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Trieb

Trieb

Titel: Trieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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nicht aus, denn Lothar war der Neffe des Verlegers Bertram und Sackowitz wie die vielen Male zuvor als sein Praktikumsbetreuer auserkoren worden. Die meiste Zeit über war der Teenager ihm nur ein Klotz am Bein, aber an manchen Tagen erwies er sich als nützlich für Arbeiten, die viel Zeit kosteten oder auf die Sackowitz selbst keine Lust verspürte. »Ruf du lieber mal die Presseabteilung der Polizei an und erkundige dich, ob sie inzwischen Informationen über den Mordfall im
Adler
freigegeben haben.«
    Während sich der Praktikant voller Motivation hinters Telefon klemmte, näherte sich Kurt Hirschmann, der Anzeigenberater beim
Kurier
, Sackowitz’ Schreibtisch
.
»Hallo, Hardy, hast du kurz Zeit?«
    »Muss das jetzt sein?«
    »Es geht um unsere Häuser.« Wie Sackowitz war Hirschmann einer der von den Baumängeln betroffenen Eigentümer in Pankow. »Ich wollte nur sagen, dass ich einen neuen Gutachter habe, also, der ist ein guter Freund meines Schwagers, der sich …«
    »Kurt, sei mir bitte nicht böse, aber ich komme später zu dir.« Sackowitz hatte den Computerexperten bemerkt, der endlich betont lässig und mit seinem Notebook unter dem Arm heranschlurfte. »Dann reden wir über alles, okay?«
    Der PC-Freak war trotz seiner dreißig Lenze von kleiner, dürrer Gestalt, hatte schütteres Haar und lief sommers wie winters in T-Shirts mit schrillbunten Aufdrucken herum. Heute prangte ihm ein fettes »Ich bin ein Nerd!« auf der Brust. Mit übertriebenen Handbewegungen fächelte er sich frische Luft zu. »Puh, Hardy, hast du einen neuen Job? Klofrau?«
    »Du kannst mich mal.«
    »Scheißlaune, wa?« Grinsend klappte Heiko seinen Laptop auf. »Hier, guck mal, das wird dich aufmuntern.« Auf dem Bildschirm enthauptete eine mies animierte, langhaarige Comicfigur eine andere in orangefarbenem Parka. »Das ist die Episode, von der ich dir am Telefon erzählt habe. In der Ozzy Osbourne Kenny den Kopf abbeißt.«
    »Wer zum Henker ist Kenny?«
    »Sag bloß, du kennst
South Park
nicht?«
    »Cool!« Lothar rollte sich mit seinem Stuhl heran. »Woher hast du die Folge?«
    »Hab ich mir gerade aus dem Netz gezogen.«
    »Womit das dann ja auch geklärt wäre«, unterbrach Sackowitz die beiden. »Aber Heiko, hättest du jetzt endlich die Güte, dich um meinen PC zu kümmern?«
    »Wie oft soll ich dir noch erklären, dass du einen …«
    Sackowitz schaltete auf Durchzug. »Und du, Lothar, erzähl mir, was die Pressestelle gesagt hat.«
    »Sie hat gesagt, dass das Opfer der Unternehmer Rudolph Fielmeister ist.«
    »Und weiter? Wie ist der Ermittlungsstand? Haben sie einen Verdächtigen?«
    »Eine Presseerklärung wird gerade vorbereitet.«
    Heiko machte mit einem Klopfen auf sich aufmerksam. »Hardy, was hast du letzte Nacht mit deinem Mac angestellt?«
    »Geschrieben habe ich. Jedenfalls habe ich es versucht.«
    »Vielleicht solltest du dich in Zukunft ein bisschen mehr für deinen Rechner interessieren.«
    »Mein Rechner soll funktionieren. Das ist die Hauptsache, der Rest kratzt mich nicht.«
    »Was kratzt dich nicht?« Stanislaw Bodkema war aus seinem Büro am anderen Ende der Großraumredaktion getreten. Er schnappte sich eine Zeitung vom Schreibtisch der blondierten Vorzimmerdame und stampfte wie ein gedopter Stier auf Sackowitz zu. Dabei schwenkte er den
Kurier
wild hin und her. »Ich hoffe, du meinst nicht das hier!«

23
    Der Schock stand der kleinen, grauhaarigen Dame mit der hochgeschlossenen Bluse ins Gesicht geschrieben. »Das ist wirklich eine schlimme Sache, das mit Herrn Fielmeister.«
    Kalkbrenner konnte ihr nur beipflichten. Mord war immer eine schlimme Sache.
    »Seine Frau hat mich gestern Abend noch angerufen, nachdem sie seine …«, die Dame tupfte sich die Augenwinkel mit einem Taschentuch und atmete zitternd aus, »nachdem sie seine Leiche identifiziert hat. Das muss sie eine Menge Kraft gekostet haben.«
    Theodora Vissermann, die Sekretärin von Rudolph Fielmeister, trippelte von Gram gebeugt durch den Eingangsbereich der Firmenzentrale, die in einem schmalen, hohen Klinkerneubau unweit von Babelsberg untergebracht war. Das Innere war hell, modern und repräsentativ gehalten, die Sockel und Wände im Foyer, die mit Skulpturen und Bildern Eindruck auf die Besucher hätten machen sollen, waren leer.
    »Was waren das für Objekte, die gestohlen wurden?«
    »Sie waren ganz unterschiedlich«, antwortete Theodora Vissermann. »Die meisten aus der Hand deutscher Künstler. Herr Fielmeister verstand sich

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