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Trieb: Paul Kalkbrenner ermittelt. Bd. 3 (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Trieb: Paul Kalkbrenner ermittelt. Bd. 3 (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Titel: Trieb: Paul Kalkbrenner ermittelt. Bd. 3 (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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Spielzimmer, verstehst du?«
    Nein, Tabori verstand nicht, aber er genoss die Wärme, die sich von der Heizung an der rückwärtigen Wand aus im Raum verteilte.
    »Du hast das noch nicht oft gemacht, oder?«, fragte Erich verständnisvoll.
    Noch nie
. Aber das brauchte Erich nicht zu wissen. »Nein, nicht oft.«
    »Möchtest du Brause?«
    »Was ist Brause?«
    »Ein Getränk.« Erich nahm eine Flasche aus einem Kühlschrank, entkorkte sie und goss den sprudelnden Inhalt in zwei Gläser. »Es wird dich locker machen.«
    Die Brause prickelte wie Cola in Taboris Nase, war aber nicht so süß. Er nahm gleich noch einen Schluck.
    »Du brauchst wirklich keine Angst zu haben«, sagte Erich.
    »Keine Angst«, versicherte Tabori, obwohl sein Magen noch immer rumorte und er am liebsten weggerannt wäre.
    »Ich werde vorsichtig sein.«
    Tabori leerte das Glas mit einem weiteren Zug. Er spürte das Kribbeln in seiner Kehle, und dann wurde ihm wohlig warm.
    Erich füllte ihm sofort nach. »Sollen wir einen Film drehen?«
    »Wie Fotos?«, kicherte Tabori. Er fühlte sich wie nach dem Joint, den er mit Aidan geraucht hatte.
    »Besser noch. Ich mache aus dir einen Filmstar.«
    »Bin Popstar!« Tabori trank einen weiteren Schluck von der Brause. Der Raum begann, vor seinen Augen zu schwanken.
    »Tabori, zieh dich aus.«
    Der Junge leerte das Glas erneut. Erst zeichnete sich Erich nur noch undeutlich vor seinen Augen ab, dann war er wiederum klar zu erkennen.
    »Es sieht ja sonst keiner.«
    »Doch, du.«
    »Stimmt, ich. Aber sonst niemand. Da ist also nichts dabei.«
    Das Wabern in Taboris Schädel wurde immer dichter, füllte seinen gesamten Kopf aus. Er konnte seine Gedanken nicht mehr festhalten, aber er fühlte sich beschwingt und fröhlich. Alles war plötzlich leicht. Warum also nicht? Es war doch nichts dabei. Er legte seine Sachen ab.
    »Stell dich dorthin!« Erich richtete eine Kamera auf ihn. Tabori hatte gar nicht mitbekommen, wie Erich sie geholt hatte. »Spreiz mal die Beine.«
    Tabori gehorchte. Es geschah ganz einfach. Fast ohne sein Zutun. Wie seltsam. Es kam ihm vor, als hätte er keine Gewalt mehr über seinen Körper. Als schaute er sich selbst von irgendwoher zu, als würde er nicht mehr in seinem eigenen Körper stecken.
    »Das gefällt mir«, sagte Erich. »Jetzt setz dich hin. Hebe die Beine an.«
    Tabori tat, was Erich wollte. Er musste es nur richtig anstellen. Es war gar nicht schwierig. Schließlich war er ja kein kleines Kind mehr.
    Plötzlich ertönte ein Klingeln. Erich fluchte. »Wer ist denn das?«
    »Wer ist denn das?«, wiederholte Tabori kichernd.
    »Da steht jemand vor dem Hauseingang.« Erich legte die Kamera vorsichtig in den Schrank. »Komisch, eigentlich erwarte ich niemanden.«
    Tabori goss sich selbst von der Brause nach und trank. Sie schmeckte viel besser als Cola.
    »Warte hier!«, sagte Erich.
    Tabori rülpste und musste lachen. »Ja.«
    Die Tür fiel hinter Erich ins Schloss.

149
    Mit einem Klicken erweckte eine Zeitschaltuhr die kleinen Glühbirnen an dem Weihnachtsbäumchen zum Leben. Draußen dagegen wurde die Stadt in abendliches Rabenschwarz getaucht – finster wie Kalkbrenners Stimmung.
    »Diese Männer suchen sich mit Vorliebe junge Obdachlose, Ausreißer und Streuner aus«, erklärte Wolfsbach. »Dazu sind sie zu unüblichen Zeiten unterwegs: vormittags, während der Schulzeit, wenn andere Jungen in dem Alter eigentlich in der Schule sind. Oder abends, wenn normale Kinder sich zu Hause bei ihrer Familie befinden. Diese Männer treiben sich in Einrichtungen der Jugendhilfe genauso wie in Einkaufszentren, Schwimmbädern, auf Abenteuerspielplätzen und ganz besonders an Bahnhöfen, U- und S-Bahn-Stationen herum. Dabei gehen sie vorsichtig und zugleich sehr geschickt vor, um keinen Verdacht zu erregen. Als Laie fallen sie Ihnen überhaupt nicht auf. Oder ist Ihnen gestern im Steglitzer
Saturn-
Markt
der Mann aufgefallen, der sich an die Kids heranpirschen wollte?«
    »Nein, natürlich nicht. Da war ja keiner«, konterte Kalkbrenner.
    »Eben doch.« Ein überlegenes Lächeln huschte über Wolfsbachs Gesicht. »Sehen Sie, so raffiniert gehen die Männer vor. Und junge Herumtreiber und Straßenkinder sind für sie eine leichte Beute. Die Männer kennen die Körpersprache, die Jungen benutzen, wenn sie abgehauen sind und es ihnen schlecht geht. Wenn sie so jemanden finden, gehen die Männer zielgerichtet auf ihn zu. Sie sagen: ›Du siehst so traurig aus. Geht es dir schlecht? Komm, ich

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