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Trigger - Dorn, W: Trigger

Titel: Trigger - Dorn, W: Trigger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wulf Dorn
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beobachtete, nur um sicherzugehen, dass sie auch wirklich allein gekommen war.
    Schon diese Vorstellung machte ihr eine Heidenangst. Sie redete sich ein, dass sie sich auf vertrautem Territorium befand – an einem Ort, den sie beinahe täglich aufsuchte und von dem sie jederzeit flüchten konnte, wenn es nötig wurde. Außerdem, so versuchte sie sich weiter zu beruhigen, blieb man hier nur selten lange allein. Irgendwann traf man immer auf andere Sportler oder Erholungssuchende.
    Trotzdem … wirklich besser fühlte sie sich deswegen nicht. Ihr Puls raste noch immer, und ihre körperliche Anspannung bereitete ihr beinahe Schmerzen. Sie war im Begriff, sich mit einem Gewalttäter zu treffen – mit einem offenbar verrückten Sadisten -, und vielleicht beging sie gerade den verhängnisvollsten Fehler ihres Lebens. Aber was hätte sie sonst tun sollen?
    Versprich, dass du mich beschützen wirst, wenn er mich holen kommt, hallten die Worte der namenlosen Frau in ihrem Kopf, gefolgt von ihren eigenen Worten: Ich verspreche es.
    Noch kannst du gehen …
    Ellen öffnete die Mittelkonsole zwischen den beiden Sitzen. Unter ihrer Sonnenbrille, einem Päckchen Kaugummi und einigen Münzen fand sie eine Dose Pfefferspray, ihr ständiger Begleiter beim Laufen – für den Fall, dass sich einer der zahllosen Hundebesitzer irrte, wenn er rief: Der tut nichts, der will nur spielen!
    Sie zog die Kappe ab, schob die Spraydose in die Jackentasche und überprüfte dann den Empfang ihres Handys. Das Display zeigte einen Strich von vier möglichen. Sobald
sie ein Stück auf den Wald zugehen würde, wäre sie in einem Funkloch, das hatte sie schon oft genug getestet.
    Es kostete sie einige Überwindung, aus dem Wagen zu klettern. Das Idyll aus Stille und Natur, das sie sonst so sehr an diesem Ort schätzte, wirkte nun unheimlich und bedrohlich.
    Sie kam sich vor wie eine dieser Idiotinnen aus einem Horrorfilm, die mit der Kerze in der Hand auf den Dachboden steigen, um nachzusehen, woher das unheimliche Geräusch stammt. Aber blieb ihr denn eine andere Wahl?
    Natürlich. Sie konnte immer noch wegfahren, die Polizei rufen oder beides, aber was wäre dann mit der entführten Frau?
    Irgendwo hämmerte ein Specht, Vögel zwitscherten. Eine Hummel summte dicht neben Ellens Kopf vorbei und steuerte einen großen Hagebuttenstrauch an, der das Hinweisschild
    JO GGING-PFAD
7,5 km
NUTZUNG AUF EIGENE GEFAHR!
fast verdeckte.
    Ellen sah sich um. Sie schien wirklich allein zu sein. Mutterseelenallein. Und dennoch …
    Falls der Kerl sie tatsächlich mit einem Fernglas beobachtete, wollte sie ihm unmissverständlich zu verstehen geben, dass sie keine leichte Beute war. Sie öffnete den Kofferraum und zog den Schraubenschlüssel aus der Halterung über dem Reserverad.
    Ellen wiegte das kalte Stück Metall in der Hand, von
dem ein trügerisches Gefühl der Sicherheit ausging. Ja, man konnte sich damit wehren, aber dazu musste man den Gegner ziemlich nah an sich herankommen lassen. Dasselbe galt für die Pfefferspraydose. Sie betrachtete ihre Hand, die leicht zitterte, und zwang sich, tief durchzuatmen. Vor Aufregung war ihr speiübel.
    Während ihres Praktikums hatte sie vier Monate in einer Klinik für geisteskranke Straftäter gearbeitet. Dort hatte sie mit Gewalttätern und mehreren Mördern zu tun gehabt und sich manchmal für eine halbe Stunde oder länger allein mit ihnen in einem Raum aufgehalten. Während dieser Zeit hatte sie gelernt, dass man zwar Angst haben, sie aber keinesfalls zeigen durfte. Zeigte man seinem Gegenüber, dass er oder sie – es waren auch einige ziemlich gefährliche Frauen unter diesen Patienten gewesen – einem Angst einjagte, hatte man verloren. Dann war es besser, das Feld für einen kompetenteren Kollegen zu räumen.
    Also reiß dich zusammen! Zeig keine Angst!
    Nur war es hier im Wald doch noch ein Stückchen anders. Bisher war sie solchen Leuten in geschlossenen Anstalten gegenübergetreten. Dort gab es Wächter, die man im Notfall rufen konnte. Hier durfte sie allenfalls darauf hoffen, dass ein Jogger des Weges kam.
    Ihr blieb also nichts anderes übrig, als sich auf ihre Wachsamkeit, den Schraubenschlüssel und eine unbenutzte Dose Pfefferspray zu verlassen, von der sie noch nicht einmal sicher wusste, ob sie überhaupt funktionierte.
    Zeig. Keine. Angst!
    Ellen sog nochmals tief Luft ein, klappte den Kofferraumdeckel zu, drehte sich um – und fuhr zusammen.
    Vor Schreck hätte sie fast geschrien, hätte ihr

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