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Tricks

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Titel: Tricks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Munro
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heraus, die leuchteten.
    Jetzt redete er ernsthaft. Er lächelte ihr in die Augen. Sie wurde an die Mühelosigkeit erinnert, mit der er früher seinen Charme eingesetzt hatte. Aber sie hatte immer geglaubt, dass er das ihr gegenüber unterlassen würde.
    Sie befürchtete fast, er würde sagen: »Ich langweile dich doch nicht etwa?« oder: »Ist das Leben nicht erstaunlich?«
    »Ich habe unglaubliches Glück gehabt«, sagte er. »Glück im Leben. Oh, ich weiß, einige würden das anders sehen. Sie würden sagen, ich habe mich nie richtig dahintergeklemmt oder es nie zu Geld gebracht. Sie würden sagen, ich habe mein Leben vergeudet, als ich auf der Straße lag. Aber das stimmt nicht.
    Ich habe den Ruf vernommen«, sagte er und hob die Augenbrauen. »Wirklich. Ich habe den Ruf vernommen, aus der Kiste auszusteigen. Aus der Manmuss-etwas-Großes-vollbringen-Kiste. Aus der EgoKiste. Ich habe immer wieder Glück gehabt. Sogar, als mich die Tbc außer Gefecht setzte. Hat mich vor dem College bewahrt, wo ich mir einen Haufen Unsinn in den Kopf gestopft hätte. Und sie hätte mich davor bewahrt, eingezogen zu werden, wenn der Krieg früher ausgebrochen wäre.«
    »Du hättest ohnehin nicht eingezogen werden können, als verheirateter Mann«, sagte Nancy.
    (Sie war einmal zynisch genug aufgelegt gewesen, um Wilf gegenüber laut zu überlegen, ob das der Grund für die Heirat gewesen sein könnte.
    »Die Gründe anderer Leute sind für mich nicht sonderlich von Belang«, hatte Wilf geantwortet. Es werde ohnehin keinen Krieg geben, hatte er hinzugefügt. Und für die nächsten zehn Jahre auch recht behalten.)
    »Nun ja«, sagte Ollie. »Genau genommen war das keine streng gesetzliche Eheschließung. Ich war meiner Zeit voraus, Nancy. Aber ich vergesse immer wieder, dass ich gar nicht richtig verheiratet war. Vielleicht weil Tessa eine sehr tiefgründige und ernste Frau war. Wenn du mit ihr zusammen warst, dann warst du mit ihr zusammen. Nichts Lockeres, Unbeschwertes mit Tessa.«
    »Also«, sagte Nancy so leichthin, wie sie nur konnte. »Also. Du und Tessa.«
    »Es war der Große Börsenkrach, der alles zunichte gemacht hat«, sagte Ollie.
    Was er damit meinte, fuhr er fort, war, dass ein Großteil des Interesses und dementsprechend auch die Finanzierung versiegt war. Die Finanzierung der Untersuchungen. Es gab ein Umdenken, und die Wissenschaftsgemeinde wandte sich von dem ab, was sie wohl inzwischen für eine Spielerei hielt. Einige Experimente wurden noch eine Weile fortgeführt, aber nur mangelhaft, sagte er, und sogar die Leute, die das größte Interesse, das größte Engagement aufgebracht hatten – Leute, die sich an ihn gewandt hatten, sagte Ollie, es war ja nicht so, als hätte er sich an die gewandt –, diese Leute waren die Ersten, die nicht mehr zu erreichen waren, die keine Briefe mehr beantworteten und nicht mehr zurückriefen, bis sie schließlich durch ihre Sekretärin mitteilen ließen, dass die ganze Vereinbarung vom Tisch war. Tessa und er wurden von diesen Leuten wie Dreck behandelt, wie Störenfriede und Opportunisten, nachdem sich der Wind gedreht hatte.
    »Akademiker«, sagte er. »Nach allem, was wir durchgemacht hatten, nachdem wir uns ihnen zur Verfügung gestellt hatten. Für die habe ich nichts mehr übrig.«
    »Ich dachte, du hattest hauptsächlich mit Ärzten zu tun.«
    »Ärzte. Karrieristen. Akademiker.«
    Um ihn aus dieser Sackgasse alter Verletzungen und schlechter Laune herauszusteuern – sie hatte gelernt, das mit Männern zu tun –, fragte Nancy ihn nach den Experimenten.
    Die meisten davon waren mit Karten verbunden. Nicht normale Spielkarten, sondern Spezialkarten für außersinnliche Wahrnehmung, mit eigenen Symbolen. Ein Kreuz, ein Kreis, ein Stern, Wellenlinien, ein Quadrat. Eine Karte von jedem Symbol wurde mit der Bildseite nach oben auf den Tisch gelegt, die übrigen Karten wurden gemischt und mit der Bildseite nach unten hingepackt. Tessa sollte nun sagen, welches Symbol vor ihr mit dem Symbol auf der obersten Karte des Talons übereinstimmte. Das war der offene Übereinstimmungstest. Der blinde Übereinstimmungstest war genauso, nur wurden auch die fünf Schlüsselkarten mit der Bildseite nach unten ausgelegt. Andere Tests mit zunehmendem Schwierigkeitsgrad. Manchmal wurden Würfel oder Münzen benutzt. Manchmal nur die geistige Vorstellung von einem Gegenstand. Testreihen damit, ohne ein niedergeschriebenes Wort. Probandin und Prüfer im selben Raum, in verschiedenen

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