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Trieb: Paul Kalkbrenner ermittelt. Bd. 3 (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Trieb: Paul Kalkbrenner ermittelt. Bd. 3 (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Titel: Trieb: Paul Kalkbrenner ermittelt. Bd. 3 (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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nicht dir schmecken, sondern Jessy.«
    »Aber wenn es mir schmeckt, dann schmeckt es ihr auch.«
    »Deine Logik leuchtet mir zwar nicht ein, aber«, Kalkbrenner war optimistisch gestimmt, »Lasagne ist sicherlich nach Jessys Geschmack.«

81
    Tabori ließ sich im Schneidersitz auf dem flauschigen Teppich nieder.
    »Jetzt bin ich aber gespannt«, sagte Ludwig erwartungsvoll und nahm ebenfalls mit gekreuzten Beinen ihm gegenüber Platz. »Bestimmt spielst du richtig schön.«
    »Nicht viel«, warnte Tabori und stellte die Gitarre auf seine Oberschenkel. »Nur ein Lied. Opa hat gelernt.«
    »Er hat es dich gelehrt«, korrigierte Ludwig freundlich.
    Taboris Finger entlockten den Saiten erste Töne. Sie klangen unsicher.
    Aber Ludwig lachte ihn nicht aus. »Das ist toll«, meinte er stattdessen.
    Das spornte Tabori an. Je länger er spielte, desto klarer wurde die Melodie.
    Sein Zuhörer schloss die Augen und bewegte verträumt dazu den Kopf im Takt, als würde ihm gefallen, was er hörte. Die Reaktion verlieh Tabori zusätzliche Sicherheit. Es war gar nicht so schlimm, vor anderen Leuten zu spielen. Die Melodie von
Povijn ’krushqi
entfaltete sich fast automatisch, ohne sein Zutun. Trotzdem traute sich Tabori nicht zu singen.
    »Ich würde gerne spielen können wie du«, lobte Ludwig. »Ich wollte schon immer Musik machen. Ich hoffte, Fritz bringt es mir eines Tages bei. Er spielt fast so schön wie du. Er hat sogar Musikunterricht. Aber … er ist ja nicht mehr da.«
    Tabori hatte nur die Hälfte verstanden. Er konnte sich zwar nicht vorstellen, wie es sein musste, wenn ein Sohn nichts mehr mit seinem Vater zu tun haben wollte, er wusste allerdings, wie man sich fühlte, wenn man seinen Vater sehen wollte, es aber nicht mehr konnte. So ähnlich musste es Ludwig gehen. Tabori verspürte Mitleid. »Ich spiele für dich.«
    »Du bringst es mir bei?« Ludwig klang erfreut.
    Langsam breitete sich die Erschöpfung wieder in Tabori aus, doch für einige kleine Fingerübungen sollten seine Kräfte noch reichen. Er hockte sich neben Ludwig und gab ihm die Gitarre. Dann erinnerte er sich daran, wie sein Großvater es ihm vor Jahren gezeigt hatte, und platzierte Ludwigs Finger auf den Saiten, begann, mit ihnen zu zupfen, und entlockte der Gitarre einige Töne. Sie klangen noch immer hölzern, und es fehlte ihnen jeder melodische Fluss, doch das Lied war erkennbar.
    »Du hast Talent, Tabori«, freute sich Ludwig.
    »Was ist … Talent?«
    »Du spielst schön. Gut. Sehr gut. Du hast Talent.«
    Tabori dachte an seine letzte Stunde in Gracen zurück, als Gentiana ihm und seiner Musik in der Höhle auf dem Skanderberg heimlich zugehört hatte. Anschließend hatte sie ihm genau das erklärt, was jetzt auch Ludwig sagte:
Du hast Talent.
    Es kam ihm vor, als sei das alles schon eine halbe Ewigkeit her. Dabei hatte er doch versprochen:
Ich bleibe nicht lange weg. Aber ich komme mit viel Geld nach Hause. Das wird Mutter freuen.
    »Du bist traurig«, erkannte Ludwig. »Woran denkst du?«
    »Zu Hause.«
    »Du vermisst dein Zuhause?«
    Was für eine Frage. Aber darum ging es jetzt nicht. Taboris Finger fuhren über den Teppich. Er war so flauschig, warm und behaglich. All das, wonach er sich daheim gesehnt hatte. Er gähnte. »Ryon«, sagte er leise.
    »Ja, ich weiß, ich habe dir versprochen, mich nach ihm umzusehen.«
    »Danke.«
    Unerwartet griff Ludwig nach Taboris Hand. »Pass mal auf!«
    Tabori zuckte unter der jähen Bewegung zusammen.
    »Du brauchst dich nicht ständig bei mir zu bedanken«, sagte Ludwig, während er noch immer Taboris Linke hielt. »Wenn es jemandem so wie dir schlecht geht, dann sollte das eine Selbstverständlichkeit sein, dass man ihm hilft. Jeder andere hätte das auch getan.«
    »Wie bitte?«
    »Jeder hilft dir.«
    Da war sich Tabori nicht so sicher, schließlich hatte er schon das Gegenteil erlebt. Aber er traute sich nicht zu widersprechen. Ludwig war plötzlich so ernst, und Tabori wollte ihn nicht wieder verärgern. Außerdem war er müde. Sehr müde.
    Ludwigs Hand schloss sich enger um seine Finger. »Du gehst jetzt ins Bett.«
    Die Ereignisse der letzten Tage, der quälende Hunger, die bittere Kälte, der Schock, zusammengeschlagen zu werden – das alles war zu viel für Taboris kleinen Körper gewesen.
    »Tabori!«
    Aber er war schon eingenickt. Einfach so. Sein Kopf ruhte schwer an Ludwigs Schulter.
    »Ab ins Bett.« Ludwig fegte die Teddybären von der Matratze und schlug die Decke zurück.
    Dankbar

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