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Tribunal

Tribunal

Titel: Tribunal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Erfmeyer
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kommen Sie darauf?«, fragte ihn Verena Frodeleit banal, als wollte sie Stephan eine Schlussfolgerung verbieten, die sich allen aufzudrängen begann.
    Stephan würgte die aufkommende Übelkeit runter. »Herr Löffke musste sein Auto auf Bromscheidts Grundstück an die Seite fahren. Vermutlich aus dem Grund, dass man es von der Straße oben nicht sieht. Und wir sollten unseren Wagen in die Brunnenstraße fahren, damit es so aussieht, als seien wir bei Marie zu Hause oder überhaupt nicht weggefahren.«
    »Und das Projekt sollte geheim gehalten werden«, ergänzte Marie. »Er wollte nicht, dass irgendjemand etwas darüber erfährt. Erst vorhin hat er den Tunnel wie zufällig ins Spiel gebracht. Vermutlich wollte er aber zu keinem Zeitpunkt in die Alte Steinwache.«
    »Aber was sollte er von uns wollen?« Löffke schüttelte den Kopf. »Er hat keinen Grund, uns festzuhalten. Bromscheidt kennt uns nicht einmal. Achim hat er nur zufällig über mich kennengelernt. – Mit Ihnen beiden«, er leuchtete mit seiner Taschenlampe auf Marie und Stephan, »konnte er überhaupt nicht rechnen. Er kann nichts gegen uns haben. Wir sind doch alle zufällig mit ihm zusammengetroffen.«
    »Ein Psychopath!« Verenas Stimme hatte sich schrill aufgeladen. »Achim, tu was!«
    Mit jeder weiteren Minute, die sie in dem Stollen festsaßen, wurde ihnen klarer, dass Bromscheidt sie nicht zufällig eingeschlossen hatte und dass er auch nicht beabsichtigte, die Tür bald wieder zu öffnen. Hätte sich die Tür, vielleicht aufgrund eines ohnehin unwahrscheinlichen technischen Defekts, von selbst geschlossen, hätten sie zumindest Bromscheidts Stimme aus dem Hauptstollen im Bemühen hören müssen, die Tür wieder zu öffnen.
    Löffke hatte inzwischen aufgehört, gegen die Tür zu treten. Instinktiv merkte er, Bromscheidt damit entweder zu reizen oder ihn in seinem Vorhaben noch weiter zu bestärken.
    Dörthes hilfloses Klagen blieb unbeantwortet, doch alle fühlten ähnlich.
    Sicher hatte Stephan mit seiner Annahme recht, dass Bromscheidt alles geplant hatte. Wie naiv waren sie auf seine Weisung hin in diesen kleinen Stollen gegangen, der angeblich noch eine Beleuchtung haben sollte, die Bromscheidt einschalten wollte. Er selbst hatte doch gesagt, dass es hier unten keinerlei technische Einrichtungen mehr gebe. Sie hatten einem Menschen vertraut, den sie alle einfach nur nett fanden und der sie mit seiner zuvorkommenden Art schnell eingefangen hatte. An Bromscheidt hatte sich kein Argwohn entzündet. Warum sollte er sie hier einschließen sollen?
    »Er ist kein Psychopath«, entschied Frodeleit schließlich. »Er hat nichts davon, uns hier in diesem Stollen zurückzulassen. Er hat keine Medienwirkung und er kann andere nicht teilhaben lassen. Wenn er uns etwas antun wollte, wäre dies für ihn die unattraktivste Variante. Es wären dann schlicht Menschen verschwunden. Dieser Umstand allein kann ihn nicht befriedigen, wenn er psychopathisch strukturiert ist. Das macht für ihn keinen Sinn. Außerdem ist sein Kontakt zu uns nicht gänzlich unbemerkt geblieben, selbst wenn er sich darum bemüht hat, dass wir aus jetzt doch sehr naheliegenden Gründen anderen nichts von dem Projekt erzählen sollten.«
    Frodeleit analysierte bemerkenswert nüchtern. Er schritt in dem Stollen einige Meter auf und ab und richtete seine Taschenlampe gegen die Tunneldecke. Hin und wieder streifte der Lichtstrahl sein Gesicht, das fahl und gespenstisch wirkte. Er schien in dieser zunehmend bedrohlich werdenden Situation außergewöhnlich ruhig zu sein. Hatte er keine Angst oder zeigte er sie nur nicht?
    Marie und Stephan blieben still. Sie wünschten, sie hätten sich vorhin in der Brunnenstraße von den anderen verabschiedet. Niemand konnte ahnen, dass sie mit dem Zustieg in Bromscheidts weißen Van den wesentlichen Schritt getan hatten, sich diesem Menschen auszuliefern.
    »Wie kommst du darauf, dass jemand etwas von dem Projekt mitbekommen hat, Achim?«, fragte Löffke gepresst.
    »Er hat doch in eurer Kanzlei angerufen, als er mit dir Kontakt aufnahm …«, erwiderte Frodeleit überlegen.
    »Ja, und?«
    »Er wird seinen Namen gesagt und auf die Frage deiner Sekretärin sein Anliegen mitgeteilt haben. Er wollte dich nicht wegen eines Mandats sprechen. Das ist ungewöhnlich. Deine Sekretärin wird sich an ihn erinnern. Also stehen die Chancen gut, dass sie sich den Namen Bromscheidt eingeprägt hat«, folgerte Frodeleit.
    Löffke schüttelte den Kopf. »Sie wird sich

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