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Tribunal

Tribunal

Titel: Tribunal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Erfmeyer
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muss ich noch eines wissen«, sagte Britta. »Ab wann habt ihr geahnt, dass wir davon wussten, was Bernd vorhatte?«
    »Seit unserem ersten Gespräch.« Marie wischte sich mit der Hand ihre nassen Haare von der Stirn. »Du hattest den Begriff der Kathedrale benutzt. Er steht merkwürdigerweise in keinem polizeilichen Protokoll. Und wir haben ihn auch nie erwähnt. Also muss Bernd ihn vorher schon euch gegenüber benutzt haben.«
    »Ja, dann …!« Peter nahm sein Glas vom Beckenrand.
    »Auf Marie«, schlug er vor, »die die Idee hatte, Löffke einen Erpresserbrief zu schreiben.«
    »Und die nicht vergessen hat, in dem Brief zu erwähnen, dass ich eine Kopie erhalten werde. Denn sonst wäre Löffke kaum zu mir gekommen«, ergänzte Stephan.
    »Und auf Stephan«, ergänzte Britta und griff zu ihrem Glas, »der in zwei Nächten Löffkes Akten durchgesehen und die Betrügereien festgestellt hat.«
    »Von denen ich allerdings geahnt habe«, schwächte Stephan ab. »Entweder wird Löffke gehen oder ich verlasse die Kanzlei. Ich werde das in den nächsten Wochen entscheiden.«
    »Weiß er davon?«, fragte Britta.
    »Er sagt nur, dass es in jedem Fall einen Kampf geben wird.«
    »Einen Kampf?« Peter glitt bis zur Schulter ins Wasser. »Wofür kämpft er?«
    »Es geht um den Wert der Anteile«, erklärte Stephan. »Es geht immer nur ums Geld. Er kennt keine anderen Werte.«
    »Dann wird er seinen Freund nicht vermissen«, vermutete Peter.
    Er griff aus dem Wasser nach dem auf dem Beckenrand stehenden Tablett und nahm die Fotokopie des jüngsten Justizministerialblattes in die Hand.
    »Ich bitte, die Gläser wieder in die Hand zu nehmen«, bat er, bevor er die knappe Notiz vorlas:
     
    ›Achim Frodeleit, dessen Berufung zum Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Hamm bevorstand, hat auf den Vorsitz einstweilen verzichtet. Frodeleit gab private Gründe an.‹
     
    »Warum nur einstweilen?«, fragte Britta.
    »Löffke hat Frodeleit nicht bei der Polizei angezeigt, wie wir es gefordert haben«, erläuterte Stephan. »Aber offensichtlich hatte Löffkes Drohung, dies zu tun, Frodeleit die richtige Konsequenz ziehen lassen. Wir haben jedenfalls das gewünschte Ergebnis: Frodeleit wird nicht Vorsitzender.«
    »Trotzdem: Einstweilen gefällt mir nicht«, erwiderte Britta. »Kann man keine Einzelheiten erfahren?«
    Stephan winkte ab. »Wenn er sich wieder bewirbt, werden wir in gleicher Weise verfahren.«
    Britta sah nachdenklich vom Poolrand aus auf den Nadelwald. »Was war das?«, fragte sie.
    »Was?« Peter sah in die gleiche Richtung.
    »Irgendetwas blitzte da auf.« Sie sah noch eine Weile auf den dunklen Waldrand, dann wandte sie sich ab. Sie griffen wieder zu ihren Getränken.
    »Es tut mir leid um Frodeleit«, sagte Britta.
    Stephan lachte.
    Sie stießen an.
    »Schnell wieder eintauchen!« Marie stellte ihr Glas auf den Beckenrand und stieß sich in das warme Wasser ab.
    »Der neue Generator ist ein Wunderwerk«, stellte Peter fest. »So gut war der Pool noch nie beheizt. Der alte Generator steht wohl noch im Stollen, oder nicht? Es würde mich jedenfalls nicht wundern. So ein Gerät trägt kein Mann allein.« Er lächelte.
    Stephan nickte. »Ich verstehe. Und die Toilette?«
    »Stand schon vorher im Stollen!« Peter zwinkerte mit den Augen. »Sie diente vermutlich den Arbeitern, als der Großteil der Einrichtungen aus dem Stollen entfernt wurde.«
     
    Der Mann am Waldrand ließ den Fotoapparat langsam sinken. Jetzt, als alle im Pool waren, konnte die Kamera die Gesichter nicht mehr erfassen. Aber er hatte einige Aufnahmen machen können, als die vier auf das Becken zuliefen und nacheinander ins Wasser stiegen. Er hoffte, dass die Bilder gelungen waren, denn die Sonne stand ungünstig und erschwerte das Fotografieren gegen das Licht. Sie sind also Freunde, dachte er. Er hatte geahnt, dass sie sich kannten. Fröstelnd verließ der Mann den Platz, auf dem er einige Zeit ausgeharrt und den Schnee breitgetreten hatte.

10.
    Marie nahm die letzte U-Bahn zur Brunnenstraße. Wie so oft in den vergangenen Wochen war es bei den Treffen mit ihren Freundinnen aus dem Studium spät geworden. Jetzt, wo sie alle mit nahezu gleichen Noten abgeschlossen hatten, waren sie unbefangen und entspannt wie zu Beginn des Studiums, als sie sich kennengelernt hatten. Damals trafen sie sich zu Pasta und Wein, weil sie die Lasten des Lernens und der Prüfungen noch nicht kannten. Jetzt verabredeten sie sich, weil der bevorstehende Schritt ins

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