. Im

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