Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition)
von den Zäunen klaubten.
Aus einer Nebenstraße erklang rauer Gesang, bei dem die Glocken der Hölle beschworen wurden. Die Fitzgeralds, vielleicht auch MacAlan. In diesem Zustand wollte ich ihnen nicht begegnen. Ich bog in die andere Richtung ab. Hier traf ich auf ein kicherndes, shimmytanzendes Ensemble, das aus schäumenden Champagnerflaschen trank: ChiChi und ChouChou und der schöne Gregoire, der seinen Arm um einen ebenso schönen anderen jungen Mann gelegt hatte. Die Mädels drückten mir eine halb volle Flasche in die Hand und drängten mich, daraus zu trinken.
Es war nicht der schlechteste Champagner, und irgendwie beschlich mich das Gefühl, dass ich an diesem Abend tatsächlich etwas versäumt hatte. Als ich ChiChi oder ChouChou nach Geraldine fragte, antwortete ChouChou oder ChiChi, dass sie sie zuletzt mit dem Spanier – dem mit dem unaussprechlichen Namen – gesehen hatten. Dann luden sie mich in ihr Hotel ein, um noch einen Nightcup zu nehmen, und ich schwankte kurz. Ein paar Details über den Rallyeverlauf zu erfragen hätte ganz nützlich sein können. Aber die Damen hatten einen deutlichen alkoholischen Vorsprung und waren schon reichlich beschickert. Sie nahmen es mir nicht übel, dass ich ablehnte, und zockelten im wippenden, wackelnden Shimmyschritt weiter. Von der anderen Seite näherte sich eine weitere champagnerselige Dreiergruppe: die Obeli-Praline zwischen zwei Herren. Ihnen ging ich besser auch aus dem Weg. Ich stellte die Flasche auf einem Podest vor der martialischen Post ab. Das nahm dem Gebäude etwas die Strenge. Dann umrundete ich den Place Hugues Plomb noch einmal. Die neugierige Rasselbande hatte sich verflüchtigt, es war alles ruhig im Automobilpark. Ich warf einen Blick auf die von gelblich leuchtenden Laternen beschienenen staubigen Fahrzeuge. Einige Modelle erkannte ich. Den Bugatti natürlich – ein schnittiges Ding, das danach gierte, Kilometer zu fressen. Den hochbeinigen Ford T, das amerikanische Lasttier, den majestätischen Benz und den nicht minder königlichen Horch konnte ich auch identifizieren. Bei den anderen Marken war ich mir nicht sicher.
Ich stutzte. An einem rot lackierten Fahrzeug bewegte sich ein huschender Schatten.
Hatte es doch einer von den Bengeln geschafft, durch die Absperrung zu kommen? Ich musste grinsen. Was für eine Versuchung musste diese Ansammlung von Pferdestärken für die motorbegeisterten Jugendlichen sein! Ich würde die Abenteurer nicht bei den Wachen verpfeifen.
Mit einer Idee zu einem Artikel über schlafende Automobile im Kopf machte ich mich zurück auf den Weg zu meinem Hotel.
16. GEHEIME ÜBUNGEN
E s war beinahe zu einfach gewesen. Gut, das lag sicher daran, dass alle wie die Wilden in die Champagnerkellereien gestürmt waren. Alkohol war ungesund, er trübte den Verstand und die Reaktionsfähigkeit. Sollten sie saufen, mit einem Kater am nächsten Morgen würden ihnen Fehler unterlaufen. Er hingegen war nüchtern geblieben, wenn er auch das köstliche Essen genossen hatte, das man ihnen serviert hatte. Er hatte auch die sinnlich-verlangenden Blicke der drallen Obeli genossen, doch auch sexuelle Exzesse wusste er zu vermeiden. Die Rallye verlangte den ganzen Mann, und seine Unternehmung kühle Berechnung, einen klaren Kopf und sichere Hände.
Andererseits – sie war schon ein verlockendes Früchtchen. Man würde sehen …
Von der Gesellschaft, der er sich angeschlossen hatte, trennte er sich um halb zwölf. Es fiel ihnen sicher nicht sonderlich auf, dass er von einem Gang zur Toilette nicht zu ihnen zurückkehrte. Der Champagner hatte Übermut und Frohsinn in ihnen geweckt. Das Gekicher und die anzüglichen Lieder gingen ihm ohnehin auf die Nerven. In der kühlen Nachtluft atmete er einmal tief durch. Dann machte er sich auf den Weg zum parc fermé. Lächerliche drei Mann schlenderten gelangweilt um die ziemlich provisorisch zusammengeschobenen Gatter. Das war also die Wachmannschaft, die darauf zu achten hatte, dass sich keiner der Fahrer an seinem Auto zu schaffen machte. Einer von ihnen blieb stehen und drehte sich eine Zigarette, die beiden anderen starrten der Reporterin nach, die eine Champagnerflasche auf einem Podest abstellte. Vermutlich überlegten sie, ob sich noch ein lohnenswerter Rest in der Flasche befand.
Die Gelegenheit war also günstig. Er schlüpfte zwischen den Gattern zu den Fahrzeugen hinein, lief geduckt durch die Reihen und kam zu seinem eigenen Automobil. Leise öffnete er den Kofferkasten
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